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237, 10. Oktober 1912. Nichtamtlicher Teil. VSrs-ntlatt s. «. Dllchn. vuch;»nd-r 12173 Ob das »gemalte Geräusch« laut genug für unsere i Wünsche spricht? Wir wollen es hoffen. In jedem Falle mutz aber die Arbeit nun erst recht an allen Ecken und Enden einsetzen, damit der Weg vom Buche als Gattungsbegriff zum Buche als Ein< zelwesen gefunden und der Gedanke an das Buch auch in die Tat umgesetzt wird. Wie das geschehen kann, soll hier nicht näher ausgeführt, sondern nur darauf hingewiescn werden, daß diese allgemeine Reklame des Sortiments für das Buch, über die das Schaufenster nicht vergessen werden darf, nun auch durch eine nachdrückliche Reklame des Verlags für das Buch unterstützt werden möge I Und zwar für das Buch, das diese Reklame auch verdient, nicht für das fabrikmäßig hcrgestellte Warenhausprodukt, auch nicht für das sogenannte billige Buch, wenn es weiter nichts als billig ist, sondern für das Buch, das einen Ge winn für das Publikum bedeutet und mit dem Verdienst, ohne den nun einmal auch der Buchhändler nicht bestehen kann, zugleich auch das Verdienst bringt! Denn wenn das Publikum in unseren Sortimentsläden nicht anderes findet als Bücher, wie sie ihm auch der Gevatter Buchbinder und die Warenhausverkäuferin vorlegen kann, wenn wir nicht Bücher und Menschen zufammenbringen können, daß sie ein dauerndes Verhältnis zueinander gewinnen, dann nützt uns unsere ganze Werbetätigkeit, nützen alle schönen Plakate und Zeitungsannoncen nichts. Durch das Pressebureau des Börsenvereins und die von ihm herauszugebende Korrespondenz, die in diesem Monat In Erscheinung treten sotten, wird versucht werden, die In« tcressen des Buchhandels in stärkerem Matze in der Öffent lichkeit zu vertreten; möge der Einzelne nun auch selbst dazu beitragen, damit wir dieses Interesse verdienen und auch diejenigen zu Weihnachten den Weg zu uns finden, die uns heute noch nicht suchen. Dazu soll ihnen das Plakat der Wegweiser sein. In der Öffentlichkeit aber würde eine ein heitliche Agitation in dieser Richtung den moralischen Kredit des Buchhandels in außergewöhnlichem Maße fördern und Zeugnis davon oblegen, daß wir es an innerer Geschlossen heit mit jedem anderen Berufe aufnehmen, wenn es die Ver fechtung allen gemeinsamer Interessen gilt. Sächsisch-Thüringischer Buchhändler-Verband. E. V. 29. ordentliche Verbandsversammlung am Sonntag, den 22. September 1912, vormittags 11 Uhr, im Saale des „Hotel Löwe" zu Rudolstadt. (Schluß zu Nr. 234, 235 u. 23« d. Bl.j Ich komme nun, sehr geehrte Herren Kollegen, zu einer Angelegenheit, die Ihrem Vorstande ganz besonders am Her- zen liegt. Ich meine den engeren Zusammenschluß der Kol- legcnschaft an einem Platze, sei es nun zur Begründung etnesOrtsvcreins, sei es auch nur zu kollegialem Ver kehr und gemeinsamem Vorgehen in einzelnen Fällen. Ihr Vorstand wird mit Vergnügen jederzeit dazu bereit sein, dabei nach Kräften hilfreiche Hand anzulegen, indem er auf widerstrebende Firmen schriftlich oder persönlich ein zuwirken versucht und die Gründung durch Leitung einer Zu sammenkunft und Erstattung eines Referates fördert. Es braucht sich dabei nicht gleich um einen Verein mit Statuten und einem vielköpfigen Vorstande zu handeln. Auch eine rein gesellige, kollegiale Zusammenkunft kann sich mit wichtigen beruflichen Fragen beschäftigen und diese lokal regeln, natür lich immer im Zusammenhang mit unserem Verband und nicht autzerhalb desselben. Hartnäckige Außenseiter werden schon den Anschluß suchen, sobald sie spüren, daß sie durch ihr Fernbleiben bei für sie wirtschaftlich wichtigen Ange- ! legenheitcn isoliert dastehcn. Es sei mir gestattet, folgende Sätze aus einem Referate unseres Ehrenvorsitzenden Herrn Kretschmann zu zitieren: »Den größten Vorzug würde ich darin erblicken, daß durch diese Ortsvereine eine bessere Verständigung der Ortskollegen durch persönliches Kennenlernen ermöglicht würde und dadurch manche häßliche Konkurrenzauswüchse gar nicht erst in die Erscheinung treten würden. Das Miß trauen, das jeder Konkurrent dem anderen entgegenzubringen pflegt, ivird mehr und mehr und nach und nach schwinden, wenn sich die Betreffenden mal am dritten Ort unter Wah rung der Parlamentarischen Form aussprechen können, und es ivird sehr häufig ein Gefühl warmen persönlichen Interesses für den früheren geschäftlichen Gegner, für den nunmehrigen »Kollegen« an Stelle des »Konkurrenzneides« treten. Meine Herren, das sind keine utopislischen Wünsche, sondern Er fahrungen, die ich in der eigenen Ortsvereinigung, die sonst ganz zwanglos, ohne Statuten, ohne Vereinsbeitrag besteht, sowie in anderen größeren örtlichen Vereinigungen, als deren Vorbild mir Hamburg-Altona erscheint, zu gewinnen Gelegen heit hatte.« Die wirtschaftlichen Fragen, die hier behandelt und ge regelt werden können, können beispielsweise folgende sein: Gemeinsame Beteiligung an Submissionen der Stadtver waltungen usw. für Lieferungen von Büchern (in Leipzig mit gutem Erfolg durchgeführl), die Einführung einer Bestell gebühr bei Zeitschriften, gemeinsame Reklame mit Inseraten und Plakaten, gemeinsame Herstellung von Schulbücherver- zeichnisscn und Einholung diesbezüglicher Auskünfte bei den Schulen, gemeinsamer Bezug von Schulbüchern und Aus tausch liegengebliebener Schulbücher, gemeinsame Einrichtung von Journalzirkeln und Leseinstituten, Austausch von Erfah rungen über faule Kunden und vieles andere mehr. Lassen Sie mich, meine Herren, die ernste Mahnung an Sie richten, aus einen kollegialen Zusammenschluß hinzuarbei te» und aus Ihrer Mitte einen kleinlichen, unseres Standes unwürdigen Konkurrenzneid zu verbannen! Viele wichtige Aufgaben, die Ihnen in der Zukunft bevorstehen, werden Sie nur durch einmütiges Zusammengehen lösen können. Die Berichte in den letzten Jahren neu entstandener und älterer Ortsvereine im Börsenblatt tun die vortreffliche Wirksamkeit derselben dar; ich sichre als ein Beispiel von vielen nur folgende Sätze aus dem Geschäftsberichte des Karlsruher Sortimentervereins an: Es hat sich gezeigt, daß es von großem Wert ist, wenn alle Angelegenheiten de» Behörden nnd dem Publikum gegenüber vom Verein aus erledigt werden, und vieles ist in den zwei Jahren auch schon erreicht worden. Um einiges zu erwähnen, sei mitgeteilt, daß ei» Verzeichnis sämtlicher Karlsruher Schulen und Behörden aufgestellt und ge druckt wurde, mit welchem Rabatt an diese geliefert werden darf; ferner wurde ein Preisaufschlag auf sämtliche Zeitschriften fest gesetzt; zu Weihnachten und Ostern sind gemeinsame Inserate in der Tagespresse erschienen, in denen dem Bezug von auswärtigen Firmen entgcgcngewirkt und ans das Buch als bestes Geschenk hingcwiesen worden ist. - Beim Frcmdcnvcrkchrsvcrein wurde erreicht, daß alle Publikationen, zum Teil mit angemessenem Rabatt, de» Buchhandlungen geliefert werde». Anfangs dieses Jahres ging an sämtliche Behörden ein Schreiben ab, worin nm Vergebung aller Aufträge am Platze ersucht wurde. — Bon Erfolg war ferner das Bemühen, die Schulbücherliescrnng für bedürftige Schüler sim Betrage von mehreren tausend Mark), die seither in den Händen eines Papiergeschäfts war, zu erhalten. — Ebenso konnte nnscr Verein bei der Preisfestsetzung der neuen Ausgabe des badische» Gesangbuches seinen Wünschen Geltung verschaffen, so daß jetzt das rohe Exemplar um mehr als die Hälfte billiger geliefert wird, als ursprünglich angesetzt war. 1585