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6622 «lörlevblaü ». Mich!.- vuchhaub^- Mchtamllicher Teil. 123. 30. Mat 1S12. Private, dem ein Buch unbestellt ins Haus gesandt wird. Beiden, der Zeitungsredaktion wie dem Privaten, kann die Rücksendung rechtlich nicht zugemutet werden; sie müssen sich nur einer willkürlichen Beschädigung oder Vernichtung des Buches enthalten und dulden, daß es der Eigentümer abholt. Auch ein Gewohnheitsrecht kann zwischen Verleger und Zeitungsredaktion dieses Rechtsverhältnis nicht ändern, denn es wird Wohl kaum eine Zeitung geben, die die Verpflichtung anerkennt, unverlangte Rezensionsexemplare zurückzusenden, selbst wenn das Porto dafür beigelegt wird. Die Ver pflichtung, für das Einpacken und die Auslieferung auf der Post zu sorgen, kann nicht ohne weiteres auferlegt werden. Anders ist es natürlich in dem Falle, wo die Zeitung auf das Anerbieten des Verlegers, ein Exemplar gegen Veröffent lichung einer Besprechung kostenfrei zu liefern, eingeht. Dann kann die Zeitung im Klagewege zur Erfüllung dieses Ver trages wie jedes anderen gezwungen werden. Diesen sicheren Weg zu gehen, ist den Verlegern vor eini gen Jahren in diesem Blatte mehrfach geraten worden, und da mals mehrten sich die Postkarten mit Antwort, auf denen sich die Zeitungen zur Besprechung vorher bereit erklären sollten. Wenn ich aus der Erfahrung, daß seitdem die Zahl der Ossert- karten stark zurückgegangen ist, schließen darf, so hat dieser theoreiisch sichere Weg doch nicht zu dem ersehnten Ziele ge führt. Der Verleger hat ein erhebliches Interesse daran, daß seine Verlagswerke in den Zeitungen besprochen werden; wenn er sieht, daß er die Zeitungen nicht dazu verpflichten kann so schickt er sie wieder unverlangt in die Welt hinaus, denn ganz zwecklos ist doch die Versendung nie, wenn sie mit einem Minimum von Überlegung geschieht. Warum aber sträuben sich die Zeitungsredaktionen, Besprechungen zu ver sprechen? Wir kommen mit der Beantwortung dieser Frage zu der »andern Seite« der Angelegenheit. Durch die vorherige Ver pflichtung setzen sich die Redaktionen leicht Unannehmlichkeiten, weitläufigen Auseinandersetzungen und Prozessen aus, und die vermeidet natürlich jeder gern. Daß auch Redaktionen, auf denen es ordnungsgemäß zugeht (was bei den lebhaften Betrieben mit den außerordentlich zahlreichen Einläufen ver schiedenster Natur schon ein Lob ist), in solche schwierige Lagen kommen können, kann verschiedene Ursachen haben. Zunächst widerstrebt es der Redaktion, sich zur Bespre chung eines Buches zu verpflichten, das sie gar nicht kennt, worüber sie sich also kein auch nur oberflächliches Urteil bilden kann. Ausnahmefälle sind hier natürlich hervor ragende Werke oder solche von bekannten ernsthaften Autoren; in diesen Fällen wird es auch keine Schwierigkeiten haben, vor herige Zusagen zu bekommen. Aber man darf nicht aus den Augen verlieren, daß in Deutschland jährlich 32 000 Bücher erscheinen, gegen welche Flut die Zeitungen ja sowieso macht los sind. Diese Bemerkung gilt auch gegen diejenigen, die betonen, daß es im Interesse der Zeitungen liegt, Buch besprechungen zu bringen, und daß es ihre verfluchte Pflicht und Schuldigkeit ist, die Leser in der Literatur auf dem Lau fenden zu halten! Welch eine Anschauung! Wenn eine Zei tung jährlich 1000 Bücher bespricht, so dürfte sie doch reich lich »ihre Pflicht-erfüllt haben! Aber wieviel Verlegerwünsche bleiben dann noch unerfüllt! Vielfach ist ja die Anschauung verbreitet, und Statistiken wie sie Herr Schmidt aufstellt, sind geeignet, sie zu stützen, daß der Zcttungsverleger sich eigentlich bedanken müsse, daß er all die schönen Bücher gratis ins Haus geschickt bekommt. In Wirklichkeit kosten ihm die Besprechungen schweres Geld, jahr aus jahrein tausende von Mark an Honorar; jedenfalls viel mehr, als die Bücher wert sind, die er bekommt. Das nebenher! Ist es also der Redaktion beim besten Willen nicht möglich, sich auf ein Buch festzulegen (und nur auf lobende Be sprechungen kommt es doch dem Verleger an), das sie gar nicht kennt, so gehen manchmal die Zumutungen an sie so weit, daß ihr eine lobende Notiz über ein Buch übersandt wird mit dem Versprechen, das Buch nach Abdruck und Einsendung des Be legs zu erhallen! Im »Zeitungsverlag« sind derartige Fälle wiederholt und noch in letzter Zeit besprochen worden. Das führt mich auf den angeblich von den Redaktionen vielfach ver kannten »Wert des Buches«. Der Wert eines Buches ist in jedem Falle relativ. Für eine Zeitungsredaktion kann wohl ein politisches oder all gemeines Nachschlagewerk von Wert sein, während irgend ein an sich hoch zu schätzendes wissenschaftliches Werk vielleicht für sie ohne Wert ist. Es gibt Leute, die in eine Redakttonsbücherei alles Hineinstopsen möchten, denn es könnte immer einmal der Fall eintreten, wo man jedes Buch brauchen könnte. Dagegen gibt Julius Bachem in seinen journalistischen Aphorismen die Ansicht kund, daß ein Journalist, der eine Bibliothek braucht, kein Journalist sei. Zweifellos ist die übergroße Mehrzahl der bei einer Redaktion einlaufenden Bücher für diese reiner Ballast, dessen sie sich auf irgendeinem Wege zu entledigen sucht. (Im Vertrauen gesagt, werden nämlich mehr schlechte, als gute, wertvolle Bücher gedruckt.) Daß sie verkauft werden, ist allerdings als mit der Wohlanständigkeil unvereinbar durchaus zu verurteilen. Fraglich bleibt dabei in jedem Falle das Eigentumsrecht. Es ist klar, daß dieses Eigentumsrecht an Rezen sionsexemplaren, auch wenn sie unverlangt eingesandt wer den, nicht ohne weiteres der Zeitung zusteht. Das geht schon gus dem oben angeführten Grundsatz hervor, wonach diese Bücher nicht absichtlich vernichtet werden dürfen. Nun ha! l aber eine sehr große Zahl von Zeitungen eine Rubrik, in !der sie die eingesandten Werke bucht. In den allermeiste» ! Fällen wird diese Leistung, die in ihrer Wirkung einem Jnse- > rat gleichkommt, als ein genügendes Äquivalent für die Liefe- ^ rung des Freiexemplars betrachtet werden können, denn die Berechnung der veröffentlichten Titelzeilen nach dem Reklame- ! tarif wird häufig dem Ordinärpreis des Buches gleichkommeu, ; wenn nicht gar übersteigen. Die Rubrik, die von den Bücher- i liebhabern genau verfolgt zu werden pflegt, ist in der Tat für den Verleger von erheblichem Vorteil. Jedenfalls ist die ! einfache AuWhrung von größerem Wert als eine abfällige Besprechung, wie sie in manchem Falle nötig werden könnte. ! Die Zeitungsredaktion hat also an der großen Masse der ^ Bücher gar kein Interesse, und wenn sie alles aufstapeln oder ! gar einbinden lassen wollte, was ihr zugeht, so müßte sie in ^ einigen Jahrzehnten rein ertrinken. Wie steht es nun aber ^mit den wertvollen Büchern, die ihr zugesandt werden? ! Ohne Zweifel ist es die Pflicht der Zeitung, ihre ! Leser von dem Erscheinen eines hervorragenden Werkes vo> ^allgemeinem Interesse zu unterrichten, sei es das Reisewerk eines Entdeckers, sei es der Roman eines bedeutenden Autor In diesem Falle muß sie sogar diese Pflicht den Lesern gegen über erfüllen, ohne Rücksicht darauf, ob ihr ein Rezensions« ^ exemplar zugeht. Bei dem Etat einer größeren Zeitung kann ' die Ausgabe von ein paar Mark auch gar keine Rolle spielen, j Sie wird in den Fällen auch gar kein Freiexemplar ver langen, wenn sie Voraussicht, daß sie zu dem betr. Werke ! kritische Stellung nehmen mutz. Auch in diesem Falle hat also die Redaktion kein Interesse an dem Erhalt eines Freiexem plars, für das sie sich dankbar erweisen müßte. Voraus gesetzt ist dabei zu alledem, daß das wertvolle Werk in der Redaktion verbleibt, was in den allerseltensten Fällen zutrifft. Es ist nämlich einer vielbeschäftigten Redaktion gar nicht möglich, alle bedeutenderen Erscheinungen selbst zu prüfen und zu besprechen. Diese werden an die verschiedensten Mitarbeiter versandt mit der Bitte, sie für die Zeitung in einer, der Be deutung angemessenen Weise zu behandeln. Auch in all diesen