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^ 111, 18. Mai 1S1V. Künftig erscheinende Bücher. BSrs-obl-il, v. Dllchn. >b»chh»nd-l. 5931 Verlag für Litteratur und Kunst Albert Langen München Nur hier angezeigt! Demnächst erscheint in unserm Verlage folgende wichtige Novität, die wir auf Bestellung versenden: H H H inter Schloß und Riegel Eine unmoralische Erzählung, nicht von Schuld und Sühne, sondern von Verbrechen und Strafe Llrnschlagzeichnung von Professor Walter Tiemann Ladenpreis geheftet 2 Mark 50 Pf., in Leinen gebunden 4 Mark (Dieses ernste Buch, das in der pathoslosen Schlichtheit, mit der cs vom Leben im Zuchthaus berichtet, um so ^ eindringlicher und erschütternder wirkt, muß großes Aufsehen erregen, zumal heute, in einer Zeit, wo die Reform des Strafrechtes, und damit hoffentlich auch des Strafvollzuges, auf der Tagesordnung steht. — Vom Eintritt in das Untersuchungsgefängnis bis zum Austritt aus der Strafanstalt führt der Verfasser den Leser durch die düstere Welt, die zwischen diesen beiden Toren liegt. In vier „hinter Schloß und Riegel" ver lebten Jahren hat er sie kennen lernen und von ihr und dem Wert der modernen Strafrechtspflege eine wesentlich andere Vorstellung gewonnen, als er, obwohl selbst Jurist, bis zu dem Tage gehabt hatte, da er der Justiz als passives Opfer in die Lände fiel. Nicht, daß er sich als ein unschuldiges Opfer eines Justizirrtums gebärdete, — nein, er ist tief durchdrungen und im Innersten erschüttert von dem Bewußtsein seiner Schuld, deren aus geringfügigen Anfängen entstehendes lawincnhaftes Anwachsen bis zum angstvoll erwarteten Zu sammenbruch er beiläufig schildert. Aber gerade aus seinem Schuldbewußtscin und seinem Sühncbedürfnis er wächst ihm in der monatelangcn Antersuchungshaft und in den langen Jahren der Einsamkeit im Zuchthaus, deren seelische Wirkungen er mit künstlerischer Kraft schildert, die Erkenntnis von der Unzulänglichkeit mensch lichen Richtertums, das wohl mit plumper Faust ein Verbrechen zu strafen, aber nicht einer Schuld die Sühne zu finden versteht. Als nach allen den seelischen Qualen, de» geistigen und körperlichen Entbehrungen die Schlösser und Riegel sich wieder vor ihm öffnen, schreitet er nicht durch Sühne von einer Schuld befreit, sondern durch Strafe gebrochen hinaus in die Welt, wo nicht die Schuld, sondern die Strafe ächtet. — An moralisch nennt der Verfasser seine Erzählung und überläßt es dem Leser, ob er die Anmoral in der Denk weise des Verfassers oder in dem Zwiespalt zwischen den Anmaßungen und den Erfolgen der Strafjustiz sehen will. München, im Mai 1910.