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-s 123, SO. Mai 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt t. d. Dtschn. Buchhandel. 6623 Fällen, Wo der Redaktion das Exemplar verloren geht, kann also von einem Interesse an dem Erhalt keine Rede sein. Mit dem Hinaussenden des Buches begibt sich aber die Re daktion der weiteren Verfügung über das Buch, und das ist ein fernerer Grund, weshalb sie nicht gern eine vorherige Ver pflichtung zur unbedingten Besprechung übernimmt. Die Her ren Mitarbeiter, die etwas verstehen, sind nämlich manchmal schwierig zu behandeln. Der eine ist selbst in der Abfassung eines Werkes begriffen und betrachtet einen ihm zur Be sprechung zugehenden Wälzer schon von vornherein mit Miß trauen, ein anderer wird krank und erbleicht selbst eines plötzlichen Todes, der dritte ist von Berufsgeschäften über häuft, und alle schieben die Besprechungen auf die lange Bank. Der Verleger schickt eine Mahnung, eine zweite, die die Zei tung gewissenhaft an den Besprecher gelangen läßt; ohne Er folg. Manches bestellte Buch muß der Zeitungsverlag auf diese Weise bezahlen, weil er eine Besprechung in einer angemesse nen Frist nicht erlangen kann. Solche Erfahrungen — und jede Redaktion hat solche schon gemacht — machen mit Bezug auf Vorausbesprechungen vorsichtig; denn der Verleger be steht natürlich auf seinem Schein und läßt keine Erklärungen gelten. In dem oben angezogenen Artikel des Herrn Schmid wird gesagt, daß für viele Schriftsteller usw. oft nur der Wunsch, ein bestimmtes Buch zu besitzen oder zu Geschenk zwecken zu verwerten, die Veranlassung bietet, es zur Be sprechung vom Verleger zu bestellen. Darauf sollte sich kein Verleger einlassen, denn die Veröffentlichung der Besprechung eines Buches, das der Redaktion gar nicht Vorgelegen hat, ist in den meisten Fällen schon zweifelhaft. Die Redaktion einer ernsthaften Zeitung behält sich das Recht vor, den Besprecher selb st zu bestimmen, und verlangt deshalb die Einsen dung von Rezensionsexemplaren an sie selbst. Läßt ein Verleger sich auf direkte Übersendungen ein, so hat er gegen die Zeitung überhaupt kein Anrecht, und ob er die Schnorrer mit Erfolg zur Rechenschaft ziehen kann, ist oft auch zweifelhaft und jeden falls mit Weiterungen verknüpft. Von Herrn Schmidt wird sodann der Vorschlag gemacht, in den Mitteilungen des Verlegervereins oder im Börsenblatt möchten die Redaktionen bekanntgegeben werden, die trotz aller Reklamationen Besprechungen ihnen eingesandter Bücher nicht bringen. Der Vorschlag scheint mir nicht zum Ziele zu führen, denn es dürste für die Bewertung einer Zeitung nicht bestimmend sein, ob ein oder der andere Verleger keine Be sprechung irgend eines gleichgültigen Buches erlangen kann. Es ist für eine Zeitung selbstverständlich völlig ausgeschlossen, auch nur den größten Teil der eingesandten Werke und Merkchen zu berücksichtigen, und sich über die Gründe der Nichtberück sichtigung jeder Einsendung mit dem Verleger auseinanderzu setzen, ist der Redaktion natürlich erst recht unmöglich. Listen, die nach solchen Kriterien zusammengestellt würden, könnten nur zum Schaden des Verlags ausfallen, wenn die Verleger danach ihre Werke allen Zeitungen vorenthalten wollten, die andere Werke aus irgendwelchen Gründen nicht besprochen haben. Sollten aber Verleger gleichgültiger Literatur durch solche Listen davon abgehalten werden, ihre Einsendun gen fortzusetzen, so wäre das vielen Redaktionen sicher nur er wünscht. Wenn nicht der Verleger Vorteile von den Be sprechungen erwartete, so hätte er es gewiß längst aufgegeben, Rezensionsexemplare zu versenden, denn jeder hat Wohl schon hin und wieder unliebsame Erfahrungen gemacht. Die Geringschätzung des Buches ist aber auch oft auf seiten des Verlegers. Wenn man sieht, wie ver schwenderisch mit der Versendung der Rezensionsexemplare umgegangen wird, so kann man sich über die Kopflosigkeit sol chen Verschicken? nicht genug Wundern. Offenbar werden manchmal einfach Zeitungslisten als Adressenmaterial gegeben ^ und von gedankenlosen Leuten heruntergeschrieben. So kommt es denn, daß ein und derselben Zeitung manchmal zwei, ja drei Exemplare desselben Buches zugehen, wenn sie nämlich Beilagen hat. So heißt eine Adresse: »An die Redaktion der X-Zeitung«, die nächste: »An die Redaktion der Literarischen Beilage der L-Zeitung«. Manchmal kommen auch Bücher an notorische Anzeigenblätter, die gar keine Besprechungen brin gen, oder an längst eingegangene und mit anderen ver schmolzene Zeitungen, abgesehen von den Fällen der Zeitungen mit verschiedenem Kopf, was ja nicht immer zu erkennen ist. Es bleibt deshalb nichts anderes übrig, und darauf hat schon die Redaktion dieses Blattes in Nr. 96 richtig hingewie sen, als daß der Verleger seine Werke nicht planlos in die Welt hinausschickt, sondern nach der Natur des einzelnen Werkes die Zeitungen gewissenhaft aussucht, die für seine Zwecke in Betracht kommen können. Es ist freilich nicht ganz leicht, sich in dem deutschen Blätterwalde zurechtzufinden, und vielleicht würde auch eine Umfrage in der deutschen Presse in Erwägung zu ziehen sein, die Aufschluß darüber gibt, welche Arten von Literatur in jeder Zeitung besprochen zu werden Pflegen. Die Schriftsteller bombardieren die Zei tungen mit allerlei Anfragen, dann könnte es auch einmal der Deutsche Verlegerverein tun. G. Hölscher. Aus dem dänischen Buchhandel. m. Am 1. Juli 1912 tritt in Dänemark ein Gesetz in Kraft, das eine neue, vielfach abgeänderte Fassung des dänischen Urheberrechts vom 29. März 1904 (die ursprüngliche Form datiert vom 19. Dezember 1902) darstellt.') Bei der letzten, schon in der vorigen Session begonnenen Behandlung dieser Gesetzesumarbeituvg im Reichstag im März d. I. wünschten die Sozialdemokraten, die auch schließlich gegen die Annahme stimmten, den Schutz für Übersetzungen von 50 auf 30 Jahre herabgesetzt. Der Kultusminister wies jedoch darauf hin, daß Dänemark, um in der Berner Konvention zu bleiben, 50 Jahre beibehalten müsse; er versprach aber, mit den andern nordischen Ländern (Schweden z. B. gewährt nur einen zehn jährigen Schutz gegen Übersetzung) zu verhandein, um cv. gemein sam mit diesen aus künftigen internationalen Kongressen für eine Herabsetzung der Schutzfrist für Übersetzungen einzutreten. Durch die jetzt beschlossene neue Fassung des dänischen Urheberrechts sollen, erklärte er, hauptsächlich die dramatischen Schriftsteller gegen die Ausnutzung ihrer Werke durch die Filmstheater und die Komponisten gegen die durch Grammo phone geschützt werden. — Die wichtigsten Änderungen und Zusätze sind folgende: Dem Verfasser steht zu das Allein recht zur kinematographischen Aufführung, Rezitation (dies indes nur, falls er sie ausdrücklich verboten hat) und Wieder gabe mittels mechanischer Instrumente; ferner zu Balletten und Pantomimen. Gestattet ist 1. die Aufnahme einzelner früher herausgegebenen kleinen Gedichte in ein anderes größeres Werk; 2. Schulausgaben fremdsprachlicher Werke, falls sie mit teilweiser Übersetzung und Textanmeikungen versehen und mindestens zwei Jahre seit Ablauf des ersten Erscheinungsjahrs des Originals verflossen find; 3. Abdruck von Gedichten als Text zu Musikkompostlionen, falls der Berechtigte es nicht aus drücklich untersagt hat; und 4. Abdruck eines einzelnen Ge dichts aus Konzertprogrammen. In allen diesen Fällen ist aber deutliche Quellenangabe Bedingung. Im Kunstschutzgesetz, das wie bisher den 2. Teil des Gesetzes bildet, ist neu hinzu- gesügt worden, daß Abbildungen von Straßen, Plätzen oder einzelnen öffentlichen Gebäuden in keinem Falle ungesetzlich sind. ') Ein Artikel aus der Feder des Herrn Pros. vr. Röthlis- berger-Bern über das neue dänische Urheberrecht besindet sich in Vorbereitung und wird voraussichtlich im Lause des nächsten Monats im Börsenblatt erscheinen. Red. ssz»