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164, 4. August 1919. Redaktioneller Teil. Unterschied zwischen Maroquin- und Saffianleder gemacht werde, ob gleich beides Ziegenleder sei; denn Maroquinlcder, auch Capsaffian genannt, sei im Aussehen schöner als Saffian, es sei in der Narbung härter, vor allem hätte es eine weit gröbere Narbung, dadurch sei es haltbarer und auch der Preis sei um 33°/> höher als Saffian. Dieses dagegen sei kleinnarbig, weicher, und auch billiger im Einkauf, also sei es minderwertiger. Dies alles von mir Behauptete wurde an fänglich als falsch hingestellt, bis ich vor einiger Zeit zu meiner Genugtuung fand, daß derselbe Verleger in seinen neuen Prospekten dasselbe Buch, das er vor der Polemik als »in Maroquin gebunden« bezeichnet^ nunmehr richtig als »in Saffian gebunden« anzeigte. Ich würde glauben, mich eines Betruges schuldig zu machen, wenn ich ein Buch, das der Besteller in »Maroquin« gebunden wünscht, in »Saffian« binden würde. Und nun in folgendem, ohne Namen zu nennen, eine Blüten- lcse solcher unsinnigen Prospcktstellen: »Die Buchbinder von heute sind mit ihrem Material an Schrift und Schmuck häufig nicht in der Lage, von sich aus (sie!) einen schönen Einband zu liefern.« Das; dies heute absolut nicht den Tatsachen entspricht, brauche ich wohl nicht weiter zu erörtern. In einem anderen Prospekt liest man: »In massives, ekrasiertel Maroquin gebunden.« »Massives« Maroquin ist Unsinn, es müßte heißen »glattgepreßtes Maroquin« oder »Maroquin ecruse«. Dieser Verleger hat die deutsche Sprache um das »schaue« Wort »ekrasiert« bereichert. Weiter findet sich die Stelle: »Einband von Walter Tiemann oder Carl bzeschka etc.« Hier ist der Künstler, der die Zeichnung des Buchdeckels gefertigt hat, als der ausführendc Buchbinder genannt: es müßte heißen: »Einband nach einem Entwurf von Prof. W. Tic mann oder C. Czeschka«. In einem Katalog steht: »Exemplar in türkisgrünem Einband«. Aus welchem Material der Einband besteht, ob Leder, oder Leinen, oder Papier, hält der Verleger nicht nötig anzuführen: der Haupt wert scheint in der türkisgrünen Farbe zu liegen. (Sagt man übrigens nicht richtiger und allgemeiner türkisblau?) An anderer Stelle heißt es: »Schön gegliederter Einband«. Wo die »Glieder« (?) sitzen, wird leider nicht arrgegeben. — »Mit ver ziertem Ledcrrücken gebunden«, steht in einem andern Prospekt: als ob man ein Buch ohne Rücken binden könnte. — »In blaues Halb leder gebunden«. Was für Leder, ob Maroquin, Saffian, Kalb-, Schaf oder Spaltleder, hält der Verleger nicht für nötig anzuführen, blau ist ihm die Hauptsache. — »Auf englisch Bütten broschiert«. Hier weiß man wirklich nicht, was gemeint ist. Erstens ist »Broschieren« kein Einbinden, man führt es deshalb sonst als ganz unwichtig gar nicht an. Oder hat vielleicht gar der die Broschüren fertigende Arbeiter auf Bogen von englischem Büttenpapier gestanden, oder bestand viel leicht drittens der Arbeitstisch aus hölzernen Bütten? O, diese nichts nutzige, blöde Phrasendrescherei! »In geflecktem Ganzleder, gebunden«. Durch was das Leder fleckig geworden ist, ob durch Fett, Ol oder gar Butter, durch Bier oder Wein, wird leider nicht gesagt, auch nicht, was für Leder. Gemeint ist marmoriertes oder gebeiztes Leder. — »Auf Bünde gebunden«. Es soll heißen: auf echte Bünde geheftet, also mittelst der Handheftunss auf der Heftlade geheftet. Wird nun aber ein solches Buch in die »Decke gehängt«, so ist dies doch noch lange nicht, wie in diesem Prospekt gesagt wird, ein »Handcinband«. Bei diesem werden die Deckel an das Buch an ge setzt, die Heftbünde auf die Deckel ge klebt, und dann erst wird das Leder überzogen. — »Die Ausgabe ist vornehm gebunden«. Schön gesagt, das ist doch wenigstens etwas, wahrscheinlich Einbände für snobbistische Kriegsgewinnler. — »In ichön gemasertem Leder« statt in »schön genarbtem Leder«, Maserung hat wohl das Holz, aber nicht das Leder. — »In vornehmem Rips- band«. Hier wird die Serie der Einbandarten um eine neue Sorte bereichert: »Nipsband«. Nächstens hört man vielleicht noch von Jacquard-, Flanell-, Barchent-, Trikot- I^ousseline cks laine-bänden n. dgl. Schauderhaft, höchst schauderhaft! »In reich ornamentiertem Pappband«. Derselbe ist doch nicht etwa mit reicher Handvergoldung ornamentiert? Gemeint ist ein Überzug von farbigem, gemustertem llberzngpapier. — »In dunkelgrünem Halb leder mit Goldrücken«. Was es für Leder ist, hält der Verleger nicht für nötig, anzugeben: sicher ist cs aber Spalt-Schafledcr, das be kanntlich weniger widerstandsfähig ist, als Packpapier, deshalb bleibt die Ledersorte verschwiegen. Und der »Goldrücken«, ob der etwa aus purem Goldblech besteht? (Blech!) Wohl schwerlich, da das Buch .,// 4.50 kostet. Also wohl nur Golddouble? Heißen soll cs: mit Goldpressung auf dem Rücken. — »In Ganzpergament gebunden«. Ob das wertvolle Kalbpergament oder das haltlose Schafpcrgament ver wendet ist, hält der Verleger für unnötig, anzugeben. In einem Prospekt liest man: »Es ist hervorzuheben, daß charakter volle (?) Werke heute wieder mehr auf Bünde gebunden werden (es ^ soll heißen: auf Bindfaden mittelst Hand geheftet werden), und zwar in der ganzen Auflage, was eine erhebliche Verbesserung des Verlcger- cinbandes bedeutet. Solcherlei Einbände sind mit Privateiubändeu (Handeinbänden) vollkommen gleichwertig!« So, so; aber das ist nicht wahr, Verchrtester; wenn Bücher aus der Heftlade geheftet sind und dann in die Decke gehängt werden, wie es diese angepriesenen Bücher (in Schweinsleder mit Schließen) sind, so sind dies noch lange leine Hanüciubäiide, sondern gewöhnliche Verleger-Masseneinbände. (Siehe übrigens weiter oben: »Auf Bünde gebunden«.) In demselben Prospekt heißt es weiter: »Die Buchbinderwerkstätten sind noch nicht dazu übergegangen, sich moderne Stempel zu schaffen«. Das ist das Dümmste, was ich je in solchen Katalogen gefunden habe. Alle in das Buchgewerbe Eingeweihten müssen doch wissen, daß moderne Bnchbinderstempel bereits seit dem Jahre 1000 existieren und reiche Anwendung gefunden haben. Es muß auch ein Unterschied gemacht werden zwischen der mittelst der Maschine hergestellten »Preßvergoldung und der edlen »Hand vergoldung«. Wie oft findet man in Katalogen letztere als »Gold pressung« angegeben; das ist falsch; die mittelst der Maschine, der Vcrgolderpresse hergestellte Vergoldung bezeichnet man mit Gold press u n g ; die mittelst der Handvergoldung hergestellte Vergol dung ist Golddruck. Diese falsche Benennung findet man leider zu oft in Katalogen unserer berühmtesten Antiquare, bei der Beschreibung alter kostbarer historischer Einbände, z. B. solcher von Eve, Padeloup, Bauzonett etc., bei Einbänden, die nie mit einer Maschine in Be rührung gekommen sind, und trotzdem liest man dort: in reicher Goldpressung, statt mit reicher Handvergoldung. In Vorträgen sprach ein verdienstvoller Bucheinband-Gelehrter, der sonst tief in die Technik des Einbandes eingedrungen ist, immer von der »Buchbindcrlade« als dem Apparat, auf dem die Bücher heute noch wie vor fünfhundert Jahren geheftet werden; es muß heißen: »Heftlade«: Buchbinderlade kennt kein Fachmann, also verehrte Ver leger und Buchhändler, zieht Eure Buchbinder zu Rate, wenn Ihr Fach ausdrücke richtig anwendcn wollt! Kleine Mitteilungen. Der Hauptvorstand des Deutschen Buchdrucker-Vereins beschloß in seiner jüngsten Sitzung im Anschluß an den Bericht deS Vorsitzenden. Herrn Hofrat Or. Victor Klinkhardt, zu dem Kapitel Teue rungszulagen, daß in Zukunft darauf hingestrebt werden solle, bei wich tigen Abstimmungsfragcn keine schriftliche oder telegraphische Abstim mung vorzunehmen und dafür Gelegenheit zu mündlicher Aussprache zu schaffen. Das Gcschäftsergebnis der Buchdruckereien im laufenden Jahre uurde im allgemeinen als ungünstig bezeichnet, besonders bei den Lohndruckereien, und zwar selbst bei solchen Firmen, die gut be schäftigt gewesen seien. Von einem angemessenen Geschäftsuutzen werde wohl nur in ganz wenigen Fällen die Rede sein können. Es wurde ferner festgestellt, daß die Durchführung der letzten D r u ck p r e i s e r h ö h u n g e n nicht gelungen sei. Der Vor stand beschloß, eine lebhafte Agitation großen Stils durchzuführen, die sich mit der Preis- und Kalkulationsfrage befaßt. Wie aus einer am 21. Juli erlassenen Bekanntmachung des Deutschen Buchdrucker- Vereins hervorgeht, ist eine neue (vierte) Ausgabe des Deutschen Buchdruck-Preistarifs fertiggestellt worden. Vom Berechnungsamt sollen allmonatlich die »Mitteilungen des Berechnungsamtes« wieder herausgegeben werden, in denen alle auf die Preisberechnung, die Kon kurrenzvorgänge und deren Verfolgung bezüglichen Angelegenheiten veröffentlicht werden, die sich für eine Behandlung in der »Zeitschrift für Deutschlands Buchdrucker« nicht eignen. Auch die Herausgabe zweier aufklärcnder Lehrbücher ist vorgesehen. Die diesjährige Haup t- versammlung findet gleichzeitig mit der Feier des 50jä Ir rigen Bestehens des Deutschen Buchdrucker-Ver eins statt, und zwar am 15. und 16. Oktober in Leipzig. Herr 1)r. Heller in München wurde mit der Ausarbeitung einer kleineren Festschrift und einer Geschichte des Deutschen Buchdrucker-Vereins betraut. Kellas virectorics lamitvck in Laudon hat 1918 einen Gewinn von 94 072 L erzielt. Eine Kapitalcrhöhung um 150 000 L ist in Aussicht genommen, bedingt durch eine überraschende Steigerung des Um satzes, besonders in »F.be klercüunt's Directory« nach Skandinavien, Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika. Zuverlässige Nachrichten besagen, daß der Verlag die Absicht hat, in den künftigen Ausgaben des »klercüant's Directory« (Welthandels-Adreßbuch) die Namen und Adressen deutscher Käufer und Verkäufer nicht mehr mit aufzuführen. Ob dadurch wohl mehr der deutsche Handel oder das Kellysche Unternehmen geschädigt wird? 063