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533 LZ49.H Ich warne Sie davor, auf Vorschläge einzugehen und Beschlüsse zu fassen, die unsere Wittwenkasse s<i csienrlas graec»5 verschieben. Ich habe mich überzeugt, daß von unfern Mitgliedern nicht 10 pEt. hier sind, die sich bei dieser Angelegenheit betheiligt haben. Der Beschluß besteht jedenfalls, daß der Börsen-Verein zu diesem Zwecke 1500 Thaler zu bewilligen bereit ist. Mainoni: Zur Berichtigung Dessen, was Hr. Oldenbourg gesagt, erlaube ich mir zu erwidern, daß der frühere Beschluß dadurch aufgehoben ist, daß sich bis Ende December nicht 200 Mitglieder bestimmt gemeldet haben, es sind nur hundert und einigt Mitglieder gewesen, mithin besteht der frühere Beschluß gar nicht mehr. Vorsteher: Es ist der Schluß der Debatte verlangt worden, es haben sich aber noch drei Redner gemeldet, die Herren Simion, Springer und Avenarius. Ich muß indeß zuerst fragen, ob der Schluß der Debatte angenommen wird und ersuche Diejenigen, welche dafür sind, sich zu erheben. (Die Majorität erhebt sich.) Der Schluß der Debatte ist angenommen. Nun werde ich also die Anträge in der schon im Voraus verkündigten Reihenfolge zur Ab stimmung bringen. Erstlich, den Mühlmann'schen Antrag: Wer dafür ist, den bitte ich, sich zu erheben. Mainoni: Es ist von Hrn. Simion der Antrag gestellt, über diese ganze Angelegenheit zur Tagesordnung überzugehen. Dieser Antrag müßte wohl zuerst zur Abstimmung kommen. Vorsteher: Dann frage ich also, will die Generalversammlung über diese ganze Wittwen-Kassen-Angelegenheit zur Tagesordnung übergehen und ersuche Diejenigen, die dafür sind, sich zu erheben. (Die Majorität erhebt sich.) Der Antrag auf Tagesordnung ist angenommen. Es kommt nun ein von Hrn. Schultze besonders eingebrachter Antrag zur Abstimmung, nämlich den Wittwen-Kassen-Ausschuß zu bitten, mit dem Berliner Unterstützungs-Vereine in Verkehr zu treten. Wird der Antrag unterstützt? (Dieß geschieht.) Er ist unterstützt, und ich ersuche nun Diejenigen, welche ihn annehmen wollen, sich zu erheben. (Die Majorität erhebt sich.) Der Antrag ist angenommen und wir können nun weiter gehen. Hey mann: Ich muß mir eine Bemerkung zur Fragestellung erlauben. Wenn neue Anträge gestellt worden sind, so hat eS immer geheißen, sie müssen bis nach der Tagesordnung verschoben werden; dieser Antrag des Hrn. Schultze aber ist sofort zur Abstim mung gekommen, und ich meine daher, daß es auch hiermit, wie bei den früheren Anträgen hätte gehalten werden müssen. Vorsteher: Es ist ja mit diesem Beschlüsse nichts prajudicirt, und eine Verhandlung über seine Zulässigkeit würde uns nur aufhalten. Es wäre jetzt der Bericht des Ausschusses über den englischen Vertrag wegen des gegenseitigen Verlagsrechts zu erstatten. Von den Mitgliedern dieses Ausschusses sind blos drei in Leipzig gegenwärtig und diese haben beschlossen, der Generalversammlung vor zuschlagen, diese Sache ruhen zu lassen, da sie noch nicht auf den letzten Punkt gediehen ist, dem Ausschüsse daher zu überlassen, die nöthigen Ausarbeitungen zu machen und wenn es möglich sein sollte, Anträge deshalb zu stellen. Im gegenwärtigen Augenblick wissen wir gar nicht, an welche Behörde in unserm deutschen Vaterlande wir uns mit solchen Anträgen zu wenden haben. Deshalb schlägt Ihnen der Ausschuß vor, die Sache vorläufig ruhen zu lassen und erst 1850 wieder vorzunehmen. Ich frage also, ist die Ver sammlung damit einverstanden? (Die Zustimmung erfolgt). Ich ersuche nun Hrn. Simion, seinen Antrag auf Abänderung der Statuten zu motiviren. Simion: M. H.! Ich werde mich möglichst kurz fassen, denn ich fühle wohl, daß unsere Zeit nach anderer Seite hin in Anspruch genommen wird. Ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, daß unsere Statuten, sowohl formell als materiell, dem gegenwärti gen Bedürfniß der Zeit nicht mehr entsprechen. In formeller Beziehung erinnere ich daran, daß eine ganz kleine Generalversammlung über die wichtigsten Angelegenheiten des Börsenvereins und deutschen Buchhandels entscheiden kann. Wir sind heule etwa 50 Mit glieder, es könnte aber auch sein, daß wir nur 10—15 wären, und dann würden wir eben so gültig entscheiden können. Ferner erinnere ich daran, daß eine relative Stimmenmehrheit von 15 Mitgliedern sämmtliche Beamten des Vorstandes erwählt. So sehr ich mich freue, daß Herr Ruthardt gewählt ist, so ist doch der Wahlmodus kein solcher, wie er uns wünschenswecth erscheinen muß. Was ich in materieller Beziehung berühren muß, so ist bekannt, daß unser Börsenverein wenig Interesse erregt. In materieller Beziehung reducirt sich die ganze Thätigkeit desselben meistens nur auf das Rechnungsgeschäft hier zur Messe. Die einzige Pflicht, die ein Mit glied sonst noch hat, ist die Verpflichtung, sich des Nachdrucks zu enthalten. Das hat allerdings seiner Zeit Früchte getragen; jetzt aber, glaube ich, ist sie ganz bedeutungslos. Unsere gesetzlichen Verhältnisse sind jetzt so geordnet, daß es einer solchen Bestimmung durch den Verein durchaus nicht mehr bedarf. Ich glaube sogar, wenn wir neue Statuten machen, würden wir uns lächerlich machen, wenn wir eine solche Bestimmung wieder mit aufnehmen wollten. Unser Verein muß jetzt den Zweck verfolgen, in anderer Beziehung das Wohlergehen und den Stand des Buchhandels zu fördern. Es haben sich Kreisvereine gegründet, und ich glaube, Sie sind gewiß mit mir darin einverstanden, daß die Wirksamkeit derselben sich ersprießlicher gezeigt hat, als die des Börsenvereins. Andrerseits hat sich uns die Ueberzeugung der Nothwendigkeit aufgedrängt, daß diese Kreisvereine in Verbindung treten müssen, daß ein Netz derselben sich über ganz Deutschland verbreite, sie aber auch mit dem Börsenverein in organische Verbindung treten. Es ist besonders die Eigen- thümlichkeit unseres Buchhandels der Art, daß im Allgemeinen alle deutschen Buchhändler in Verbindung stehen und in Leipsig der Centralpunkt ist. Es kann daher derjenige, der den Kreisvereinen nicht beitritt, auch auf andere Weise sich Hülfe schaffen ; insbesondere wenn er einige Mittel in der Hand hat, so kann er sogar den Kreisvereinen großen Schaden zufügen. Er kann sämmtliche Mitglie der seines Kreisvereins zwingen, ganz andere Statuten zu entwerfen, oder vermöge seiner Concurrenz sie veranlassen, sich ihnen nicht zu fügen. Unter diesen Umständen glaube ich, wird es nothwendig sein, daß die Kreisvereine in gewisse Verbindung treten. Es ist 1>aher empfehlenswerth, daß durch unseren Börsenverein eine Vertretung sämmllicher deutschen Kceisvereine gebildet wird. Denn auf Sechszchnter Jahrgang. 82