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^ 93, 23. April 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 5011 Vertragswidriges Verhalten durch Verletzung eines Konkurrenzverbotes nach Verkauf einer Zeitschrift. Verstößt die dabei ver einbarte Vertragsstrafe gegen die guten Sitten? Anfang 1911 kaufte der Beklagte, ein Berliner Verlags buchhändler, vom Kläger das Verlagsrecht der Publikationen »Inserate- und »Künstler-Inserate-, zweier für die Zeitungsexpeditionen bestimmten Zeitschriften. Er stellte gleich zeitig den Kläger durch Beitrag als redaktionellen Mit arbeiter gegen ein Monatsgehalt von . . und einen Ge winnanteil von . . . Prozent des Reingewinns unkündbar auf . . . Jahre an. Der Z 5 des Vertrages enthält ein Konkurrenzverbot und bestimmt: Solange dieser Vertrag dauert und zwei Kalender jahre nach Ablauf darf Herr S. — der Kläger — sich weder direkt, noch indirekt an einem gleichen oder ähn lichen Publikationsunternehmen, welches den Zeitungen Propagandamaterial liefert, beteiligen, es sei denn, er ver zichtet sofort auf seinen Gewinnanteil und sein Vorkaufs recht und zahlt eine Konventionalstrafe von 10000 Wenige Monate nach dem Abschluß des Verkaufes gründete der Kläger eine Zeitschrift -Der Monat«, Zeit schrift für moderne Geschäftsführung. In der Heraus gabe dieser Zeitschrift erblickte der Beklagte einen Verstoß gegen das Konkurrenzverbot, der ihn zur sofortigen Entlassung des Klägers veranlaßte. In seinem Aufträge hat der Rechtsanwalt I)r. H. dem Kläger am 19. Juni 1911 die Stellung gekündigt. Der Kläger hält diese Entlassung nicht für gerechtfertigt und hat, nachdem er seine Dienste auch fernerhin zur Ver fügung gestellt hatte, im Klagewege die Zahlung seines Gehalts für die Restdauer des Vertrages gefordert. Der Beklagte ist dabei verblieben, daß er wegen der Herausgabe der Zeitschrift »Der Monat- zur sofortigen Entlassung des Klägers berechtigt gewesen sei, und hat geltend gemacht, daß -Der Monat- ein gleichartiges oder ähnliches Unternehmen wie die »Inserate- und »Künstler- Inserate« sei, daß sein Hauptzweck derselbe sei wie der der »Inserate- und der »Künstler-Inserate«, nämlich den Zeitungen die Möglichkeit zu verschaffen, der inserierenden Geschäftswelt für ihre Inserate wirkungsvolle Klischees zu liefern und dadurch zur Insertion anzuregen. Das habe der Kläger auch dem Verleger der F. Zeitung gegenüber anerkannt, indem er aus die im »Monat- befindlichen Klischees besonders aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen habe, daß die Bezugskosten durch den Verdienst aus den Klischees reichlich ausgewogen würden. Daß es sich bei dem »Monat» und insbesondere bei den »Künstler-Inseraten- um ähnliche Unternehmungen handle, gehe auch daraus hervor, daß beide Publikationen monatlich mit je 10 Klischees zum Preise von 3—4 erschienen, daß die einen Klischees als Künstler- Inserate, dis anderen als künstlerische Jnseraten-Entwürfe bezeichnet würden und durch die Zeitungen, die dafür Rabatt bekämen, zu beziehen seien. Der Beklagte meint deshalb, daß die Vertragsstrafe in Höhe von 10 000 fällig geworden und der Kläger des ihm im Vertrage vorbehaltenen Vorkaufsrechts und seines Gewinnanteils verlustig gegangen sei. Die Vertragsstrafe hat der Beklagte im Betrage von 3000 ^ geltend gemacht und widerklagend die Feststellung des Verlustes des Vorkaufs rechts und des Gewinnanteils begehrt. Der Kläger hat jeden Verstoß gegen das Konkurrenz verbot in Abrede gestellt. Er behauptet, daß durch die Konkurrenzklausel nur die Lieferung von Propaganda material für Zeitungen, wie sie durch die »Inserate» und »Künstler-Inserate» bewirkt würde, ausgeschlossen sei, und hat bestritlen, daß der Verlag des »Monats ein gleiches oder ähnliches Unternehmen sei. Die »Inserate» und »Künstler-Inserate» seien Zeitungs korrespondenzen, als solche seien sie nicht zur Verbreitung an das Lesepublikum bestimmt und bezweckten, die Zeitungs verleger selbst mit Lesestoff und sonstigem für den Inseraten teil einer Zeitung erforderlichen Material zu versorgen. Das Entgelt werde lediglich von den Verlegern be zahlt. Der »Monat- sei eine Zeitschrift. Seiner Über schrift entsprechend bringe er Artikel, welche die Inhaber von Geschäften über rechtliche Fragen, Organisationsfragen, über eine zweckmäßige Behandlung des Publikums, Schaufenster dekoration und sonstige Reklame betreffende Fragen belehre. In diesem Zusammenhänge veröffentlicht die Zeitschrift auch künst lerische Inseraten entwürfe. Sie werde als Zeitungsbeilage ver trieben und an Abonnenten direkt abgegeben, sei also für das Lesepublikum selbst bestimmt. Der Kläger hat ferner bestritten, daß der Vertrieb von Jnseratenentwürfen der Hauptzweck des »Monats» sei, und be hauptet, die meisten Abonnenten abonnierten den »Monat - des Textteils wegen. Schließlich hat der Kläger noch geltend gemacht, daß die für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Konkurrenz klausel vertraglich festgesetzten Folgen weit über das zulässige Maß hinausgingen und daß daher der Vertrag gegen die guten Sitten verstoße und nichtig sei. Er meint ferner, daß die Vertragsstrafe unverhältnismäßig hoch sei, und hat deren Herabsetzung beantragt. Das angerufene Landgericht Berlin II erkannte dahin, daß der Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger das Gehalt für die Restdauer des Vertrages zu zahlen, daß auf die Wider klage der Kläger verurteilt wurde, an den Beklagten als Vertragsstrafe 2800 ^ zu zahlen, daß ferner festgestellt wurde, daß dem Kläger das im Anstellungsvertrage zugestcherte Vor kaufsrecht sowie das Recht auf . . . Prozent des Reingewinnes aus dem Jahresertrage, dem Verkauf usw. nicht zustehe. In seiner Begründung führte das Gericht folgendes aus: Die Entscheidung über die Ansprüche des Beklagten hängt in erster Linie davon ab, ob der Kläger gegen das im Vertrage enthaltene Konkurrenzverbot verstoßen hat. Nach der Konkurrenzklausel des Z 5 des Vertrages ist dem Kläger als redaktionellem Mitarbeiter der »Inserate» und »Künstler-Inserate« während der Dauer des Vertrags verhältnisses und zwei Kalenderjahre nach Beendigung des selben jede direkte oder indirekte Beteiligung an einem gleichen oder ähnlichen Publikationsunternehmen, das den Zeitungen Propagandamaterial liefert, verboten. Bei der Prüfung der Frage, ob der »Monat- ein derartiges Unter- nehmen sei, kann die verschiedenartige Ausgestaltung der Publikationsorgane nicht von maßgebender Bedeutung sein, das Entscheidende ist vielmehr, ob der »Monat- auf dem Gebiete der »Inserate» und »Künstler-Inserate- diesen entgegen dem Z 5 des Vertrages unlautere Konkurrenz zu machen geeignet ist. Das ist auf Grund des vom Gericht vernommenen Sachverständigen K. und des vom Angeklagten eingereichten Prioatgutachtcns des gericht lichen Sachverständigen V. anzunehmen. Die Jnseraten- entwürfe im »Monat- und in den Publikationsorganen des Beklagten, insbesondere in den Künstler-Inseraten, sind von gleicher Art und Beschaffenheit. Das ergibt das Gutachten des Sachverständigen V. Auch der Zweck der Publikationsorgane ist derselbe, wenn auch der Beklagte sich mit seinen Zeitschriften an die Zeitungsverleger selbst, der Kläger mit dem »Monat» sich an die gesamte Geschäftswelt wendet. «82»