20 Die letzte Rose. (1850.) Mer Herbstwind streichet durch die Hecken; Ach, keine Rose blühst mehr! Nur matte Morgenstrahlen wecken Die Auen, freud- und blumenleer. Doch welches süße Düsten schwebet Aus diesem Busch' entgegen mir! Ob denn ein Frühlingskind noch lebet? — Ei Wunder! — noch ein Röschen hier! Ein trautes, liebes Röschen! Welche Gerüche, welcher Purpurschein! Wie lieblich blinkt in seinem Kelche Des Thaues Heller Morgenwein! Ich pflück' es ab. — Wem soll ich's geben,. Das letzte, schöne Frühlingskind? Wie Viele wohl hicnieden leben, Die solchen Schmuckes würdig sind! Geb' ich's der Jungfrau, die den Frieden Noch kostet, den die Unschuld beut? — O nein! Die lohnt man nicht hicnieden: Dort oben ist ihr Lohn bereit. Dem Jüngling, dem bei Wasfentänzen Das Herz vom Heldenmuthe brennt? O nein, den muss nur Lorbeer kränzen:. Weißt Du, ob er auch Mitleid kennt? Dem Manne, der im Wisscnsmeere Bis auf den Grund schaut, ungetrübt? Ach nein, für den genügt die Ehre: Weiht Du, ob er auch Tugend liebt?