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daß er bey Hofrath Falcken und der Executif Commission alles aufbiethen sollte, damit dieser sich bey der franz. Generalität über solche Behandlung verwenden möge sowie auch daß er beym General Schirmer um sogleiches Verhör bitten solle oder ich d. Civil Gouvernant übergeben werde. Er hat dies auch alles be sorgt. Uebrigens hatten die Gefangenwärter bereits vor dieser Mitwirkung für mich ein ordentliches gastliches (?) Logis in Ordnung gebracht, da sie von selbst merkten, daß man an mir wol ein Mißgriff thue. Im Hause bey mir war alles conster- nierte, die Marcus hat geheult und Ußlar voller Besorgniß hin und her gelaufen. In mein neues Logis kam denn auch Conradi und Ußlar auf Permissions-Billets des General Schirmer, der vermutlich anderes Sinnes selbst nach d. Gefangenhause d. Befehl gegeben hatte, mich gehöriger zu placiren. Die Nachricht des Verfahrens gegen mich hatte sich bereits durch d. Stadt verbreitet und ward deshalb die größte Theilnahme durch Schicken und -lassen (?) an mein Haus bezeugt und Unwillen in höchstem Grade zu erkennen gegeben, selbst von vielen Leuten, die ich Persönlich nicht näher kenne. Falcke und v. Hinüber ließen mir durch Conradi ihre Theilnahme bezeugen und daß sie alles tun werden, nur Schirmer hatte mit ihm an sich nicht freundlich geredet, da der Inhalt der Pieye gewiß durch den gensd'arm mit höchstem Grimm bemerkt hatte. — Conradi, der Sergeant Toussaint und Dortgen waren bey mir — man ließ nun schon deren Thuen freyeren Lauf und d. Gefangenwärter zeigten ihre volle Zutraulichkeit für die Unschuld meiner Sache. Nachdem wir Caffe getrunken wurde mir gemeldet: Der franz. Brigadier und Capitain seyn in der Verhörstube, wohin ich denn sofort mich auf deren ordre Abends 5 Uhr begab. Man schien von Anfang des Verhörs schon anderer Meinung über mich zu seyn, die ihnen von vielen Leuten bereits hinterbracht war. Ich mußte mich neben ihnen setzen und das Verhör ward ganz französisch geführt. Es ging darauf aus, den Verfasser und Verleger der bey mir gefundenen Piece zu erforschen, für welches beides sie mich ansahen, und deshalb ohne Rücksicht gleich criminell behandelten. Die Umstände, daß in Hahns Handlungen Pr Zufall ihnen keine Exemplare in die Hände fielen, ich nicht auf der Stelle hatte Auskunft geben können als ihnen unerklärbar, woher und von wem die Schrift gekommen machten ihnen glaubbar, ich sey Urheber desselben in beider Art — als Vers, und Verleger. Der General Schirmer hatte die pie§e mit Verdruß und Erstaunen durchblättert und somit in Wuth gleich die ganze Maße über mich, als wo man sie gefunden, aus gelassen, wodurch ich denn behandelt wurde als einer den man in einigen Tagen als Majestäts Verbrecher erschießen würde. Uebrigens mußte man bald nach der ersten criminellen Be handlung, die man freilich unerhört militärisch-despotisch vor allem Verhör vorhergehen ließ, näher erfahren haben, daß man sich nun zu sehr an mir versehen, höchst zu nahe gethan habe und daher die nach den ersten Stunden erfolgte Verbesserung meines Logis und freyen ungehinderten Zulaß meiner Hausgenossen und Freunde, die mich mit Theilnahme überströmten, wie nicht weniger gleich beym ersten abord des Verhörs usw. umgestimmte humane Behandlung. Ob ich von der Schrift habe verkaufen lassen, wollten sie nur in so fern wissen, daß man die weggegebenen Exemplare wieder zurücksenden und so durchs Verbot außer circulation gesetzt sehen möge — dann sagten sie mir: in Frank reich, wo man über dergleichen in der pieye enthaltene Ideen besser unterrichtet ist hätten wir's weniger genau und so strenge zu nehmen, a l s hier in einem verbotenen Lande. Nachdem sie über die beiden Hauptpunkte: Daß ich nicht Verleger und Verfasser (den sie übrigens in Hannover gewiß glaubten) sey, ohne weiteres Mistrauen bald annahmen, so wie die Art einsahen, wie es zugehe, daß in Deutschland Bücher anonym versandt werden, also man den Verleger nicht immer wissen könne, so bathen sie mich, den neben der pieye mir zugekomenen anonymen Zettel mit den darauf bemerkten von mir angegebenen Exemplar ihnen abliefern lassen wolle, wofür sie selbst einen Gehülfen aus meiner Handlung gleich an mich zur Ertheilung meines mündlichen Auftrages befördern wollen. Ich bezeigte mich hierin gleich bereit und ich konte es mit vollkommener Ruhe, worauf sie mir versicherten: daß dadurch meine Entschuldigung auf der Stelle bey ihnen bestätigt werden und sie mich sofort hiermit schon in Freiheit setzen würden, müßten sie nicht erst den Commandanten Schirmer von allem rapportiren PP. Man laß mir alles nochmals vor und mußte ich mich gemeinschaftlich mit ihnen unterschreiben, worauf man mich ganz artig verließ. Ich konte nun ohne weiteres Mistrauen auf mein appartement zu rück gehen, wo ich mehrere Freunde fand, die mir den Abend bis zur selbigen Abends noch hofentlicher Entlassung Gesellschaft leisten wollten. Alles kam mir, selbst die sonst gewönlich hart herzigen Gefangenwärter freudig darüber entgegen, daß sich ihre Vermutung meiner Schuldlosigkeit so gut und bald erweise. Man ließ uns den freyen Zugang zu ein Par anderen wegen Schlägerey auf 8 Tage von unserer Executif-Commission arrest habenden übrigens honetten Leuten aus der Nachbarschaft Hannovers und wir verkürzten die Stunden bis 11 Uhr Abends. Zur Vorsicht hatte ich jedoch gegen 10 Uhr, als zur Zeit des Verschlusses des Gefangenhauses, Betten aus meinem Hause herbringen lassen, wobei die Gefangen Aufseher äußerst dienstfertig und gefällig so wie mit Einlaß und Auslas meiner Leute selbst über die ver- ordnete Zeit, ueberhaupt regierten meine Leute bey Herbey- schaffung des Essen Trinken pp. mehr über jene Leute als daß diese ihr Gefangen Aufseher Recht hätten geltend gemacht. Gegen 11 Uhr schien es uns, daß der erst gewönlich spät essende und zu Hause kommende Comandant wol nicht mehr das Verhör pp. sich habe vorlegen lassen und so mors sollto habe liegen lassen bis anderen Morgens nach seinem Aufstehen um 11 Uhr. Mein treuer Garten-Mann Horstmann kam noch um halb 11 Uhr Abends ohngehindert zu uns, wollte die Nacht neben mir wachen, da er mir doch wol zugegen seyn dürfte, auf dem Hause zuzubringen, allein ich wollte das nicht und die Wärter versprachen, mich bestens zu bedienen. Meine Freunde giengen also um 11 Uhr ab, als im selbigen Augenblick ein Sergeant als Ordonnance vom General Schirmer kam mit der schriftlichen Ordre, daß ich mit selbigem zu ihm kommen solle. Alles verließ mich also in voller Erwartung um so mehr, da der franz. Gefangenwärter erklärte, daß es doch seyn könne, ich werde wieder zurück geführt und müßte die Nacht noch auf dem Gefangenhause zubringen. Ich wurde ohne sonstige gerichtliche Ceremonien in Schirmers Zimmer ausgenommen in dem bereits sein Secretair war. Dieser empfing mich höflich und ich mußte mich neben ihm setzen, und er sagte mir, daß d. Ablieferung der Exemplare richtig zufolge Zettels geschehen, er that nun ohngefähr dieselben Fragen, welche mir in dem Ver hör vorgetragen waren, welchen er nur noch hinzufügte: ob es mir nicht wahrscheinlich, daß Hahns*) Exemplare, und Viele erhalten? da von ihnen wirklich und viele verkauft seyn sollten, ich versicherte: daß zwar gewönlich, daß eine Handlung mit dergleichen so gut versorgt werde, als die andere, allein bestimmt sagen: Hahns haben Exemplare erhalten, das köne ich nicht, um so weniger, da ich mit selbigen keine Connection. Er Protocollirte dieses so wie alles übrige aufs Neue und sagte am Ende nach etwa einer starken Viertel Stunde: man finde die Richtigkeit meiner Aus sagen conform mit den im Verhör geschehenen (Ußlar hatte auf mein Geheiß gleich die Exemplare und das anonyme, am besten s?) gedruckte Versendungs Zettel abgeliefert) auch die anderen angegebenen Umstände einträfen, so lasse mir der Comandant meine Freiheit hiermit ankündigen so wie, daß es ihm unangenehm sey, mich von Anfang nach Maßgabe der von mir geglaubten und scheinbaren Schuld und Antheile in Ab sicht der Herausgabe und Production des Libells behandelt haben zu müssen, er jedoch sich freue, mir nach der von mir geschehenen *) In Fa. Hahnsche Buchhandlung, dereinst Zöglinge Helmings, die sich 1791 im Nachbarhause selbständig machten.