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Umschlag zu >V 178. Dienstag, den 4 August 1914. Radium als Heilmittel. Uber diese wichtige Frage äußert sich der Leiter des Radium-InsiitutS der Kgl. Charite zu Berlin, Privardozent I)r. Flitz Gudzent in einer sehr beachtenswerten Studie, die im Augustheft der „Deutschen Rundschau" erscheint. Gudzent kommt zu einem Schlußergcbnie, das er folgendermaßen formuliert: Alle Geschwülste, die durch Operation zu entfernen sind, sollen im Interesse des Kranken zunächst nicht mit Radium behandelt werden. Für die Bestrahlungsbehandlung komme» vor läufig nur jene Geschwulsterkrankungen in Frage, die durch eine Operation garnicht oder nur in unvoll kommener Weise zu beseitigen sind. Hier vermögen aber die radioaktiven Substanzen außerordentlich wohl tätig zu wirken. Wir sehen bei geeigneter Technik Nachlassen der Schmerzen, Zurückgehen der oft übel riechenden Sekretion und Verkleinerung der Geschwulst. Auf diese Weise haben manche Neubildungen operabel gemacht und erfolgreich operiert werden können; manche, die einen besonders günstigen Sitz hatten, sind soweit beeinflußt worden, daß äußerlich ein vollkommenes Verschwinden der Geschwulst hat konstatiert werden müssen. Besonders augenfällig ist diese Wirkung beim Sarkom beziehungsweise Lymphosarkom zu beobachten. Es ist keine Seltenheit, daß faustgroße Geschwülste vollständig schrumpfen. Der Krebs ist viel widerstandsfähiger, doch gelingt es recht oft, auch ihn in der oben bezeichnet«! Weise zu beeinflussen. — Wir haben erkennen müssen, daß gerade bei den gefährlichen Krankheiten die Grenzen des gegenwärtigen Könnens noch recht eng zu ziehen sind. Ob diese Grenzen sich werden weiter legen lassen, ist im gegen wärtigen Stadium der Forschung nicht abzusehen. Die Forschung ist allenthalben auf dem Wege, die Heil möglichkeiten der strahlenden Materie zu ergründen und durch die klinische Beobachtung ihre» Wert fest- zustellen. Regierung, Städte und hochherzige Stifter versuchen jetzt durch Bereitstellung größerer Geldmittel den Forschern und Ärzten die Beschaffung des kostbaren Materials in ausgedehnterem Maße, als es leider bisher der Fall war, zu ermöglichen. Im Interesse der armen Kranken sei der wissenschaftlichen und klinischen Forschung ein voller Erfolg beschieden. Das Augustheft der „Deutschen Rundschau", während dessen Drucklegung der hochbetagte Herausgeber, Prof. l)r. Julius Rodenberg aus seinem arbeite- und erfolgreichen Leben abberufen wurde, trägt auch äußerlich das Zeichen der Trauer. Das Heft ist geschmückt mit einem lebensvollen Bild des Verstorbenen und bringt den Nachruf, den Or. Bruno Hake, der Nachfolger RodcnbergS, an seinem Sarge gesprochen hat. Aus dem reichen Inhalt des Heftes heben wir hervor: die Fortsetzung der Erzählung „Der Liberi" von Ernst Zahn, die bedeutsame Abhandlung des Historikers Richard Fester über die Genesis der Emser Depesche. Lady Blennerhassett setzt ihre Erinnerungen an das Viktorianische England fort. Ernst Steinmann schildert ein denkwürdiges Frauenfchicksal in dem Aufsatz über Sitti Maani Gioerida. Über den Fetischismus im alten Rom spricht Alfred Gercke, und Friedrich Wiegand behandelt in dem Aufsatz „Der Verein der Maikäser in Berlin" eine interessante Er scheinung des Pietismus. Prof. B. Mendelsohn behandelt die geologischen Grundlagen der Kulturentwicklung in den Balkanländern. Eingehende Besprechungen: Generalleutnant z. D. v. Zwehl über die gesammelten Schriften des Generalfeldmarschalls Grafen V. Schlteffen, Or. Georg Sobotka über Dürers Kupferstiche, Or. Jonas Fräntel über Hayms Romantische Schule nebst kleineren literarischen Notizen schließen das Heft ab. Vollheft-Ausgabe Halbheft-Ausgabe Einzelheft Mark 1.5O ard. Einzelheft Mark2.5O ord. Verlag von Gebrüder Paetel (Or. Georg Paetel), Berlin