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7208 Börsenblatt s. d. Dtsch». Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 150, 1. Juli 1908. Ebenso hatte er das Privileg für das hannoversche Laudes-Gesaug- buch und für Kalender. 1684 bis 1692 hatte er als Teilhaber einen Buchhändler Grentz ausgenommen, der die Witwe Hauensteins geheiratet hatte, aber schon im Jahre 1692 starb. Auch sein Bruder, Johann Jacob Förster, der 1681 nach dem Tode Hauensteins als Teilhaber eintrat, starb plötzlich infolge Schlaganfalls auf einer Reise zur Leipziger Buchhändlermesse im Jahre 1684 in Halberstadt. Nicolaus Förster starb am 9. Juli 1732, nachdem er sieben Jahre vorher seinen Sohn Johann Jacob als Teilhaber in seine Firma ausgenommen hatte. Dieser Sohn starb jedoch schon ein Jahr vor dem Vater. Wie großer Achtung sich Nicolaus Förster im allgemeinen erfreut hat, geht auch aus der Feier seines fünfundsiebzigsten Geburtstages hervor, über den verschiedene Berichte, Glückwunschschreiben und dergleichen sich in der Biblio thek des Börsenvereins in Leipzig befinden. Ein uns heute sonder bar anmutender Streit Försters mit den hannoverschen Buch bindern verdient besondere Erwähnung. Im Jahre 1704 reichten die Buchbinder bei der Regierung Beschwerde ein, weil Förster sein Privileg insofern mißbrauche, als er sich auch mit dem allein den Buchbindern zustehenden Verkaufe fertig ge hefteter oder gebundener Bücher befasse, während er seinen Verlag nur in rohen Bogen liefern dürfe. Nach langjährigen Verhand lungen endete der eigenartige Streit im Jahre 1709 mit einem vollständigen Siege Försters. Die Buchbinder wurden sogar mit Strafe bedroht, falls sie wieder klagend gegen ihn auftreten würden. Es war Förster gelungen, nachzuweisen, daß er einen Teil der von ihm verkauften Bücher bei hannoverschen Buch bindern hatte broschieren bzw. binden lassen. Nach dem Tode Nicolaus Försters ging das Geschäft an seine Erben für gemeinschaftliche Rechnung über, da von seinen zwölf Kindern kein einziges außer seinem früh verstorbenen Sohne sich den Buchhandel als Lebensberuf erwählt hatte. Das hohe Ansehen der Firma ging bedeutend zurück, da die Nachfolger es nicht verstanden, in gleich tüchtiger Weise wie Förster die Firma zu führen. Insbesondere wird ein Geschäftsführer Freytag ge nannt, der etwa 1740 versucht hat, hinter dem Rücken seiner Arbeitgeber die Privilegien für die Förstersche Buchhandlung auf eine von ihm selbst zu gründende neue Buchhandlung zu erhalten. Im Jahre 1774 wurde die Firma von den Försterschen Erben durch C h r i st i a n F r i e d r i ch Helwing erworben. Durch Bekanntmachung der Regierung wurden seinerzeit die Erben Försters öffentlich aufgefordert, ihre Ansprüche an die Firma und an Helwing geltend zu machen. Eine im Jahre 1775 erfolgte amtliche Veröffentlichung besagt dann, daß einige solche bisher unbekannte" Erben sich gemeldet hätten, ohne leider die Namen dieser Erben zu nennen. Christian Friedrich Helwing war im Jahre 1725 in Cöslin als der Sohn eines Brauereibe sitzers geboren. Er studierte Philologie und trat später in die Gebauer-Schwetschkesche Buchdruckerei in Halle a. d. Saale ein, um sich die Kenntnis des Buchhandels anzueignen. Einige Jahre später wurde er Rektor des Gymnasiums in Lemgo, verheiratete sich dort mit der einzigen Tochter und Erbin der hochangesehenen Meyerschen Hofbuchdruckerei in Lemgo, die dadurch in seinen Besitz überging. Er muß ein ungeheuer vielseitiger und arbeits tüchtiger Mann gewesen sein, der es neben seiner Stellung als Rektor, als Bürgermeister der Stadt Lemgo und als Inhaber vieler Ehrenämter noch fertig gebracht hat, nicht nur die Meyer- sche Hofbuchhandlung zu hoher Blüte zu führen, sondern auch noch die von ihm erworbene Förstersche Buchhandlung in Hannover zu leiten und ebenso hochangesehene Geschäfte in Duisburg, Pyr mont und zahlreichen andern Orten Deutschlands zu gründen und zu überseheu. Hilfreich zur Seite stand ihm in diesem umfang reichen Betriebe sein Faktor Bielcke, der bald in Hannover, bald in Duisburg und Pyrmont als Stellvertreter Helwings genannt wird. Bielcke ist wahrscheinlich ein Enkel Försters gewesen, dessen eine Tochter mit einem Advokaten Bielcke verheiratet war. Christian Friedrich Helwing starb im Jahre 1800. Er hinter ließ sechs Söhne und zwei Töchter; drei Söhne widmeten sich dem Buchhandel. Sein Sohn ChristianDiedrichHelwing. geboren am 25. März 1764, erhielt nach des Vaters Tode die hannoversche Firuia, deren Geschäftsführer er schon im Jahre 1785 geworden war. Er verlegte unter anderen die Schriften des Generals Scharnhorst. Sonst ist aus der damaligen Zeit besonders Erwähnenswertes nicht bekannt, außer einem Ereignis, wonach er 1804 wegen Verkaufs einer gegen Napoleon gerichteten Broschüre mit dem Tode des Erschießens bedroht war. Helwing starb im Dezember 1831. Durch seine Wittwe und die früh verwitwete Tochter wurde die Firma an I g n a z A u g u st M i e r z i n s k y verkauft, mit Wirkung vom 1. Juli 1833. Ignaz August Mierzinsky war am 24. Juli 1762 iu Wilua in Polen geboren. Er genoß, wie alle Adeligen seiner Zeit, im Theresianum in Wien seine Erziehung, studierte später in Padua und verlegte dann, aus Polen Vertrieben, seinen Wohnsitz nach Znaim in Mähren. Ob er selbst oder schon sein Vater wegen poli tischer Umtriebe aus Polen flüchten mußte, ließ sich nicht feststelleu. Ebensowenig konnte der frühere Name ermittelt werden, da der Name Mierzinsky von ihm erst später angenommen wurde. Das jetzt als Siguet auf den einzelnen Verlagswerken der Helwing- schen Firma vorkommende Mierzinskysche Familienwappen findet sich auch in zahlreichen gräflichen polnischen Familien heutigen Tages. Nach abenteuerreichem Leben kam Mierzinsky um 1800 nach Hannover, wo er eine Stellung als Handlungsgehilfe annahm. Die damalige Regierung wurde bald auf den überaus tüchtigen, namentlich sehr sprachenkundigen Mann aufmerksam und ver wandte ihn zu ersten Landesstellungen. So wurde er bald könig licher Domänendirektor und später unter Napoleons Herrschaft sogar Polizeidirektor in Altona. Er hat hierbei als erbitterter Feind Napoleons eine oft recht zweideutige Rolle gespielt und viele Anfeindungen erfahren müssen. (Vgl. Thimme, Das Kur fürstentum Hannover.) So mußte er auch schließlich im Jahre 1814 in blinder Flucht Altona verlassen und kam dann nach dem Sturze Napoleons einige Jahre später wieder nach Hannover, wo er ohne einen Pfennig eigenen Vermögens in der Helwingschen Hofbuchhandlung Anstellung fand. Durch die Unruhen während der Herrschaft Napoleons war auch die Helwingsche Hofbuchhand lung sehr schwer mitgenommen worden und in finanzielle Be drängnis geraten. Mierzinsky verstand es, von ihm selbst ge liehenes Geld seinerseits Helwing zu leihen und diesem dadurch allmählich gewissermaßen die Firma abzukaufen. Am 1. Januar 1820 verpfändete Helwing als Gegenleistung für die geliehenen Gelder an Mierzinsky seine Sortimentsbuchhandlung für einen Preis von 12 000 Talern. Von diesem Preise verstand Mierzinsky, gelegentlich eines Spazierganges einen Betrag von 2000 Talern abzuhandeln, wie eine Eintragung in einem alten Geschäfts buche ergibt, die folgenden Wortlaut hat: »1820 Oktober 14. laut seiner mir auf dem Wege gegen den Dörner Thurm am 8ten dieß gemachten Erklärung hat Er mir von der Kauf Summa von 12/M. des Sortiments Handels 2/M. abgelasseu, welche bei einstiger Ausfertigung unseres förml. Contracts dadurch, daß die ganze Kaufsumme anstatt 12/M. nur 10/M. stipuliert werden soll, mir abgelassen worden«. Jedoch sollten diese 2000Taler ihm nicht zum Segen gereichen, da er sie später wieder als Strafe dafür zahlen mußte, daß er entgegen den Vereinbarungen auch eigenen Verlag übernommen hatte. Im Jahre 1828 trat Carl Mierzinsky, der Sohn Ignaz August Mierzinskys, als Lehrling in die Helwingsche Hof buchhandlung ein. Nach dem Tode Helwings ging am 1. Juli 1833 durch Kaufvertrag die Gesamtfirma an Mierzinsky über, der sie im Jahre 1842 durch Vertrag an seinen Sohn Carl übertrug, um sich selbst ganz ins Privatleben zurückzuziehen. Er starb im Alter von fast hundert Jahren im Februar 1856. Im Jahre 1849"mußte sein Sohn Carl um eine bedeutende ! Ermäßigung der"Kaufsumme bitten, da durch die Revolution 1848