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^ 45, 24. Februar 1916. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Kleine Mitteilungen. Nochmals ein Wort zur Mission des Deutschen Buches und des Deutschen Buchhändlers in der Türkei. — Herr Privatdozent Di. Hugo Grothc schreibt uns: Unter Hinweis auf meine Ausführungen in Nr. 35 des Börsen blattes habe ich die ergänzende Mitteilung zu machen, daß seit dem Jahre 1908 eine deutsche Buchhandlung in Jerusalem und Jaffa be reits besteht, die auf dem deutschen Generalkonsulat in Jerusalem unter der Firma »Internationale Buch- und Kunsthandlung G. m. b. H.« eingetragcn ist. Der Eigentümer derselben macht mir nachstehende Mitteilungen, die von allgemeinem Interesse sind und die ich hier mit Erlaubnis des Verfassers wicdergebe: »Bon Wert dürfte es für Sie sein, zu missen, daß es mir im Laufe der Jahre gelungen ist, aus den griechischen, armenischen und sogar russischen Schulen die französischen, überall eingeftihrten Lehr mittel (geographische und naturwissenschaftliche Wandbilder und Kar ten, wie Globen in französischer, englischer, arabischer Sprache) durch deutsche Fabrikate z. T. zu verdrängen. Mit Ihnen bin ich aus eigener Erfahrung der Ansicht, daß sich der nach der Türkei auswandernde Buchhändler bemühen soll, auch nicht deutsch sprechende Kreise heranzu ziehen. Das Streben nach europäischer Literatur ist recht stark unter den gebildeten Arabern und Türken. Indessen halte ich es für die deutschen Buch händler für notwendig, sich auf einen bestimmten Kreis von Deutschen zu stützen, und da kommen allerdings die von Ihnen angeführten Orte, wo Deutsche in großer Zahl ansässig sind, in Betracht; vielleicht auch Ada na, wo seit zwei Jahren eine deutsche Schule eröffnet ist. Smyrna dagegen halte ich für recht geeignet als Niederlassung. Bis jetzt habe ich von Jerusalem aus Jaffa, Haifa, Nazareth, auch manchmal Damaskus, Aleppo, Beirut, Gaza versorgt und auch nach den deutschen Kolonien in Afrika hin und wieder geliefert. Meinen Stützpunkt bildeten natürlich überall die Deutschen. Einen großen Ilbelstand stellt die Konkurrenz der e i u g e b o r e n e » ,Buchhändler' dar. Diese versuchen, sich ebenfalls deutsche Bücher zu verschaffen (die sie ja in Leipzig liberal! erhalten) und, da sie sich an keinen Ladenpreis kehren, stets den europäischen Buchhändler zu unterbieten. Es sind mir Fälle vorgekommen, wo ein Buchhändler zu einem Schulleiter gegangen ist und ihm angeboten hat, ihm seinen ganzen Rabatt zu geben und sich mit 5°/. Gewinn zu begnügen! Damit kann natürlich ein ordentlicher Buchhändler nicht konkurrieren. Gegenwärtig ist mein Geschäft infolge meiner Einberufung ge schlossen, ich hoffe aber gleich nach Friedensschluß wieder zu er öffnen.« Daß in Jerusalem eine »Internationale Buchhandlung« besteht, war mir bekannt. Nur wußte ich nicht, daß ein Reichs deutscher ihr Eigentümer ist. Ich glaubte, es wäre ein Schweizer. Obige Ausführungen aus der Feder eines buchhäudlcrischeu Fachmannes bestätigen, daß im wesentlichen das, was ich betonte, zutrisft, nämlich i. daß die Eröffnung einer deutschen Buchhandlung in Smyrna, Adana und vielleicht auch in Beirut vorteilhaft wäre; 2. die Em pfänglichkeit der Landeseingeboreneu für deutsche geistige Erzeugnisse eine erhebliche ist, der namentlich unter Berücksichtigung der gegenwär tigen Stimmungen von deutscher Seite unbedingt bald Rechnung ge tragen werden sollte! Hugo Grothe. Postvcrkchr mit Belgien. Pom 1. März ab wird der Postauf- tragsdienst zur Geldeinziehuug zwischen Deutschland und denjenigen Orten im Gebiete des General-Gouvernements in Belgien, die am Briefverkehr mit Deutschland tcilnehmen, wieder aufgenommen wer den. Die Orte im Etappengebiet Belgiens bleiben mithin aus geschlossen. Zum Pertehr mit Amerika. — In den »Mitteilungen des Deut schen Verlcgcrvcreins« Nr. 325 wird folgender Fall ans dem Mit- glicdcrkreise mitgeteilt: Eine amerikanische Firma, die einem deut schen Geschäftsmann eine größere Summe zu zahlen hatte, hat diese, »bgleich klar und deutlich ausgemacht war, daß der Betrag an den Deutschen abgeführt werden sollte, aus Anstiften einer mit uns im Kriege befindlichen Macht an diese ausgeliefert. Es ist durch diesen Fall festgcstellt, daß in Amerika Neigung be steht, die Wünsche der uns feindlichen Firmen zu erfüllen. Dies steht auch im Einklang mit den von England veröffentlichten Vor schlägen, daß deutsche Waren nach Amerika gehen dürfen, daß aber die Bezahlung dafür vorläufig nach England abzuführen und erst nach dem Krieg an uns weitergegeben werden soll. Daß diese Maß nahmen, abgesehen von den Schädigungen, die dem Einzelnen da durch entstehen, gegen unsere gesetzlichen Vorschriften verstoßen, ist in deutschen Zeitungen schon erwähnt worden. Der oben angeführte Fall läßt es angezeigt erscheinen, darauf hinzuweisen, daß Verkäufe nach Amerika nur ausgcführt werden dürfen, wenn von seiten der Amerikaner Garantie dafür geboten ist, daß das Geld in deutsche Hände gelangt. Für den Buchhändler läßt sich diese Garantie am besten dadurch erreichen, daß die Kommissionäre der amerikanischen Firmen Sicherheit für den Eingang des Geldes übernehmen. Da es in dem Belieben der Amerikaner liegt, solche Zahlungen direkt nach Deutschland gelangen zu lassen, so gehen die Herren Kommissionäre durch die Übernahme solcher Sicherheiten kein Risiko ein. Literarischer Vortrag in Wien. — Ter von uns kürzlich ange kündigte Vortrag unseres Wiener Berichterstatters, des Herrn Fried rich Schiller, im Wiener Volksbildungs-Verein, mit den» Thema: Kleine Münze großer Herren. Mit Tichterbriefen, Ge sprächen, Tagebuchblättern, hatte einen so lebhaften Zuspruch, daß der Festsaal, in dem der Vortag abgehalten wurde, vor Beginn bereits überfüllt war und viele später Kommende keinen Einlaß mehr fanden. Ter »Ost. Volks-Zeitung« entnehmen wir folgende Notiz: »Kleine Münze großer Herren.« Gestern hat der bekannte Buchhändler Herr Friedrich Schiller den unter der obenstehendeu Spitzmarke gekenn zeichneten und von uns angekündigten Vortrag vor einem zahlreichen Auditorium im Kaufmännischen Verein abgehalten. Die Alltagsepi- soden aus dem Leben unserer großen Dichter und Denker fesselten die Zuhörer und erweckten reges Interesse. Bon Goethe, Hebbel, Grillparzer und Schopenhauer wußte der Vortragende mancherlei zu erzählen, darunter eins und das andere, das zu deren Charakteristik dienen mag. In seiner Darstellung des Verhältnisses Goethes zu seinem Kammer diener Seidel, sowie in einigen humoristischen Details aus der Frank furter Zeit des Dichters wußte Herr Schiller ausgezeichuete Kennt nisse in der Goetheforschung volkstümlich zu verwerten, wie er auch in der Verehrung unseres größten österreichischen Dichters Grill parzer warme, verstehende Worte fand. Dem Vortragenden wurde reicher Beifall zuteil. Die deutsche Einheitsstenographie gescheitert - Die Hoffnungen auf das Zustandekommen einer deutschen Einheitskurzschrist wird man, ungeachtet aller darauf verwendeten Mühe, nunmehr gänzlich zu Grabe tragen müssen, und es erscheint fraglich, ob es überhaupt noch eiuen Zweck hat, die fiir den Mai geplante Tagung des Sachverständigcn- ausschusses abzuhalten und Geldmittel des Reiches hierauf zu ver wenden. In der bayerischen Kammer ist nämlich die Frage der Ein- heitskurzschrift bei der Beratung des Kultusetats zur Sprache gekom men, und dort hat der Berichterstatter, der Zeutrumsabgcordnete Dr. Wohlgemutst, ausgeführt, daß der der Öffentlichkeit unterbreitete Ent wurf eines Einheitssystems fiir die deutsche Stenographie in Bayern, Sachsen und Österreich größte Unruhe hervorgerufen habe, denn dieses »Einheits-System« bleibe weit hinter dem erprobten Gabelsbergerschen System zurück. Deshalb müßte die bayerische Regierung der Einfüh rung dieses neuen Systems mit allem Nachdruck entgcgenwirkeu, denn es sei in wissenschaftlicher und praktischer Hinsicht ein Rückschritt. Auch der liberale Abg. Dr. Günther hat es für höchst bedauerlich er klärt, wenn das ausgezeichnete und alterprobte System Gabelsberger durch eine neue Einheitssteuographie verdrängt würde. In seiner Er widerung führte der bayerische Kultusminister Dr. v. Knilling aus, die bayerische Unterrichtsverwaltung halte daran fest, daß nur das Gabelsbergersche System der künftigen deutschen Einheitsstenographie zugrunde gelegt werden könnte, und daß die bayerische Negierung davon nichts Wesentliches opfern könne. Da die anderen Systeme nach vorliegenden Erklärungen auf diesen Boden nicht treten werden, kön nen die Einigungsbestrebnngeu als endgültig gescheitert gelten. Fremdwörter. — Der Ausschuß des Deutschen Haudclstags gab am 11. Februar folgende Erklärung ab: »Eine Reinigung der deut schen Sprache, besonders auch der Geschäftssprache, von entbehrlichen Fremdwörtern ist anzustrebcn. Dabei muß aber berücksichtigt wer den, daß es im Wirtschaftsleben fremdsprachliche Bezeichnnngen gibt, die in wissenschaftlich oder gesetzlich festgelegten Begriffen ihre Be gründung haben, und daß in einzelnen Handels- und Gewerbezweigen nichtdcntsche Fachausdrücke vorhanden sind, welche durch die geschicht liche Entwicklung und die allgemeine, über Landes- und Sprachgrenzen hinausgehende Geltung berechtigt erscheinen. Solche Bezeichnungen und Ausdrücke in unbedachter und schonungsloser Weise zu beseitigen, würde zu Unklarheiten im geschäftlichen Betrieb und zu einer Schädi gung des Absatzes deutscher Erzeugnisse führen, was gerade unter den gegenwärtigen Zeitverhältnissen unerwünscht wäre. Deshalb darf bei den Sprachreinigungs-Bestrebungen nach dieser Richtung hin nur mit der nötigen Vorsicht nnd keinesfalls mit Zwangsmaßregeln vorgc- gangen werden.« 207