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4386 Nichtamtlicher Theil. 272, 20. November. ganz Deinem Überschläge. Der Umstand ist der, daß dieser Plan für Dich (oder Göschen) mehr als nicht nachtheilig, für mich aber von sehr großem Vortheil ist, denn ich bin für meine drei Stücke*) bisher erbärmlich bezahlt worden und ich glaube doch, daß mir das Publicum einigen Ersatz schuldig ist." „Es ist unstreitig das Beste", schreibt dann Körner am 8. Juli, „wenn Du Göschen Deine Schriften in Commission giebst. Ich schieße dann aus einer andern Kasse, die nicht in Göschen's Hand lung-ist, die Druckcrkosten vor, und mache mich von dem Ertrage bezahlt, den Göschen nach Abzug der Commissionsgebühren mir berechnet. Dir steht es alsdann frei, den Ertrag abzuwarten oder Dir von mir darauf vorschießen zu lassen. So werde ichs auch mit meinen eigenen schriftstellerischen Arbeiten macken und mit dem, was Huber in unfern Verlag giebt." Gleich nachdem Schwan und Götz abermals Schiller An laß zur Unzufriedenheit gegeben, schreibt dieser an Göschen (19. April 1788). „Schwan und Götz", sagt er, „wissen, daß ich durck Schriststellerey allein eristiren und auf jeden Profit sehen muß, dennoch behandeln sie mich so wucherhafflig, daß ich von einem Stück, das sie das Drittemal auflegen, zehn Carolin in allem gewonnen habe. Ich will mich also dißmal meines Vortheils bedienen und wenn Sie mit mir einverstanden seyn wollen, eine Neue durchaus verbesserte mit neuen Scenen vermehrte und mit einem ganz neuen Stück versehene Auflage meiner Schauspiele für die Michaelismesse anzcigen." Der ganze Plan hatte zunächst nur den Zweck, die Mannheimer zu einer Zahlung von Einhundert Thalern zu bringen, und sollte erst zur Verwirklichung kommen, falls dieserVersuch einer Erpressung mißglückte. — Daß der Versuch, wie es scheint, in jeder Weise fehlschlug, ist dem ungestümen Schriftsteller wohl zu gönnen, so sehr man den Dichter wegen seiner geringen Einnahme be- dauern mag. Von den Bestrebungen jener Jahrzehende, sich von der Fessel des Buckhandels zu lösen und von dem Schwanken zwischen Selbst verlag und buchhändlerischem Verlag gibt wohl kein Schriftsteller leben ein besseres Bild, als das Wieland's.**) Als kaum flügger, noch Lanz in Klopftock'schen Bahnen wandelnder „entlwukiLste, boxrrm^ti'mts, useste, et m^stigus" hegt er die Absicht, eine Buchhandlung in Zosingen zu gründen; nach seiner Vaterstadt zurückgckehrt, beschäftigt er sich mit derselben Idee, da sich in Bibe- rach ein Buchdrucker niederläßt. Unterdeß steht er immer auf dem freundschaftlichsten Fuße mit seinen bisherigen Verlegern in Zürich. Wie dann der Ruf nach Erfurt eintrifft, erwacht auch die alte Lust wieder. Des Erfurters Riedel Schwiegervater ist Buchhändler und Wieland denkt gern daran, mitRiedel ein Geschäft zu gründen. Der Beiden Namen würden sich in einer Firma gut machen. „In der Thal", schreibt derDichter, „sollten sich dieGelehrten angelegen sein lassen, die Buchhandlung, so viel nur immer möglich, denJdioten und Ostrogothischcn Kerlen, welche den größten Theil der Sofien unserer Zeit ausmachen, aus den Klauen zu reißen. Es würden sehr viele Vortheile für die gelehrte Republik daraus entspringen." Trotz alledem ist er dann vergnügt, wie er „Musarion" und „Jdris" an Weidmanns Erben und Reich verkauft und anständiges Honorar empfangen hat. Die Verbindung mit dem trefflichen Reich drängt vorläufig alle Gedanken an Selbstverlag in den Hintergrund, dann aber brechen sie neu hervor, wie F. H- Jacobi den Dichter zur Vollendung seines „Agathon" bestimmt. Dieser ist zwar im Verlag von Orell, Geßner und Compagnie in Zürich erschienen, nichts destoweniger aber war Jacobi's Vorschlag zu ver *) Die Ausgabe der Räuber, die neben der Mannheimer Theater-Aus gabe herging, erschien bei Löffler in Mannheim. **) Büchner, Wieland und die Weidmannsche Buchhandlung enthält darüber das Ausführliche. führerisch, um nicht darauf einzugehen. Jacobi selbst stellt sich an die Spitze des Unternehmens und lädt zu Subscription ein. Wie aber der Plan durch die Nachlässigkeit des Commissionsbuchhändlers zu scheitern droht, flüchten sich die beiden Freunde zu Reich, der den Verlag übernimmt, nachdem Wieland den Zürichern, die nun ihrer seits auch mit einem Nachdruck gedroht halten, Entschädigung gelei stet hatte. Der deutsche Merkur, der seit 1773 erscheint, ist Wie land's erster praktischer Versuch des Selbstverlags, der gelingt. Es folgen die „Abderiten" im Verlag von Weidmanns Erben und Reich, nicht ohne daß Zweifel aufsteigen, ob nicht auch dadurch des bisherigen Verlegers Recht litte. Und wieder wird nun Wieland nachdruckender Selbstverleger. Der erste Band seiner „Auserlesenen Gedichte", die Mauke in Jena druckt, enthält die 1769 bei Weidmanns Erben und Reich erschienene „Musarion"; das ganze Unternehmen geht dann, nach verschiedenen scharfen Wor ten von beiden Seiten, an die Leipziger Firma über. In deren Ver lag folgen einige weitere Schriften, Horaz' Briefe aber, die Wie land übersetzt, erscheinen im Verlag derDessauerVerlagscaffe. Der Tod Reich's erschüttert nun die Freundschaft in bedenk licher Weise. Honorarerhöhungen müssen nachträglich bewilligt werden, der Dichter zeigt sich leicht empfindlich, aber die Handlung trägt alles, um das Verhältniß nicht zu gefährden, namentlich, um sich den Verlag von Wieland's Werken zu sichern. Aber die Be mühungen sind umsonst. Wieland hat in dem jungen Göschen den Mann gefunden, der den Merkur debitirt und die Werke seines Gönners drucken soll. Und der Dichter setzt sich zum Schreibtisch, und legt, während die Wolken eines Prozesses drohend am Himmel aufsteigen, die Grundsätze, woraus das mercanlilische Verhältniß zwi schen Schriftsteller und Verleger bestimmt wird, in einer Denkschrift nieder, die er den Leipzigern zur Regelung ihrer Anschauungen mit theilt. Die in dieser Denkschrift ausgesprochene Ansicht geht dahin, daß der Autor dem Verleger ein unbedingtes Verlagsrecht seiner Arbeit nicht verkaufen kann, „so lange nehmlick kein allgemein gültiges positives Gesetz in Teutschland eristirt, welches den Büchernachdrnck für unerlaubt erklärt. Am allerwenigsten aber kann ein Autor seinem Verleger das Recht, eine unbestimmte willkürliche Anzahl von Eremplarien machen zu lassen, geben oder gegeben zu haben präsumirt werden, che und bevor er seinem Werke (über welches als ein Product seines Geistes er lebenslänglich ein unverlierbares Recht behält), die letzte Vollendung gegeben hat." Ist ein zwischen Autor und Verleger abgeschlossener Vertrag ein Oonti-retu.8 loouinui» zum Nachtheil einer Partei, so kommt ihm keine Nechtsbeständigkeit zu. Wie der Verleger den Verfasser gerichtlich anhaltcn könnte, daß er ihm den durch Verlagsübernahme erwachsenen Schaden ersetze, so hat der Verleger nicht das Recht, auf Grund eines Contracts, der sich als ein Oontrnotus leoninus zu seinen Gunsten erwiesen hat, auf die zweite und weitere Auflage des Werkes, das seinem Verfasser nicht den Lohn einbrachte, den er zu erwarten berechtigt war. Dem Verfasser aber steht es in solchem Falle zu, aufs neue über seine Arbeit zu verfügen. Wie zu erwarten, wurde die Leipziger Firma durch Wieland's Ausführungen nicht überzeugt, ebensowenig der Dichter durch ein Weidmannsches Promemoria. Der Prozeß begann, Wieland siegte und seine Werke erschienen bei Göschen. Alle diese Versuche, sich vom verlegenden Buchhandel ganz zu lösen und nur noch einen Commissionsbuchhandel gellen lassen zu wollen, gingen stets von Einzelnen aus, und so viel solcher Einzel ner auch zu dem Versuch schritten, so bekam doch erst die ganze Be wegung ein gefährliches Ansehen, sobald Einzelne sich zusammeu- thaten und in geschlossener Reihe, in der Form einer Gesellschaft, dem Verlagsbuchhandel den Krieg erklärten. Dies geschah, 1781,