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Redaktioneller Teil. ^ L88, 12. Dezember 1SI6. Reden dem Interesse, das dem Buchhandel in wirtschaftlicher und militärischer Beziehung beigemessen werden mutz — es sei hier auch an die Rotwcndigkeit der Lieferung bon Schulbüchern, technischer und militärischer Literatur erinnert darf ein wei teres. mehr die Zukunft als die Gegenwart berührendes Mo ment nicht aus den Augen gelassen werden. Bücher sind Wohl der beste Artikel zur Ausfuhr, da wir bei der vorhandenen Fülle am leichtesten davon abgeben und so unsre Valuta verbessern könnten. Würden demBnchhandel nun noch weitere Kräfte entzogen, so wäre z» fürchten, daß er bei dem zu erwartenden siegreichen Ausgange des Krieges nicht so bald in der Lage sein würde, den an ihn herantretenden Aufgaben gerecht zu werden. Auch werden in den zurzeit brachliegende» Industrien und Handelszweigen voraussichtlich so viele Kräfte für den vaterländischen Dienst im engeren Sinne frei, daß auf den Buchhandel und die mit ihm zu einer Einheit verbundenen buchgewerblichen Betriebe nicht zurückgegriffen zu werden braucht. Sollte trotz alledem auch der Buchhandel noch zu anderen Arbeiten als solchen herangezogen werden, die ihm berufsmäßig obliegen und auf deren Bedeutung eindringlich genug schon lange vor Ein führung der Zivildienstpflicht hingewiesen worden ist. so wäre es mit Dank zu begrüßen, wenn bei der Besetzung der bei den stellvertretenden Generalkommandos zu bildenden Ausschüsse auch Vertreter des Buchhandels Sitz und Stimme erhielten. Und zwar aus keinem anderen Grunde, als weil das Wohl des Vater landes auch das oberste Gesetz des Buchhandels ist. Kleine Mitteilungen. Doppeljubiläum. — Der Firma R. L e ch n e r (W i l h. M ii ll e r) k. u. k. Hof - und ll n i v. - B u ch h a n b l u n g in Wien ist es ver gönnt, im Jahre 1916 ein Doppel-Jubiläum zu feiern, und zwar das 100jährige Bestehen der Firma nnb das 40jährige der Selbständigkeit ihres gegenwärtigen Inhabers, des Herrn Kommerzialrats Wilhelm M ti l l c r. Ans einem im Besitze der Familie Lechner befindlichen Kaufver träge ist zu entnehmen, das; im Jahre 1816 Michael Lechner, geboren 1785 in Eiscnstadt in Ungarn, das Bücherlager der damals bestbckann- ten Anton DoII'schen Buchhandlung käuflich erworben hat, dem Michael Lechner im Jahre 1825 auch noch die im Jahre 1816 gegründete Haerter- sche UniversitätSbnchhandlnng anschlos;. Michael Lechner befaßte sich vor nehmlich mit dem Verlagsgcschäft, das rasch eine solche Ansdehnung gewann, daß der von ihm herausgegebene Katalog über 600 Nummern auswics. Als er im Jahre 1844 starb, übernahm sein Sohn Nndolf das Geschäft, der das Sortimentsgeschäft erweiterte, das bald für die damalige Zeit eines der hervorragendsten Wiens wurde. Besonderes Interesse widmete Nndolf Lechner der Jugendliteratur sowohl im Ver lag als auch im Sortiment, und die von ihm herausgegebenen Jugend schriften fanden große Verbreitung. Neben seiner geschäftlichen Tätig keit war Nndolf Lechner mit großer Vorliebe auch für die allgemeinen Interesse» des österreichischen Buchhandels tätig, und er widmete ihnen einen großen Teil seiner Zeit; so war er Mitgründer des Ver eins österreichisch-ungarischer Buchhändler, in dem er häufig das Amt des Vorsitzenden bekleidete. Im Jahre 1874 verkaufte Rudolf Lechner sein Sortimentsgeschüft an Alfred Werner und Eduard Müller, die es unter der Firma N. Lechncrs k. k. Universitätsbnchhandlung weitcr- führten, während der ihm verbliebene Teil des Geschäfts unter der Firma Rudolf Lechncr's Verlags- und Kommissionsbnchhandlnng ein getragen wurde. Als Rudolf Lechner im Jahre 1895 starb, ging das Verlags- und Kommissionsgeschäft auf seinen Sohn Oskar über, der schon seit 1892 seinem Vater als Prokurist zur Seite gestanden hatte. Oskar Lechner widmete sich nunmehr fast ausschließlich unter der Firma Rudolf Lechner K Sohn den, Kommissionsbuchhandel, dem er größte Ausdeh nung verschaffte, sodaß dieser Betrieb der bedeutendste Wiens ge worden ist. In das an Alfred Werner und Eduard Müller verkaufte Sorti- mentsgeschäft — N. Lechner's k. k. Universitätsbuchhandlnng - trat am 12. Dezember 1876 nach dem Ausscheiden Eduard Müllers Wilhelm Müller als Teilhaber ein, der damals schon längere Zeit in Wien bei Braumüller L Sohn tätig gewesen war. Während Alfred Werner als gelernter Kaufmann sich mehr mit der Organisation des immer größer werdenden Geschäfts befaßte, widmete Wilhelm Müller seine ganze Tätigkeit dem Buchhandel. Es gelang ihm 1881, die Vertretung des k. k. militärgcographischcn Instituts zu erhalten, wodurch ihm Ge legenheit geboten wurde, den Kartenwerken dieses Instituts sowohl im Buchhandel als auch im Publikum weiteste Verbreitung zu ver- Berantivortlicher Redakteur: E m 1 l Tho mH. ^Verlag: L er Bvrse, 150ö" ' «"""»Seemann. LÄmtU-h ,n - Adresse schaffen. 1895 wurde der Firma auch die Auslieferung der Erzeugnisse des k. k. militärgeographischen Instituts an Armeeangehörige über tragen, was dem Geschäft eine weitere Ausdehnung gab. Be strebt, die Erzeugnisse des k. u. k. militärgeographischen Instituts in Touristenkreisen bekannt zu machen, schuf Wilhelm Müller eine große Serie topographischer Detailkarten für die besuchtesten Gegenden der Alpenländer. Werners vorwürtsstrebendem Geist war ein ruhiges, wenn auch aufblühendes Geschäft nicht genügend. Er gliederte daher der Buch handlung noch den Kunsthandel an und wandte auch sein Interesse der sich immer mehr verbreitenden Amateurphotographie zu, der er 1886 in der »Lechnerschen Photographischen Manufaktur« einen Mittel punkt schuf. Nach dem am 23. Januar 1889 erfolgten Tode Alfred Werners wurde der überlebende Teilhaber, Wilhelm Müller, Alleininhabcr des Geschäfts und sah sich veranlaßt, eine eigene Fabrik zu bauen, in der bald 80 Menschen sich mit der Herstellung photographischer Apparate beschäftigen. »Dem Licht und seiner Kraft dient, was im Haus man schafft« ist das Motto, das der Besitzer dieser neuen Arbeitsstätte gab. Gleich seinem Vorgänger Rudolf Lechner widmete sich auch Wilhelm Müller den allgemeinen buchhändlerischen Interessen und wurde be reits im Jahre 1879 vom Verein der österreichischen Buchhändler als Vertreter Österreichs zu der vom Börsenverein nach Leipzig einbe- rufenen Konferenz bchnfs Neuorganisation des Buchhandels in Deutsch land entsandt. Bald nach ihrer Durchführung im Jahre 1887 ging Müller daran, auch in Österreich eine Neuorganisation vorzubereiten. Mit seinem Freunde und Kollegen Karl Graeser entwarf er neue Statuten, deren Annahme er in der General versammlung des Vereines der österreichischen Buchhändler im Jahre 1888 beantragte und durchsetzte. In der konstituierenden Versammlung im Jahre 1889 wurde er zum Schriftführer gewählt, und seit dieser Zeit sehen wir ihn fast ununterbrochen als einen der Funktionäre des Ver eines tätig. Wiederholt wurde Wilhelm Müller zum Vorsitzenden, zum Vorsitzenden-Stellvertreter oder zum Schriftführer gewählt, und auch setzt steht er wieder an der Spitze des Vereins. Bald nach seinem Eintritt in den Vorstand des Vereines der österreichisch-ungarischen Buchhändler wurde er in den Wahlausschuß des Börsenvereins und dann in den Vorstand als zweiter Schatzmeister gewählt, dem er von 1899—1905 angehörte. Mit ganz besonderer Freude begrüßte Wilhelm Müller den in der Generalversammlung des Börscnvercincs in Leipzig 1913 gefaßten Be schluß der Gründung der Deutschen Bücherei, in deren Verwaltungsrat er gewählt wurde. Seine Bemühungen, bei Ausführung des Pracht baues auch der Zusammengehörigkeit des deutsch-österreichischen und deutschen Buchhandels möglichst monumental Ausdruck zu geben, waren von bestem Erfolg begleitet. Das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht spendete eine Austria-Statue, die gegenüber einer Germania- Statue im Treppenhaus stehen und jeden Eintretenden begrüßen wirb. Im rechten Seitengang befindet sich ein in Mosaik ausgeführter öster reichischer Adler — im linken Seitengang ein deutscher —, und 5 Glas fenster, die der Verein der österreichisch-ungarischen Buchhändler gestif tet hat, werden mit ihren Darstellungen aus der österreichischen Ver gangenheit Zeugnis ablegen von dem hervorragenden Anteil Öster reichs an der deutschen Kulturgeschichte. Eine Anzahl von Büsten der bedeutendsten österreichischen Dichter und Schriftsteller, die österreichische Buchhändler der Bücherei gestiftet haben, dürfte bald in dem -Hanse der Deutschen Bücherei Aufstellung finden. Auch in der breiten Öffentlichkeit hat sich der Herr Jubilar eifrig betätigt: er ist Vorstandsmitglied mehrerer Vereine, seit 13 Jahren Mit glied der Handels- und Gewerbekammer, der Erwerbssteuerkommission, des Sachverständigen-Kolleginms für Urheberrecht, der k. k. Permanenz kommission für Beurteilung der Handelswcrte, fachmännischer Laien richter beim k. k. Handelsgerichte usw. Für seine Leistungen wurde Müller vom Kaiser von Österreich mit dem Ritterkreuz des Franz- Josef-Ordens und dem Orden der Eisernen Krone 3. Klasse ausgezeich net, während seine Verdienste um den deutschen Buchhandel und die Deutsche Bücherei durch Verleihung des Offizierskreuzes des sächsischen Albrcchtsordens anerkannt wurden. Zu dem doppelten Jubiläum, den, seiner hochgeachteten Firma und seinem eigenen, sprechen wir Herrn Kommerzialrat Müller unsere Glückwünsche für eine weitere ersprießliche Tätigkeit im Beruf und in der Öffentlichkeit ans, sicher, daß sich weite Kreise des Buch handels diesen Wünschen anschließcn werden. Ein Ernst Keil-Stipendium. — Anläßlich des hundertsten Geburts tages des Gründers der »Gartenlaube«, Ernst Keil, schenkte, wie der B. L.-A.« meldet, der Schwiegersohn des Verewigten, Major Teich mann in Dresden, der Vaterstadt Keils, Langensalza, 30 000 Mark zur Errichtung eines Stipendiums für Studierende. ver^t^derDeutschen Bnchhändlcr zu Leipzig. Deutsche- BuchkiändlerdauS. cRedaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 2« sRuchhändlerhau-»