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Redaktioneller Teil. Ar 164, 4. August 1919. Berlins Kamps gegen die Schundliteratur. — Der Groß-Berlincr Ausschuß zur Bekämpsung der Schundliteratur (Vorsitzender Stadt rat Sassenbach, Geschästssührer Lehrer Glitte, Geschäftsstelle NW. 21, Bvchumer Str. 9) hat folgende Unterausschüsse gebildet: Ausschuß für gesetzliche Maßnahmen (Vorsitzender Or. Heyde): Volksbildungs- ansschnß (Vorsitzender Or. v. Erdberg): Bticheiciausschnß (Vorsitzcn- dcr Direktor Or. Buchholz): Literarischer Ausschuß (Vorsitzender Schulinspektor Or. Dickhoss): Schulausjchuß (Vorsitzender Stadtschul rat Or. Reiman») und Kinoausschuß (Vorsitzender Professor Di Brunner). Der Ausschuß siir gesetzliche Maßnahmen becinslußt die Gesetz gebung, die Gemeindeverwaltungen und die öffentliche Meinung. — Der Volksbildungsausschuß klärt über das Wesen der Schundliteratur und ihre Schädigungen aus durch Vorträge und Bereitstellung von Vorträgen, durch Flugblätter und Flugschriften. — Der Biichereiaus- schuß tritt ein siir die Vermehrung der Volksbüchereien, die Erweite rung der Öffnungszeiten, di« Erhöhung der Mittel zu Neuanschaffun gen. Er regt zur Benutzung der Büchereien an durch die Zeitungen, an den Anschlagsäulen und in den Fortbildungs- und Volkshochschulen. — Ter Literarische Ausschuß gibt Verzeichnisse empfehlenswerter Schriften für Kinder, siir die werktätige Jugend und sür Erwachsene heraus. Er beurteilt Neuerscheinungen und stellt Musterbiichereicn zusammen. — Der Schulausschuß bekämpft als Bundesgenosse der Lehrer die Schimdlitcratur in Wort und Bild bei jeder Gelegenheit, die nur immer durch die Schul« sich bieten kann. — Der Kinoausschuß überwacht planmäßig die Jugendvorstcllungen, gibt Anweisungen zur Aufsicht an di« Vertrauensleute und veranstaltet Probevorsührungcn. — Grundsätzlich arbeitet der Groß-Berliner Ausschuß mit allen ande re:, gleichgerichteten Bestrebungen jeder Richtung zusammen. Berlagsanstalt für Literatur und Kunst Hermann Klemm Aktien gesellschaft, Bcrlin-Gruncwald. Bilanzkonto per 31. Dezember 1918. Aktiva. Passiva § Kassenbestand und Bankguthaben .... 61 063 10 Wechselbestand 11 938 85 Grundstückskonto . Debitoren Lager und halbfertige Waren Papiervorrat ... 42 731 98 171 969 58 551 681^39 16 015 60 Klischeekonto: Bestand . . . 70 627,46 Abschreibung 21 187,46 49 440 — Originalkonto: Bestand . . - 1001 — Abschreibung .... 1 000,— 1 Mobilienkonto: Bestand . . . 2 150,— — Abschreibung 1 075.— 1 075 Verlagswertekonto: Bestand . 280 488,03 Abschreibung 48 088,60 232 399 43 Kreditoren 331 464 42 Ausstehende Rechnungen 2 127 — Akzeptkonto 283 714 51 Aktienkapitalskonto 500 000 Gesetzliche Rücklage 1 000 — Gewinn- und Verlustkonto: 4A Dividende . 20 000 — I 138 305,93 I 138 305,93 Gewinn- und Verlustrechnung. Soll. Haben 4 Vortrag aus 1917 934 66 Eingang aus Abschreibungen 383 35 Rohgewinn 271 239 14 Diskont und Zinsen 15 808 36 Handlungsunkosten 150 065 08 Neklameunkosten 14 332 65 Abschreibungen: Klischeekonto 21 187 16 Originalkonto 1 000 Mobilienkonto 1 075 Verlagswertekonto . . . 48 088 60 Ueberweisung an die gesetzliche Rücklage 1 000 Zur Verteilung gelangende 4L Dividende 20 000 272 557 15 272 557 15 (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 154 v. II. Juli 1919.) Posffchcckvcrkehr. — Bei Sammelllberwcisuugen und Sammel- scheckcn liegt Len Postscheckkunden vom 1. September ab die Ausferti gung der Ersatzllberweisungen und Zahlungsanweisungen ob. Die Postscheckämter werden deswegen in nächster Zeit an die einzelnen Post- schcckkuudcn herantreten. Die schweizerischen Papiersabrikanic», die große Vorräte an Papier besitzen, haben an bi« schweizerischen Bundesbehörden das Ge such gerichtet, es möchte zur Vermehrung des Papicrvcrbrauchs das während des Krieges verkleinerte Format der Frachtbriefe wieder in seiner ursprüngliche» Größe hergestellt werden. Die Bundesbchördcu scheinen jedoch nicht geneigt, dem Gesuch zu entsprechen. Personalnachrilbten. 79. Geburtstag. -- Obwohl die Zeit nicht dazu angetan ist. Feste zu feiern oder zu ihrer Veranstaltung aufzusordern, möchte das Bör senblatt doch nicht an dem 4. August, als dem 7V. Geburtstage des Herr» Robert Voigtländer in Leipzig, vorübergehen, ohn« mit ein paar Worte» der Bedeutung dieses Mannes für den Gesamtbuch- haüdel zu gedenken. Erslillt doch das Börsenblatt, das erst in der vorigen Nummer einen Artikel von ihm veröffentlichte und im Laufe der Jahre die Leser mit so manchem gediegenen Aussatze aus seiner Feder bekannt machen durste, eine Ehrenpflicht, wenn es ihm aus diesem Anlaß Tank für seine wertvolle Mitarbeit sagt und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß ein freundliches Geschick ihn noch aus lange hinaus Kraft und Muße finden lassen möge, mit seiner Er fahrung und seinem Rat de» Berufsgenossen beizustehen. Als der jetzt 7Njährige am 18. April 1917 das Fest seiner Slljährigen Zugehörigkeit zum Buchhandel feiern konnte (vgl. Bbl. 1917, Nr. 87), durfte er mit berechtigtem Stolze von sich sagen, daß er das von seinem Vater vor damals 79 Jahren in Ehren begonnene Werk in Ehre» weitcrgcfiihrt habe. --Viele, viele Bücher habe ich gedruckt, an Gute nicht gleich, aber kein schlechtes, kein gemeines Buch ist darunter. Wohl aber viele, die unzähligen Mensche» zum Nutzen, zur Freude geworden sind, lind die vielen Hunderttauscnbe von Bildern, die ich verbreitet, sind anerkanntermaßen zur Bereicherung des deutschen Hauses, zur Erhebung von Sinn und Gemüt geworden. Auch Erfolge sind mir nicht versagt geblieben.« Aber das Geheimnis dieser Er folge ist nicht allein mit dem Hinweise erklärt, daß er nie schlechte Bücher verlegt habe, und es sind auch nicht diese Erfolge allein, aus die Robert Voigtländer damals und heute stolzbescheiden zurück blicken kann, Erfolge, die ihm die Ehrenmitgliedschaft des Vereins der Buchhändler zu Leipzig und die Anerkennung und Verehrung des gesamten deutschen Buchhandels eingetragen haben. Was ihm seine Bedeutung gibt, uns ihn lieb und wert macht, das ist die Einsetzung einer starken, in sich geschlossenen, kerndeutschen Persönlichkeit für alles, was er für gut und richtig erkannt hat. Und gut und richtig erschien es ihm nicht allein, seinem Geschäft eine eigene Note zu geben, sondern auch darüber hinaus sich in den Dienst der buchhändlerischen Öffentlichkeit zu stelle» und mit seinen in der Praxis gewonnene» Erfahrungen die Wissenschaft zu befruchten. Was er als Kommen tator und Sachverständiger auf Urheber- und verlagsrechtlichem Gebiete geleistet hat, gehört der Geschichte dieser Disziplinen an, und nennt mau im Börsenvercin, in dem Deutschen Verlcgervercin und dem Verein Leipziger Buchhändler die besten Namen, so darf auch der Name Robert Voigtländer nicht vergessen werden. Erkennt man doch an seiner Art und au seinem Wirken so recht, welchem Geschick unser Berus ver fallen würde, wen» der Sozialisierungsgedanke auch auf ihn Über griffe und an die Stelle von Männern, die, erfüllt von Idealismus, auch Opfer nicht scheuen, wo es der Sache gilt, ein künstlicher Mechanismus oder die Masse träte und sein Schicksal bestimmte. Darum scheint es uns eine verdienstliche Aufgabe, mit Nachdruck aus die Lebensarbeit solcher Berufsgenossen hinzuwcisen, die dem Jung buchhandel ein leuchtendes Vorbild in einer Zeit sein können, in der die Schreier und Nichtskönner das große Wort führen. Sollte indes eine Beschäftigung mit dem Wirken eines Mannes wie Voigtländsr, von dem zum großen Teil die von ihm verlegten Werke zeugen — es sei hier nur an die seinen Namen tragenden »Quellenbiicher« erinnert —, nicht auch in den außerhalb des Buchhandels stehenden Kreisen die Erkenntnis aufdämmern lassen, daß nicht dem Kapitalis mus, sondern der Persönlichkeit die entscheidende Nolle im Verlage zufällt? In Wort und Schrift ist Voigtländer, getreu feiner Art, sür die Erhaltung der deutschen Schrift und deutschen Wesens cingetreten, und so schwer auch gerade ihn der Niedergang unseres Volkes tref fen mag, den Glauben an die unversiegbare Kraft des Deutsch tums wird ihm auch die trübe Zeit, in die sein 79. Geburtstag fällt, nicht rauben können. Möge er es noch erleben, daß wir wieder zu den Sternen aufblicken lernen, die ihm auf seiner Lebensbahn ge leuchtet haben: --zähe Arbeitsamkeit und Rechtlichkeit«. Sie stehen hier in Anführungszeichen, da sie, wie Voigtländcr, der seiner Väter so gern gedenkt, in dem von ihm herausgegebcncu --Beitrag zur Ge schichte der Familie Voigtländer 1829-1913- bemerkt, gemeinsame Charakterziige seiner Vorfahren waren.