Volltext Seite (XML)
7202 Börsenblatt s. d. Dlschn. Buchhandel. Amtlicher Teil. 150, 1. Juli 1908. (Nr. 3498.) Übereinkunft zwischen Deutschland und Bel gien, betreffend den Schutz an Werken der Literatur und Kunst und an Photographien. Vom 16. Oktober 1907. Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, im Namen des Deutschen Reichs, und Seine Majestät der König der Belgier, gleichmäßig von dem Wunsche beseelt, in wirksamerer Weise in beiden Ländern den Schutz an Werken der Literatur und Kunst zu gewährleisten, haben den Ab schluß einer neuen besonderen Übereinkunft zu diesem Zwecke beschlossen und zu Ihren Bevollmächtigten ernannt, nämlich: Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen: Allerhöchstihren Wirklichen Geheimen Rat, außer ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei Seiner Majestät dem Könige der Belgier Herrn Grafen von Wallwitz, Inhaber der ersten Klasse des Königlichen Kronenordens, der zweiten Klasse mit dem Stern des Roten Adlerordens, Großkreuz des Leopoldordens usw., und Seine Majestät der König der Belgier: Allerhöchstihren Minister der auswärtigen Angelegen heiten, Herrn Davignon, Offizier des Leopold- Ordens usw., Mitglied des Abgeordnetenhauses, welche, nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, folgende Artikel vereinbart haben: Artikel 1. Die am 12. Dezember 1883 zwischen Deutschland und Belgien abgeschlossene Übereinkunft zum Schutze der Werke der Literatur und Kunst wird aufgehoben und durch die gegenwärtige Übereinkunft ersetzt. Artikel 2. Zum Zwecke der Ergänzung der Bestimmungen der Berner Übereinkunft vom 9. September 1886, betreffend die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, und entsprechend den Fest setzungen der Zusatzakte und der Deklaration von Paris vom 4. Mai 1896 sind die beiden Hohen vertragschließenden Teile über nachstehende Bestimmungen übereingekommen: Z l. Den Urhebern von Werken, welche zum ersten Male in dem Gebiet eines der beiden vertragschließenden Teile veröffentlicht worden sind, steht im Gebiete des anderen Teiles während der ganzen Dauer ihres Rechtes an dem Originalwerke das ausschließliche Recht zu, ihre Werke zu übersetzen oder deren Übersetzung zu gestatten, ohne daß es erforderlich wäre, daß der Urheber von seinem ausschließlichen Rechte der Übersetzung innerhalb der im Artikel 5 der Berner Übereinkunft vorgesehenen Frist von zehn Jahren Gebrauch gemacht hat. 8 2. Die Urheber von Werken, welche zum ersten Male in dem Gebiet eines der beiden vertragschließenden Teile veröffentlicht worden find, werden im Gebiete des anderen Teiles gegen öffentliche Aufführung ihrer musi kalischen Werke ebenso wie die inländischen Urheber ge schützt, auch wenn sie die öffentliche Aufführung nicht aus drücklich untersagt haben. Artikel 3. Die gegenwärtige Übereinkunft findet auch auf die bereits vorhandenen Werke Anwendung, sofern sie zur Zeit des Inkrafttretens der gegenwärtigen Übereinkunft in ihrem Ursprungslande noch nicht Gemeingut geworden sind. War jedoch vor dem Inkrafttreten dieser Übereinkunft eine Übersetzung erlaubter Weise ganz oder zum Teil er schienen, so bleibt die Befugnis des Übersetzers zur Verviel fältigung, Verbreitung und Aufführung dieser Übersetzung unberührt. Von dem Inkrafttreten der gegenwärtigen Übereinkunft an genießt ein bereits veröffentlichtes musikalisches Werk den Schutz, auch wenn es bis dahin mangels eines ausdrück lichen Verbots gegen öffentliche Aufführung nicht geschützt war. Jedoch ist die öffentliche Aufführung eines solchen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers zulässig, wenn die Aufführenden Partituren oder Notenblätter benutzen, die einen Verbotsvermerk nicht tragen, und die sich bereits vor dem Inkrafttreten der gegenwärtigen Übereinkunft in ihrem Besitze befunden hatten. Artikel 4. Der Genuß der Rechte, welche den Urhebern zustehen, die ihre Werke zum ersten Male in dem Gebiet eines der beiden vertragschließenden Teile veröffentlicht haben, ist von dem Nachweise der Erfüllung irgendwelcher Förmlich keiten vor den Gerichten des anderen Teiles unabhängig. Artikel 5. Die Hohen vertragschließenden Teile sind darüber ein verstanden, daß jeder weitergehende Vorteil oder Vorzug, welcher künftighin von seiten eines Derselben einer dritten Macht in bezug auf den Schutz an Werken der Literatur und Kunst eingeräumt wird, den Urhebern des anderen Landes oder deren Rechtsnachfolgern ohne weiteres zustatten kommen soll. Artikel 6. Die Werke der Photographie und die durch ein der Photographie ähnliches Verfahren hergestellten Werke ge nießen die durch die Bestimmungen der gegenwärtigen Über einkunft festgesetzten Vorteile. Artikel 7. Die gegenwärtige Übereinkunft soll einen Monat nach dem Austausche der Ratifikationsurkunden in Kraft treten, und ihre Wirksamkeit soll bis zum Ablauf einer Frist von einem Jahre von dem Tage ab, an welchem sie von einem der Hohen vertragschließenden Teile gekündigt wird, fort- dauern. Artikel 8. Die gegenwärtige Übereinkunft soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich in Brüssel ausgewechselt werden. Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmäch tigten die gegenwärtige Übereinkunft vollzogen und ihre Siegel beigedrückt. So geschehen zu Brüssel, in doppelter Ausfertigung, den 16. Oktober 1907. (4,. 8.) (gez.) Graf von Wallwitz. (4,. 8.) (gez.) Davignon. Die vorstehende Übereinkunft ist ratifiziert worden. Die Auswechselung der Ratifikationsurkunden hat am 12. Juni 1908 stattgefunden. (Deutsches Reichsgesetzblatt Nr. 37, ausgegeben zu Berlin am 26. Juni 1908, Seite 405-409.)