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^tst der Dezugspreis' lm Mitg!?edsbeltrag «inges^loöen^ff r^hrttch Ir-l"s-!chSsto^N-od-rS^M<-rk"äsp°M/° " . mnerhalb ^dekv^ Deu^chcn^ M«rchss^ INchlmik, ^MrMch>" > iem LZ Nr. 18». Leipzig, Mittwoch den 15. August 1917. 84. Jahrgang. Redaktioneller Teil Lesestoff fürs Feld. In der Frankfurter Zeitung dom 3. Juli läßt Oberarzt vr. Fritz Kahn »zur Feldbücher-Spende« einen »Notschrei aus dem Westen« vernehmen, der gewiß in vielen Punkten Zustimmung verdient, von den Leitungen der Feldbuchhandlungen aber, gegen die er gerichtet ist, ebenso gewiß, wenn auch vielleicht nicht überhört, so doch nicht unwidersprochen bleiben dürfte.*) Um überhaupt beachtet zu werden, mußte der Notschrei, aus ideeller Begeisterung für die Sache geboren, übertrieben wer den und sich so laut und eindringlich wie möglich geltend machen. Indes kann die Öffentlichkeit, deren Meinung ja auch durch jenen Aufsatz beeinflußt werden soll, eine unparteiische Bericht erstattung beanspruchen, und andererseits muß man den Feld buchhandlungen und Verlegern Gerechtigkeit widerfahren lassen. Vielleicht ist da allen Beteiligten ein vermittelndes Wort eines Unparteiischen willkommen, der durch berufsmäßigen Umgang mit Büchern sich für befugt hält, in diesen Dingen immerhin ein Urteil wagen zu dürfen. Unleugbar ist die bestehende Lesestoffnot im Heere, die um so größer wird, je weiter man an die Front kommt, und die um so tiefer wird, je länger der Krieg dauert. Aber es wäre zum mindesten undankbar, wollte man alles, was durch frei willige Spenden, besonders aus der Heimat, zur Linderung dieser Not geschehen ist und geschieht, mit dem Worte von dem Tropfen auf den heißen Stein abtun. Abgesehen von den vielen privaten Feld-Sendungen von Verwandten und Bekannten der Soldaten und den nicht unbeträchtlichen Zuwendungen, die Offiziere und Mannschaften ihren Truppenteilen — jede Kom pagnie, jede Batterie, jede Kolonne, darf man sagen, hat heute ihre eigene kleine Bücherei —, den Soldatenheimen und Laza retten beständig zu machen Pflegen <Divisionsgeistliche und Ärzte sind als Schenker besonders hervorzuheben), braucht hier nur auf die zahlreichen Sammel-Spenden angesehener Verlags anstalten, auf die ständigen Landes-Ausschüsse zur Versorgung der Truppen mit Lesestoff, auf die Reichsbuchwochen und auf den Ausschuß für fahrbare Kriegsbüchereien hingewiesen zu werden. So stiftete, um nur ein kleines Einzelbeispiel zu nennen, der Verlag von Reclam in Leipzig einem Lazarett in Wilna fünf verschiedene Sammlungen von je 19V Bändchen seiner Uni- versal-Bibliothek; ähnliche größere und kleinere Stiftungen haben viele andere Verleger wiederholt und in weit größerem Maße gemacht, als vielleicht jemals bekannt werden wird. Ein ständiger Landes-Ausschuß der bezeichneten Art, der außer durch beständige größere Büchersendungen auch durch Herausgabe und unentgeltliche Verteilung einer eigenen illustrierten Zeitschrift seine Aufgabe vorbildlich löst, besteht beispielsweise im König reich Sachsen. Was eine einzige Reichsbuchwochen-Sammlung dem Heere an Büchern hinaussendet, davon kann man sich nicht leicht eine richtige Vorstellung machen; vielleicht gibt es auch keine allgemeine Zahlen-Zusammenstellung darüber, aber aus dem kleinen Königreich Sachsen sind allein rund eine halbe Million Bände als Sammelergebnis einer Woche an die Front befördert worden, eine Zahl, die ein Gesicht bekommt, wenn *) Vgl. hierzu die Auslassung »Feldbuchhanbel» in Nr. 187 des Börsenblattes. man beachtet, daß sie nicht gar weit hinter der Bände-Zahl un serer größeren deutschen Bibliotheken zurückbleibt. Natürlich wird kein Verständiger erwarten, daß hier nur beste Literatur geschenkt worden ist, vielmehr darf man sich mit Recht über die vielen Perlen Wundern, die sich in solchem großen Zusam menkehren finden. In dieser Beziehung, was also Güte des Inhalts anbetrifft, steht die Einrichtung der fahrbaren Kriegs büchereien vorbildlich da: sie enthalten nur ausgesucht gute, durchweg neue, gebundene und durch Umschlag geschützte Bücher; von hochherzigen Spendern gesüftet, von einem eigenen Aus schuß in der Heimat organisiert und unterhalten, bringen sie, Wohl weit über IVO an Zahl, je 1VOO Bände bei je einer Divi sion in Umlauf. Alle diese Bücher stehen den Truppen unentgeltlich zur Verfügung. Damit ist der grundsätzliche Unterschied zwi schen diesen Einrichtungen und den Feldbuchhandlungen ge geben, die durch ihre Kostspieligkeit ihrer Bedeutung für die Auf gabe der geistigen Truppen-Versorgung enge Grenzen setzen. Denn darüber darf kein Zweifel sein: der Soldat, der finanziell lediglich auf seine Löhnung angewiesen ist, wird nur im selten sten Ausnahmcfallc Bttcherküufer in der Feldbuchhandlung; er betritt den Laden nur, um das notwendigste Schreibzeug, Brief papier und allenfalls eine Zeitung zu erstehen. Und selbst die große Masse, die ein wenig besser gestellt ist, gehört nicht zu den Bücherkunden der Feldbuchhandlung; nur im Notfälle, wenn alle erreichbaren unentgeltlichen Bücherquellen mehr oder min der gründlich durchgekostet sind, wird etwaiger Unterhaltungs hunger mit einem Romanhestchen aus Kürschners BUcherschatz für 20 L, oder mit einem Rcclam-Heft für 25 H oder, wenn es hochkommt, mit einem der nicht durchweg mit Grund sehr be liebten Ullstein-Bücher für eine Mark beschwichtigt. Weiter- gchende Einkäufe durch gewöhnliche »Landser« gehören zu den Ausnahmen, auch bei den schon besser gelöhnten Unteroffizieren ist es im wesentlichen nicht anders. Die eigentliche Bllchcr- Nachsrage in den Feldbuchhandlungen geht von den Offizieren und Ofsiziersaspiranten aus, und da diese heute aus den ver schiedensten Berufs- und Lebcnskrcisen hervorgehen, so sind auch ihre Wünsche so mannigfaltig, wie es das Leben überhaupt ist. Man sagt, die Soldaten würden anderes kaufen, wenn es da wäre; man sagt, sie suchen »Märchen«, »Romantik«, »Lyrik«, »Natur«, »Humor« und »Unterhaltung«. Aber es ist nicht wahr, sie suchen meist nur das letztere, Unterhaltung, allenfalls auch Humor und in wenigen Fällen Natur, von den anderen drei Dingen wollen sie nichts wissen! Man muß selber als »Landser« unter Landsern mit ihnen die wechselvollen Kriegsschicksale ge teilt haben, will man ihre innersten Wünsche kennen und ver stehen. Abenteuer« und Kriminalgeschichten, die einen schlichten Geist in Spannung und Aufregung Hallen und Heimweh und trübe Gedanken nicht aufkommen lassen, Heiteres und Lustiges, das die ernste Not des Herzens betäubt, Geschichten von starker, inniger Liebe und von gewaltigen Schicksalen, die der zwischen zehrenden Gefühlen schwankenden Seele Wege weisen und zum teilnehmenden Mitschwingen Gelegenheit geben, und dann und wann einmal ein ernstes Buch sachlicher Belehrung, das mög lichst leicht verständlich den Kreis der im Zivil-Beruf nötigen Kenntnisse aussrischt und erweitert: das sind die weitaus häufig« 969