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880 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 51, 2. Mai. Gewerbebefugnisse der Antiquariats-Buchhändler.*) Bei dcr Abgrenzung der Gewerbebefugnisse der Antiquariats- und Sortimentsbuchhändler ist außer Zweifel, daß crstere mit alten Büchern Handel zu treiben berechtigt sind. Was man unter einem alten Buche versteht, war dagegen schon mehrmals Gegenstand des Streites. Das Herkommen hierüber ist verschieden nicht nur in Deutschland, sondern auch in Württemberg. Alt ist nach den Einen nur das gebrauchte Buch, wobei man letzteren Begriff durch das Requi sit des Gebundenseins im Gegensatz zu gehefteten, broschirten Büchern noch näher fassen will, nach Andern überhaupt das in den Händen des Gebrauchtes entbehrlich gewordene Buch. Die Centralstellc ging bei Verhandlung dieser Frage davon aus, daß vor Allem dem der- maligen Stande des Buchhändlcrgewcrbcs Rechnung zu tragen und hiernach der Begriff des antiquirten Buches festzustellcn sei. Neue Bücher und ungebrauchte Bücher erscheinen ibr nicht als identische Begriffe; alt, anliquirt ist nach ihrer Ansicht auch der in den Händen des Verlagsbuchhändlers befindliche Büchervocralh, der zu dem fest gestellten Ladenpreis keinen Abnehmer und durch Uebcrlassung an den Antiquar immer noch bessere Vcrwerthung findet, als durch Verkauf als Maculatur, und selbst in dem Umstand, daß noch einige Exemplare eines solchen Buchs sich in den Händen der Sortiments buchhändler befinden und als neu verkauft werden, sieht sie kein Hindcrniß, dasselbe als alt zu betrachten. Ihres Dafürhaltens ist demnach der Antiquar nach dcr Natur der Sache und dem bestehenden Herkommen zu handeln befugt! s) mit allen Büchern, gebraucht oder nicht gebraucht, gebunden oder ungebunden, welche der Besitzer des einzelnen Exemplares als ihm entbehrlich dem Antiquar überläßt; b) mit allen Büchern, gebunden oder ungebunden, welche der Verleger als veraltet (antiquirt) dem Antiquar auf feste Rechnung verkauft. Dagegen wird dcr Verkauf ungebrauchter Bücher in Commis sion einer Verlagsbuchhandlung, wie ihn der Sortimcntsbuchhänd- ler gewöhnlich betreibt, als nicht zur Befugniß der Antiquare gehörig anzuschen sein. Bei Tauschgeschäften dcr Antiquare kann der Fall Vorkommen, daß ein Buchhändler alle Bücher von einem Antiquar bezieht, und dafür neue aus seinem Verlag abgibt. Dieser Tausch fällt nach der Ansicht der Eentralstelle unter den oben unter s) erwähnten Erwerb von Einzeln - Exemplaren und nicht unter den gewerblichen Verkehr mit Verlagshandlungcn; cs ist dies nicht anders anzusehen, als wenn irgend sonst Jemand, als ein Buchhändler, dem Antiquar statt haaren Geldes andere, alte oder neue Bücher an Zahlungsstalt sendet. — Herkömmlich sind auch diejenigen Tauschgeschäfte, bei welchen ein Antiquar einem Kunden durch directe Bestellung bei dcr Verlagsbuchhandlung die neuere Auflage eines Werkes auf fcsteRcch- nung kommen läßt und als Theil des Kaufpreises die ältere Auflage an Zahlungsstatc annimmt. Dieser durch Herkommen sanclionirlc Gebrauch scheint ähnlich zu sein dem Verfahren der Sorliments- buchhandlungcn, welche für ihre Kunden die in fremden Ankiquar- katalogen angezcigten alten Bücher auf Verlangen in fester Rech nung kommen lassen. Wie cs einem Verleger ergehen kann! Da in b. Ostermesse 1858 den schuldigen Saldo von 13Thlr- 23s/» Ngr. nicht bezahlt, gab ich im October 1858 eine Anweisung in derselben Höhe auf ihn ab, l.ider kam diese mit der Bemerkung zurück, daß V Zahlung dafür nicht leiste. Auf meinen Brief an erhielt ich die Zusicherung, daß spätestens Ende Januar 1859 der *) Aus dem würtlemb. Gewerbeblatt. conforme Saldo bezahlt werden solle. Bis zum März wartete ich vergebens auf Erfüllung dieser Zusage, und da inzwischen im Laufe des Jahres 1858 noch für 20 Thlr. 23^ Ngr. bezogen hatte, ver klagte ich ihn endlich und natürlich auf die ganze Summe im Be trage von 34 Thlr. 17 Ngr., gestattete jedoch ausdrücklich Remis sion aller nicht verkauften Bücher. Der ehrenwcrthc Sor timenter ist aber sehr schlau, er manövcrirt dem nachsichtigen Verle ger gegenüber mit — Chicanen. Zunächst wird die Vollmacht des Sachwalters nicht anerkannt, weil die Unterschrift dcr gerichtlichen Rccognition entbehrt; diese mußte bei einer Entfernung von circa fünfzig Meilen innerhalb fünf Tagen beschafft werden; als diese nun in den Händen des Anwalts war, wurde abermals gegen die Klage appellirt, weil nicht nachgewicsen, daß der Verleger den Ko stenvorschuß cingcsandt, da er Ausländer (natürlich deutscher Aus länder) sei. Am 5 April wurde dem Vertreter des Verlegers dies eröffnet, den 6. wandte sich dcr Anwalt an einen Sortimenter im Orte, der ihm vom Verleger bezeichnet war, allein dieser verweigerte den erbetenen Kostenvorschuß von lOThlr., weil er ohne desfallsigen Auftrag sei (>'ll.jedenfalls beträgt der diesjährigeO.-M.-Saldo aber mehr, den der Verleger von jenem Eollegen zu erwarten hat); am 8. erhielt der Verleger die Nachricht, daß der Kostenvorschuß baar ein zusenden sei; am 12. ging der Geldbricf an den Anwalt ab, kam aber in jener Stadt um zwei Stunden zu spät an, denn bereits war der Kläger „angebrachter Maaße unter der Verurtheilung in die Kosten von 13 Thlr. 12.Ngr. abgcwicscn worden". Aller angewandten Mühe ungeachtet ließ sich das Präjudiz nicht abwenden, schreibt mein Anwalt, da ja doch fünf Tage Zeit gewesen seien, den verlangten Kostcnvorschuß zu beschaffen. — Dies, meine Herren Eollegen, ist ein Fall, aus dem Mancher mehr wie eine gute Lehre ziehen kann; sollte er je nöthig haben, gegen -O in U. zu klagen, so rathe dazu, jeden Brief mit umgehender Post zu beantworten. Lr. Entgegnung auf den Artikel „Wer Schmutz anfaßt, besudelt sich" in Nr. 7. d. Bl. Die Rcdact. des Börsenbl. ist nach ihrer Erklärung in Nr. 17. der Ansicht gewesen, die Aufnahme des nachstehenden Artikels, ins besondere wegen der darin verkommenden ungeziemenden Parallele mit der Heiligen Schrift beanstanden zu sollen. Nachdem jedoch Hc. Heilbutt hierüber Beschwerde geführt hat, habe ich den Redak teur angewiesen, die Erklärung desselben nachträglich zu veröffent lichen, weil ihm das Recht nicht verkümmert werden darf, sich in demselben Blatte zu vertheidigen, in welchem er angegriffen worden ist, das Für und Wider aber in dieser Angelegenheit nicht weiter zur Besprechung im Börsenbl. gelangen zu lassen. Zu der erwähnten Redactions-Bemcrkung in Nr.7. des Börsenbl. ist dcr Redacteur zur Zeit von mir besonders ermächtigt worden, und soll auch fernerhin darnach verfahren werden, indem Anzeigen zum Vertrieb erotischer Erzeugnisse, zu welchen die im Heilbutt'schcn Verlage erschienene Schrift gehört, im Börsenbl. nicht statthaft sind. Wenn Hr. Heilbutt sich bei dieser Anordnung nicht beruhigen will, so steht ihm die Beschwerde bei dcr bevorstehenden General versammlung offen, die endgültig zu entscheide» hat. Berlin, 28. April 1859. Der Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. Veit. In Nr. 7. d. Bl. werden feiger Weise aus dem Hinterhalt dcr Anonymität mit Jnvectiven reich gewürzte Phrasen der Entrüstung geschleudert gegen ein in meinem Verlage erscheinendes Brich über die Hamburger Prostitution. Es können nun allerdings verschie-