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1707 74 1708 fehlen, wenn die Schciftstellerei auch keine Geldvortheile ge währte. Denn die Schriftstellerei ist eine Arbeit, welche schon in sich selbst einen Lohn hat, in dem geistigen Genüsse, den eine Geistesarbeit verschafft. Gelingt sie, so hat sie einen weitern Lohn in dem Beifalle des Publikums. Schon zu Salomo's Zeiten war des Bücherschreibens kein Ende; und doch findet sich keine Spur, daß damals die Schrift steller ein Honoracium von ihren Verlegern bezogen hätten. Auch sind die Schriftsteller nicht gerade die besten, welche blvs deswegen schreiben, um Geld zu verdienen. — Gleich wohl würde man auf der andern Seite zu weit gehen, wenn man aus diesen Sätzen die Folgerung zöge, daß das Schriftcigenthum, dasselbe als ein nutzbares Recht betrach tet (und nur in dieser Eigenschaft kommt es hier in Be trachtung), den allgemeinen Rechksgrund des Eigenthumes überall nicht für sich hätte. Da ein Schriftsteller, welcher in der Aussicht auf die Geldvorthcile schreibt, die ihm seine Arbeit nach Zeit und Umständen gewahren kann, denn doch nicht widerrechtlich handelt, da es Schriftsteller geben kann und allemal geben wird, welche blos durch diese Aussicht zu ihrer schriftstellerischen Thätigkcit bestimmt werden, da man einem jeden Schriftsteller die Absicht, mit seinen schrift stellerischen Arbeiten Geld zu verdienen, als Nebenabsicht unterlegen kann und in Beziehung auf die vorliegende Auf gabe untcrzulegcn hat, so hat das Schrifteigenthum den Rcchtsgrund, auf welchem das Eigenthum überhaupt beruht, noch immer, wenn auch nicht unbedingt oder in seiner gan zen Strenge, für sich. Wozu noch kommt, daß, so wie sich die Verhältnisse in den heutigen Europäischen Staaten gestellt haben, ohne die Gewährung des Schriftcigcnthumes die Schriftstellern nicht der Beruf eines besondern Standes und in vielen Fällen eben so wenig die Nebenbeschäftigung anderer Stände sein könnte. — Sondern nur so viel folgt aus dem Obigen, daß jener allgemeine Rechtsgrund, in sei ner Anwendung auf das Schrifteigenthum, nicht so weit reiche, dieses Eigenlhum dem an Sachen schlechthin gleich- zustellcn, daß vielmehr dem rechtlichen Interesse der Litera tur Genüge geschehe, wenn die Gesetze dem Schrifteigen- thumc nur auf gewisse Zeit rechtliche Wirksamkeit zusichecn. Diese Beschränkung der Wirksamkeit des Schrifteigen thums läßt sich durch den Grund, auf welchem das Schrift- eigenchum überhaupt beruht, noch auf eine andere Weise rechtfertigen. Die Arbeit des Schriftstellers unterscheidet sich von einer jeden andern Art productiver Arbeiten da durch, daßsiesich, einmalverrichtet, ohneZu- thun des Schriftstellers, so vielmal wieder holt, als die Schrift abgedruckt wird, anstatt daß eine jede andere productive Arbeit an einem bestimmten Kör ben Schriftstellern sich mehrere finden, die den Ruhm dem Lohne vorziehen, und welche vielleicht schreiben blos um zu schreiben, ein Fall, der bei dem Künstler, welchem seine Arbeit oft reichern Genuß gewährt, schon bei weitem seltner ist, durch aus nicht einen Grund abgeben, zwischen den Wirkungen der Arbeit des Schriftstellers und jeder andern Arbeit einen gene tischen Unterschied zu begründe»; sondern ist Arbeit Grund des Eigenthums, so muß sie es auf dem Felde der geistigen Thätigkcit mit gleichem Rechte wie auf dem der körperlichen Anstrengung sein. per haftet, d. i. daß eine jede andere Arbeit so vielmal wieder holt werden muß, als sie Pcoducte derselben Art erzeugen soll. Nun mag man den Werth schriftstellerischer Arbeiten auch noch so hoch anschlagen, als Arbeiten, d. h. was den Aufwand von Zeit und Kraft betrifft, den sie verursa chen, stehen sie allen andern productiven Arbeiten gleich. Der höhere Werth, d. i. die vergleichungswcise größere Brauch barkeit schriftstellerischer Arbeiten kann zwar ihren Preis er höhen und sie steigert ihn in der That. Aber von der allge meinen Regel, daß der Lohn mit der Arbeit, das Eigen tumsrecht mit seinem Grunde im Verhältniß stehen müsse, kann die Arbeit des Schriftstellers durch ihren höhern Werth nicht ausgenommen werden*). Das Schrifteigenthum, als ein nutzbares Recht betrachtet, ist ohnehin eine Art von Monopolium. Um so weniger kann und darf dem Schrift steller die Eigenthümlichkeit seiner Gcisteswerke unbedingt zu statten kommen, daß seine Werke ohne sein Zuthun in unbestimmbarer Zahl vervielfältigt werden können**). — Aus allen diesem folgt zwar nicht unmittelbar, daß die Wirksamkeit des Schrifteigenthumes gerade auf eine be stimmte Zeit zu beschränken sei. Denn es sind auch an dere Arten denkbar, wie das Gleichgewicht zwischen dem Schrifteigenthume und dem allgemeinen Rechtsgrunde des Eigenthumcs wicderhcrgestellt werden könnte. Allein, man darf die verschiedenen möglichen Wege, welche etwa zu diesem Ziele führen könnten, auch nur obenhin mit einander ver gleichen, und man wird gewiß finden, daß jene Beschrän kung des Schriftcigcnthumes vor einer jeden andern in einer jeden Beziehung den Vorzug verdiene und mithin allein dem Rechte gemäß sei. Jedoch, nachdem der Schriftsteller sein Werk verfaßt *) Auch in diesem Satze vermissen wir die innere Noth- wcndigkcit. Nach unserm Dafürhalten ist die Arbeit dcS Schriftstellers eine vollkommen inkommensurable Größe, welche Niemand zu beurtheilen im Stande und berechtigt ist. Ein Vers, der Goethe eine Minute Lostet und welcher ihm hundert Louisd'or einträgt, kann einem Minderbegabten ein halbes Le ben kosten, allein auf die rechtliche Geltung des Produktes hat das Maß der geistigen Anstrengung keinen Einfluß. So wenig der mehr Eigcnlhümer ist, der mit vieler Mühe etwas hervorbringt, was ein kräftiger Mensch mit Leichtigkeit hcr- stellt, sowenig der glückliche Speculanr, dem eine gesunde Idee ein Vermögen einbriugt, von dem Maß seiner Arbeit Rechen schaft zu geben schuldig ist, so wenig läßt sich behaupten, daß nun das Eigcnthum des Autors beschränkt werden müsse, weil das Product seiner Arbeit nun eben die Eigenthümlichkeit dar bietet, sich auf mechanischem Wege vervielfältigen zu lassen, was nun nach Liepmann's Erfindung auch von den Oclgeniäi- den gilt. Es ist dicß eben ein Vortheil, der theilweis auch auf den Eigcnthümer eines Exemplars übergeht, der sein Buch an Hunderte vermicthen kann, denen es gleichen Nutzen bringt, ohne daß nun daraus gefolgert werde» dürfte, daß wegen dieser Eigenthümlichkeit deshalb die Dauer seines Eigenthums be schränkt werden müßte. **) Es befremde nicht, daß ich in dieser Deduktion nicht auf die Rechte des Publikums Rücksicht genommen habe. Das Publikum hat bei der Beschränkung der Wirksamkeit des Schrifteigenthuines auf eine gewisse Zeit zwar ein Interesse, aber nicht ein Recht, diese Beschränkung zu fordern. Das Publikum hat nur das Recht, zu kaufen oder nicht zu kaufen, zu lesen oder nicht zu lesen.