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-1k 2S, 29. Januar 1912. Nichtamtlicher Teil. Bi-s-nN»« s. ». DM». Suchhandel. 1215 Fähigkeit, dem Publikum sachgemäßen Rat zu geben, die schärsste Grenze gegenüber dem bloßen Bitcherhändler be zeichnet. so ist doch auch nicht zu leugnen, daß gewohnheits rechtlich ein großer Teil des Publikums, das selbst zu wählen imstande ist. diese Mühe dem Buchhändler überläßt. Trotz dem halte ich das Resultat sllr erfreulich, das den Fortbe stand dieser -beratenden« Stellung mit 20 gegen 7 Stimmen im wesentlichen konstatiert. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß gerade bei dieser Angelegenheit die individuelle Persönlichkeit des Verkäufers eine Hauptrolle spielt. Das tritt auch in der Verschieden heit der Antworten scharf zutage, von denen ein Teil charakte ristisch genug ist. um hier wiedergegeben zu werden: -Nein! Die besseren Leute kommen so planlos wie nur möglich. Jeder Arbeiter weiß, was er kauft.« Womit sich schwer in Einklang bringen läßt: »Das gebildete Publikum weiß, was es will, die große Masse läßt sich gern beraten.« Noch zwei Gegensätze: »Diese .beratende' Rolle tritt immer mehr in den Hintergrund. Zum Buchhändler gehen meist nur noch diejenigen, welche genau wissen, was sie haben wollen, resp. besorgt haben wollen.« -SOZtz der Käufer treten mit direkten Wünschen bzw. Bestellungen an den Buchhändler heran, ja viele Kunden bestellen durchs Telephon.« Damit vergleiche man: »Die meisten Käufer waren ebenso unschlüssig als sonst. Zum großen Teil verkauften wir das, was wir empfahlen.» »Im Gegenteil. Besonders bei Jugendschriften ver ließ sich das Publikum ganz auf meinen Rat« und »Publikum weiß nie. was es will.» »Nur einen Wunsch hatte das Publikum: Billigl nicht über 3.— ord.« Eine weitere Antwort weist auf die Erziehung des Publikums durch die großen Kataloge Seemann. Koehler, Volckmar usw. hin. 5a. Spielte der Absatz von billiger Volks und Jugendlektüre eine wesentliche Rolle? Sb. Merkten Sie, daß die vielfache Agitation im »Volke« den Abnehmerkreis des Buchhändlers unter dem einfacheren Publikum wesentlich er weitert hat? Beide Fragen sind verneint worden Sa mit 25 zu 5 Stimmen, Sb mit 29 zu 1 Stimme. Auch hier gab es eine Reihe charakteristischer Begrün dungen. die ich nun als letzte Gruppe zusammenfassen will. 6. Besondere Beobachtungen in diesem Jahre. Diese Fragestellung ließ von vornherein keine ziffern mäßigen Resultate erwarten. Im Gegensatz zu den andern Fragen kam cs hier darauf an. ganz individuelle Beob achtungen zu sammeln. Wenn sich trotzdem in einer Reihe von Punkten die Mitteilungen der Kollegen gleichen, so ist das Resultat um so interessanter. Ich wies oben schon darauf hin, daß ein Teil der Antworten unter 1—5 durch Betrachtungen allgemeiner Art begründet sind, das dadurch gewonnene Material ist ebenfalls an dieser Stelle mit ver arbeitet worden. Das Hauptinteresse nimmt die wachsende Konkurrenz der Warenhäuser bei den Betrachtungen ein. Ihr wird nicht nur die schlechte Lage des Sortiments zugeschoben, sondern es wird in vielfacher Variation ausgesprochen, daß der ganze Kampf um gute billige Volkslektüre (Sa) wie die Versuche, weite Kreise des Volkes zu Bücherkäufern zu er ziehen (5 b), im letzten Grunde nur dem Warenhaus nützen. Hier ein paar Stimmen: »Vermutlich wird der Berliner Buchhändler als reiner Sortimentsbuchhändler in kurzer Zeit nicht mehr imstande sein, seine Geschäfte zu machen, da gegen das Großkapital nicht anzukämpfen ist.» »Ich bin fest überzeugt, daß das reine Sortiment ohne Nebenbranchen über kurz oder lang zu gründe gehen muß.« ' da das einfache Publikum ins Warenhaus geht. Die Agitation im Volke kommt nur dem Warenhaus zustatten.» »Das Volk ist vorläufig gewöhnt. Warenhausliteratur zu kaufen, auch die sozialdemokratische Parteibuchhandlung und Zeitungsprämien sind gefährliche Konkurrenten.« »Auch viele bessere Damen kaufen aus Bequemlichkeit dort« (im Warenhaus). »Gerade die Masse kauft im Warenhaus in dem Glauben, dort billiger zu kaufen"), und vor allen Dingen der Bequem lichkeit halber.» -Trotzdem ist das Bedürfnis nach billiger Jugsndlektüre vorhanden, weil die Warenhäuser das Publikum durch die voluminiösen, scheinbar billigen Bücher verwöhnt haben.« »Die Masse, die bar kaust, drängt immer mehr nach dem Warenhaus, und dem Sortiment bleibt nur die kon servative Kundschaft, die nicht immer die reichste ist.« »Die Vereine zeigen sich machtlos gegenüber den immer mehr und immer kühner um sich greifenden Preisunter bietungen unsrer gefährlichen Konkurrenz, der Warenhäuser.« -Wie immer: Das Warenhaus verschlingt alles!« Als gewissenhafter Chronist möchte ich aber auch be richten. was im Einzelsalle zum Lobe der Warenhäuser gesagt wird: »Durch frühzeitige Reklametätigkeit der großen Kauf häuser, bereits im November, setzt das Weihnachtsgeschäft anscheinend früher ein.«"") Vielleicht darf ich dabei noch einmal darauf Hinweisen, daß in den Fragen in keiner Weise auf die Warenhäuser Bezug genommen ist. » * » Eine verhältnismäßig große Anzahl von Kollegen äußert sich auch über die Bucharten (im Gegensatz zu 2 und 3). die hauptsächlich gekauft wurden. Fast durchgängig finden sich Klagen über das Nachlassen des Bilderbücher geschäfts; im übrigen sind die Mitteilungen so wider spruchsvoll. daß sich allgemeine Schlüsse nicht aus ihnen ziehen lassen, sie sind aber als Einzeläußerungen interessant genug, um hier auszugsweise wiedergegeben zu werden: »Der Absatz billiger Jugendschristen geht von Jahr zu Jahr zurück. Jugendschriften von 1 ca., die ich vor Jahren in 2—800 Exemplaren verkaufte, wurden nicht mehr abgesetzt.« »Es gingen nur 2 Arten, ganz billige und ganz teure Bücher, mittlere Preislage gar nicht.- »Im allgemeinen gingen nur billige Bücher, wenig teuere und fast keine Jugendschriften.« "> Hiergegen schrieb ein anderer; »Es dringt in weiteren Kreise jetzt durch, daß das Warenhaus in Bezug auf den Buchhandel nicht billiger ist als dieser.« »"> Dagegen meint eine andre Zuschrift: »Das Weihnachtsgeschäft hat sich noch mehr als im Vorjahrs aus die letzten Tage zusammengedrängt, so daß schließlich die Sorgfalt in der Bedienung und Beratung darunter leiden mußte.« ISS"