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11028 Börsenblatt f, d. Dtschn. Bnchöand-l. Nichtamtlicher Teil. 224, 26. September IS1I. in der Bilanz zulässiger Vermögenszuwachs nur durch den Gewinn geschehen, der sich ans Absatz abzüglich Her- stellungs- und Vertriebslosten ergibt und nicht vom Ver leger für feine Lebenshaltung usw. verbraucht wurde. Der ideelle Vermögenszuwachs, der ganz sicherlich durch Ideal- werte entsteht, die wertvoller als die dafür gemachten Auf wendungen sind, kann meinetwegen im Notizbuch ausgeschrieben werden, er wird bei Geschästsoerkäufen usw. gefordert und auch bezahlt werden, aber in der Bilanz und bei der Ge wi n n e rmi tt lun g hat er nichts zu suchen. Inwieweit zu Buche stehende Jdealwerte abzuschreiben find, muß sich nach dem Gutdünken des Verlegers richten; feste Regeln lassen sich auch hier nicht aufstellen. Ganz all gemein sei bemerkt, daß je nach der Minderung des Jdeal- werts der Buchwert entsprechend abgefchrieben werden muß. Hat beispielsweise ein Verleger das Verlagsrecht einer Zeit schrift mit einem NettoertrSgnis von durchschnittlich 15 00» jährlich für 80 000 -H gekauft, so mag er das Verlagsrecht in dieser Höhe solange bilanzieren, als sich die Rentabilität nicht verschlechtert. Sinkt aber beispielsweise der Jahresgewinn auf 10 000 ^ dauernd herab, so sollte das Verlagsrecht eben falls auf zwei Drittel oder auf mindestens rund SO 000 ab geschrieben werden. Kurz: der Buchwert eines Verlagsrechts oder sonstigen Jdsalwerts sollte nie höher sein, als sich bei Verkaus desselben unter normalen Verhältnissen dafür erzielen läßt. Steigt die Rentabilität dagegen auf 20 000 jährlich, so würde der betreffende Verleger bei einem Verkauf des Ver lagsrechts anstatt 80 000 gewiß 100 000 ^ erzielen können. Die Werterhöhung um 20 000 darf der Ver leger in seiner Bilanz jedoch nur soweit buchen, als er Aufwendungen für sie machte; ist die Werterhöhung ohne Kosten eines Verlegers durch günstige Konjunktur, Ein gehen des Konkurrenzblattes, Angliederung an einen be deutenden Fachverband usw. erfolgt, so besitzt er keine Berechtigung, der Werterhöhung in der Bilanz Ausdruck zu verleihen. Da Entwertungen unerwartet eintreten können, so sollte man mit Abschreibungen nicht zu lange warten, sondern lieber zu früh und zu viel abschreiben. Eine tatsächliche Schädigung des Vermögens liegt hierin nicht. Würde ein Verleger die betreffende Zeitschrift beispielsweise nach einigen Jahren Weiterverkäufen, so wird dem Kaufpreis die tatsäch liche, nicht durch Abschreibungen aus Verlagsrechte verminderte Rentabilität zu gründe gelegt; hat der Verleger den Buch wert der Zeitschrift mehr als nötig vermindert, so erhält er die unnötige Verminderung jetzt durch den, den Buchwert über steigenden Verkaufspreis wieder herein. Auch hier liegt nur eine Verschiebung aber keine Veränderung des Gewinns vor. Durch zu hohe und nicht nötige Abschreibungen wird lediglich die Steuerbehörde benachteiligt, da der beim Verkauf über den Buchwert hinaus erzielte Gewinn nicht als »Einkommen«, sondern lediglich als »Vermögen- versteuert wird. Bei dem Verkauf eines Verlags oder einzelner Verlags werke, bei Aufnahme eines Teilhabers usw. ist die schwierigste Frage zweifellos die Bewertung der Vor räte und Rechte. Hier spielen neben rein objektiven Schätzungen die subjektiven Ansichten und Empfindungen des Verkäufers oder Vorbesitzers und des Käufers eine derartige Rolle, daß auf Einzelheiten an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann. Der Wertansatz muß dem Verkäufer eine angemessene Vergütung für die abzu gebenden Werte, drastisch ausgedrückt 'Einnahmequellen sein, andererseits muß aber auch der Wertansatz dem Käufer neben der Vergütung seiner eigenen Arbeitsleistung und Ver zinsung des Kapitals einen dem ganzen Risiko entsprechenden Unternehmergewinn übrig lassen. Daß schließlich jeder soviel wie möglich nimmt und so wenig wie möglich gibt, ist all gemein menschlich. Berlin li.M. 52. Hans Stoll. 061° sllklAS I^-Ikliltk, llagsnäsabrs rmä Lrstlingsrvsrko, nebst einer Ribliograpbie äer Merke Raados null äer Raabolitsratnr von Hermsun Laders lirüxer. 8". 18S 8, I-sipeiz 1911, im Xsnisn-Vsrlag. 3.—, zsb. in I-nrvä. 4.— orä. In Nr. 206 des Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel hat Wilhelm Scholz über Wilhelm Raabe und seine Beziehungen zum Buchhandel geplaudert. An der Hand von H. A. Krügers Raabebuch, das zum 80. Geburtstag des großen Erzählers er schienen ist, können wir seinen Ausführungen noch einiges, besonders über Raabes buchhändlerische Lehrzeit, hinzusügen. Krügers eingehende und liebevolle Arbeit ist eine willkommene Bereicherung der Raabe» Literatur. Denn so zuverlässige Nach richten wir über den älteren und alten Raabe seit seinem Auf- erstehungs- und siebzigsten Geburtstag haben, so wenig wußten wir bislang vom jungen Raabe: über seine Schul-, Lehr- und Studienjahre sprach der Dichter selbst nur ungern. Die bio graphischen Angaben, die Krüger gibt, süßen auf den zuver lässigsten Nachrichten, hat er sie doch zum größten Teil ans dem Munde des verstorbenen Dichters selbst, und des Dichters Bruder Heinrich sowie des Dichters Familie gaben ihm dazu wertvollste Ergänzungen. 1849 verließ Raabe die Sekunda des Wolsenbütteler Gym nasiums. So Hervorragendes er, der spätere Meistererzähler, im deutschen Aussätz leistete — einer seiner Lehrer hatte ahnungs voll unter einen Aufsatz des Tertianers geschrieben: »Wenn dieser Aufsatz vom Schüler selbst versaßt ist, so berechtigt dieser zu den größten Erwartungen» —, so wenig fesselten ihn die anderen Hauptsächer. So mußte er die beabsichtigte juristische Lauf bahn, den Berus des so früh gestorbenen Vaters, aufgeben; da er immer eine große Lust zu Büchern gezeigt hatte, entschloß er sich, Buchhändler zu werden, und trat als Lehrling in die alt renommierte Creutzsche Buchhandlung zu Magdeburg ein. Diese befand sich in dem ehrwürdigen Hause »Zum goldenen Weinfaß», das später in des Dichters »Kindern von Finkenrode» und in »Unseres Herrgotts Kanzlei« als Schauplatz zu Ehren kommen sollte. Hier war auch die Wohnung des Chess der Handlung namens Kretschmarin — dis Creutzsche Buchhandlung befindet sich noch jetzt im Besitz dieser Familie —; hier, in der Familie des Chefs, wohnte nach alter, guter Buchhändlersitte der neue Lehrling. In dem Kretschmannschen Hause, wo die edle Musika verständnisvoll gepflegt wurde, empfing er mannigsache künst lerische Anregung. Der lesegisrige Jüngling war in seinem neuen Berus in seinem Element, er las, was er nur lesen konnte; die Arbeit, die ihm oblag, scheint nicht zu groß gewesen zu sein. Auch Raabes Kollegen waren literarisch interessiert, und seine Stube wurde oft der Schauplatz interessanter politischer, literarischer und philo sophischer Erörterungen. Daß ein guter Teil von Raabes Kennt nissen aus abgelegenen Gebieten der Literatur aus alten Lager beständen stammten, die seit 1778 unverkauft in der Handlung verstaubten und später makuliert wurden, und die der Lehrling emsig durchstöberte, hat schon Scholz mitgeteilt. Aus solche ab gelegene Gebiete führte Raabe aber nicht nur der Zufall, sondern auch sein schon damals lebhaftes Interesse an allem, was abseits vom gewöhnlichen Alltagsgetriebe lag, sein Trieb, sich ins Kleine, Unscheinbare zu versenken. Die vier Jahre, die er in der Magdeburger Buchhandlung weilte, waren für seine Entwicklung, jür den Menschen wie sür den Dichter, überaus wichtig, vielleicht entscheidend, denn sie zeitigten die erste innere Krisis. Nach dieser, trotz einer gewissen Kränklichkeit äußerlich leidlich glücklichen und anregenden Buch händlerlehrzeit sah er doch, daß in einem geschäftsmäßigen Be triebe nicht sein Platz sei, sein Geist nicht die rechte Befriedigung finden könne. Er verließ Ostern 1883 den Buchhandel, zu dem er bald in andere Beziehungen, als junger Autor, treten sollte. Es war eine politisch bewegte und interessante Zeit, die er