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223, 24. September 1896. Nichtamtlicher Teil. 59'.I Der Firmenschutz ist als ein Schutz rein örtlicher Natur gedacht, d. h. er soll sich nur auf den Gemeindebezirk der Niederlassung, nicht aber darüber hinaus erstrecken Ob hier nicht mit der Zeit eine Erweiterung Platz greifen dürfte, wird sich zeigen und davon abhängen, ob das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb hier die nötige erweiterte Hand habe bietet. Bei Verlegung des Handelsgewerbes an einen anderen Ort treten die gleichen Anmcldungs- und Eintragungs pflichten ein. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Einzel-, Kollektiv- oder Gesellschaftsfirma soll künftig stets von amtswegen im Handelsregister verlautbart werden. Das Gleiche soll von der Konkursbcendigung gelten. Die Ein tragung bewirkt aber hier nicht, das; die Thatsache dritten Personen gegenüber bedingungsweise als »bekannt« zu gelten hat oder im Falle der Unterlassung der Eintragung bedingter weise als unbekannt gilt. Handelsvereinigungen mit juristischer Persönlichkeit sollen gleichfalls dem Rcgisterzwang unterliegen, wenn Gegen stand, Art und Umfang ihres Gewerbebetriebes dies erforder lich machen. Die Anmeldung re. soll durch sämtliche Vorstands mitglieder erfolgen, und es sind die Satzungen in beglaubigter Abschrift beizufügen. Firma, Sitz, Satzungserrichtungstag, Gegenstand des Unternehmens, Angabe sämtlicher Vorstands mitglieder sind mit anzumelden bezw. cinzutragcn, ebenso Auflösung und Liquidatoren und deren Unterschriften. Schadenersatzansprüche aus unbefugter Firmenführung sollen von Dritten nur im Falle eiues Verschuldens des die Firma unbefugt Führenden gerichtlich geltend gemacht werden können. Die Handelsbücher sollen nach den allgemein geltenden Grundsätzen »ordnungsgeinäher Buchführung« geführt werden, mithin nach denjenigen Gebräuchen, die von sorgfältigen Kauflcuten eingehalten zu werden pflegen, in deren Zweig das betreffende Unternehmen seiner Art und seinem Umfang nach fällt. Eine Kopierpflicht soll nur für abgesendete Handelsbricfe bestehen; diese Bricfabschriftcn sollen nicht mehr in ein bestimmtes Buch (Kopicrbuch) einzutragen, sondern nur geordnet aufzubewahren sein. Man neigt also gesetzgeberisch mehr zu einer Sach- oder Personalaktcnanlage in Geschäfts angelegenheiten. Inventur- und Bilanzaufnahme sollen stets so erfolgen, das; sie für den Schluß des Jahres berechnet sind; die Zeit zu deren Anfertigung soll dagegen verschieden gewählt werden können, aber stets innerhalb eines Zeitraumes erfolgen, der dem ordnungsgemäßen Geschäftsgänge entspricht. Nur für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, eingetragene Genossenschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftpflicht und voraussichtlich für handelsgewerbetreibende Vereine sollen bestimmte Anfertigungsfristen laufen. Für die in Inventur und Bilanz cinzusetzenden Aktiv- und Passiv- werte bezw. deren Ansatz und Berechnung soll künftig der Zeitpunkt maßgebend sein, für welchen die Inventur- und Bilanzaufstellung erfolgt. Bei Aktiengesellschaften soll es auch hier bei den bisher geltenden abweichenden Grundsätzen ver bleiben (siche Artikel 185^ Handelsgesetzbuch). In Handelssachen soll auch ferner der Richter, ohne an die Bestimmungen der Civilprozcßordnung über die Vorlage pflicht von Urkunden (H 387, Z 388 C.-P.-O.) gebunden zu sein, von amtswegen oder auf Parteiverlangen die Vorlage der Handelsbücher anordnen können, d h. hierzu allgemein befugt sein. Daneben sollen aber für die Partei, deren An trag auf Vorlage gegnerischer Handelsbücher abgewiesen ist, die erzwingbaren Bestimmungen der Cioilprozeßordnung über Urkundenedition bestehen bleiben. Lediglich, um die ordnungs mäßige Führung der Handelsbücher zu prüfen und festzu stellen, soll der Prozeßrichter auch von den übrigen Teilen derselben Einsicht nehmen dürfen. Eine Vorlage der Handels- Drelundsechzigster Jahrgang. bücher behufs vollständiger Kenntnisnahme von deren ganzem Inhalt soll künftig seitens des Richters und der Gegenpartei außer in Erb-Gütergemeinschafts- und Gesellschafts-Teilungs- sachcn noch richterlich — sei es von amtswegen oder auf Antrag — angeordnct werden können bei allen Vermögens- auseinandcrsetzungcn, ebenso in Konkurssachcn. Kleine Mitteilungen. Vom Reichsgericht. — Wegen Majestätsbeleidigung ist vom Landgerichte Gera am 11. Mai d. I. der Verlagsbuchhändlcr Julius Becker dort zu zwei Monaten Festungshaft verurteilt worden. Das Delikt soll begangen sein durch Veröffentlichung der Broschüre: -ThingI Kurt Reuß in öffentlicher Audienz bei Sr. Majestät dem Kaiser«. Die vom Angeklagten eingelegte Revision kam am Sonnabend den 19. September vor dem 3. Strafsenat des Reichsgerichts zur Verhandlung. Auf Antrag des Reichsamvalts wurde wegen zu befürchtender Gefährdung der öffentlichen Ordnung die Oeffentlichkeit der Verhandlung ausgeschlossen. — Das Urteil lautete dahin, daß die Revision dem Anträge des Rcichsanwalts entsprechend zu verwerfen sei. Vom österreichischen Buchhandel. — Der Vorstand des Vereins der österreichisch-ungarischen Buchhändler teilt in der öster reichisch-ungarischen Buchhändler-Correspondenz mit, daß die Firmen Moritz Trill in Brünn und C. Rößler's Nachfolger, Papier handlung in Wien VII, Sicbensterngasse 52, teils durch Gewährung von Geschenken beim Einkauf von Schulbüchern, teils durch ausfällige Anbietung von 10"/g Rabatt auf Schulbücher gegen die Satzungen und Verkaufsbedingungen des Vereins der österreich-ungarischen Buch Händler verstoßen. Da keiner der Inhaber genannter Firmen dem Vereine angehört, so begnügt sich der Vorstand damit, die dem Vereine angehörenden Verleger aufzufordern, sofort ihre Konse quenzen zu ziehen, und warnt die Kommissiönäre und Sortimenter davor, den betreffenden Firmen fremden Verlag zu vermitteln. Zur Lohnbewegung bei den Buchbindern. — Aus Ber lin wird unter dem 22. d. M gemeldet: Die Buchbinder und die in Buchbindereien, Luxuspapier- und Kartonnage-Fabriken be schnei,,len Arbeiter und Arbeiterinnen beschlossen gestern Abend in einer von etwa 2000 Personen besuchten Versammlung, nur bis heute, Dienstag, zu arbeiten, wofern nichl die neunstündige Arbeits zeit und sür die Gehilfen 21 für. Arbeiterinnen 13 50 -Z und sür geübte Falzerinnen 15 ^ Mindestlohn bewilligt würden. Bis her haben 32 Firmen diese Forderungen zugestanden. Ausstcllungspreise. — Die Verlagsbuchhandlung und gra phische Anstalt von A. F. Mareks in St. Petersburg hat sür ihre Ausstellung auf der großen allrussischen Ausstellung zu Nischni.Now gorod die höchsten Auszeichnungen erhalten: Für die Buch- und Steindruckerei die Berechtigung, den kaiserlichen Reichs adler zu führen, und für die Herausgabe der -Niwa- und den sonstigen Verlag das Diplom ersten Ranges für Volksauf klärung. Man darf dem rührigen Chef der Firma, einem ge borenen Stettiner, hierzu aufrichtig Glück wünschen. Neue Bücher, Kataloge rc. für Buchhändler. Vsr^sielwis iidsrZVorüs clor Illolrtrotsobnilr, INslrtromstallurZis u. INsIrtroeiiswig clor Vsrlagsbuebbaucllaug von Oslrar llsiusr tu lisiprig. 8". 24 8sitsu mit L.bdi>ckuugou. Geschäftsjubiläum. — Am 24. August d. I. ja. St.) beging der Musikalienhändler Herr Josef Jürgenson in St. Petersburg den Gedenktag der vor fünfundzwanzig Jahren erfolgten Gründung seines angesehenen Geschäfts. Die St. Petersburger Zeitung widmet dem Jubilar zu diesem Ehrentage folgenden glückwünschenden und anerkennenden Artikel: Heute, am 24 August, beging der bekannte hiesige Musikalien händler und Verleger Josef Jürgenson, eine in allen Musikkreisen der Residenz populäre und geschätzte Persönlichkeit, den fünfundzwanzig- jährigcn Gedenktag der Gründung seines eigenen Geschäftes in St. Petersburg. -Beging» ist übrigens zuviel gesagt, denn der Jubilar hatte aus Bescheidenheit von jeder öffentlichen Feier dieses Jubiläums abgesehen und verbrachte den Tag selbst fern von der Residenz am bal tischen Strande im Kreise der Familie. Nichtsdestoweniger wollen wir ihm und seiner Firma im Nachstehenden einige Worte widmen, die im Kreise seiner zahlreichen musikalischen und auch nicht musikalischen Freunde zweifellos gern gelesen werden dürften. Josef Jürgenson hat erst vor drei Jahren (am 1. November 1893) sein fünfzigjähriges Jubiläum als Musikalienhändler gefeiert, er ist also heute schon drciundfünszig Jahre in seinem sympathischen und nützlichen Fach thätig. Der Jubilar ist in der Petersburger Musik- 789