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58, 11. März ISO?. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 2701 dortigen Lehranstalten die Schulbücher und Lehrmittel leichter und billiger als bisher zugänglich zu machen und Aufklärung und Bildung in dieser entlegenen Gegend zu verbreiten. Eine unter ungünstigen Witterungsverhältnissen im Jahre 1880 unternommene weite Reise untergrub seine Gesundheit und führte, nachdem er sein Geschäft in Tiflis 27 Jahre erfolgreich geführt und auch einige Verlagsartikel herausgegeben hatte, am 11./23. November 1884 seinen Tod herbei. Von Hermann Fries, der gleichzeitig mit Wolfs in der Jssakowschen Buchhandlung beschäftigt war, können wir nur berichten, daß er später ein blühendes Kommissionsgeschäft in Leipzig hatte und auch Kommissionär seines ehemaligen Prinzipals Jssakow war. Er starb 49 Jahre alt am 16. No vember 188l. Einen großen Teil seiner Kommittenten über nahm die Firma K. F. Koehler. Feodor Jwanowitsch Kolessow kam als dreizehn jähriger Lehrling zu Jssakow, in dessen Geschäft er zwanzig Jahre arbeitete. Dann etablierte er mit Philipp Michin ein eignes Geschäft, das aber nur acht bis neun Jahre be stand. Kolessow trat dann bei B. M. Wolfs ein, blieb dort gegen dreizehn Jahre und wurde schließlich von A. S. Ssuworin, den Herausgeber der Zeitung »Nowoje Wremja«, als Geschäftsführer von dessen neuerrichteter Buchhandlung angestellt. Hier feierte er sein fünfzigjähriges Berufsjubiläum. Er starb am 8./2I. September 1904 und hinterließ den Ruf eines gewissenhaften, rastlosen Arbeiters und eines vor züglichen Kenners des russischen Sortiments. Friedrich Bietepage trat anfangs der fünfziger Jahre in das Jssakowsche Geschäft und übernahm dort später die Leitung der deutschen Abteilung. Über seine weitere buch händlerische Laufbahn fehlen uns nähere Angaben. Sein eignes Sortimentsgeschäft im Petersburger Gostinoj Dwor, das russische, deutsche und französische Bücher führte, war als solid bekannt und hatte günstige Erfolge aufzuweisen. Bietepage hat nicht sehr viele, aber gediegene und ein trägliche Werke herausgegeben, namentlich die bei Schreiber in Eßlingen erschienenen naturwissenschaftlichen Atlanten und Bilder zum Anschauungsunterricht, auch gute Kinderschriften, die eine starke Verbreitung fanden. Er starb, 73 Jahre alt, am 8./2I. Oktober 1904 in St. Petersburg; sein Geschäft wird von K. Feldmann fortgeführt. Der im Jahre 1835 geborene Philipp Grigorjewitsch Michin war mit Jssakow verwandt und trat, nachdem er die Kommerzschule absolviert halte und kurze Zeit bei der Russisch-Amerikanischen Handelsgesellschaft beschäftigt war, in das Jssakowsche Geschäft, wo er anfangs fast ausschließlich im französischen Sortiment arbeitete. Ec soll cs gewesen sein, der später seinen Prinzipal veranlaßte, sich auch dem russischen Buchhandel zu widmen. Er übernahm dann die russische Abteilung des Geschäfts und später auch die Leitung des Verlags, machte im Auftrag Ossakows Reisen ins Ausland und kam auch zur Ostermesse nach Leipzig. Im Jahre !875 eröffnete er mit Kolessow ein Sortimentsgeschäft im Gostinoj Dwor, das anfangs dem von Ossakow starke Konkurrenz machte, später aber, wie bereits erwähnt, tn Verfall geriet und nach acht- bis neunjährigem Bestehen aufgelöst wurde. Michin hat gegen siebzig zum Teil gute und wertvolle Werke herausgegeben, soll aber dann in finanzielle Schwierig keiten geraten sein und alles, was er durch jahrelange Arbeit erworben hatte, verloren haben. Auch die Brüder Iwan undNikolai Martpnow waren mit Jssakow verwandt. Über den letztern wurde bei Ge legenheit seines fünfzigjährigen Jubiläums bereits ausführlich berichtet (Börsenblatt 1907, Nr. 17). Iwan Martynow trat gleichfalls im Jahre 1857 als Lehrling ins Jssakowsche Geschäft und erlernte dort den französischen Buchhandel. Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. Jahre 18 <4 machte er sich selbständig und widmete sich dem Antiquariatsbuchhandel, der bis zu jener Zeit in Rußland nur von ungebildeten Trödlern und Hausierern zwar ziemlich lukrativ, aber gänzlich planlos und durchaus nicht berufsmäßig betrieben wurde. Iwan Martqnow kann daher als erster eigentlicher und regulärer Antiqnariats- buchhändler in St. Petersburg bezeichnet werden. Man prophe zeite ihm zwar einen glänzenden Mißerfolg; aber es gelang ihm schließlich dennoch, sein junges Geschäft in die Höhe zu bringen, den ersten russischen Antiquariatskatalog heraus zugeben, seine Firma weit und breit bekannt zu machen und schließlich sogar Nachahmern und Konkurrenten die Wege zu ebnen. Sein Biograph versichert, er habe eine reiche Auswahl von seltenen alten Drucken, Inkunabeln, Manuskripten, Stichen und sogar Münzen besessen und sein Laden sei von allen damaligen Bibliophilen und Sammlern bibliographischer Raritäten fleißig besucht worden. Iwan Martqnow halte jedoch die, namentlich in Rußland durchaus nicht unberechtigte Eigentümlichkeit, sehr mißtrauisch zu sein, und hielt daher auch keinen Gehilfen, sondern suchte alle Arbeiten selbst zu verrichten. Da er aber nicht nur schüch tern, sondern auch kränklich war, seine Konkurrenten ihm auch viel Kummer und Sorge machten und seinen beschei denen Verdienst schmälerten, so sah er sich kurz vor seinem Tode veranlaßt, sein wertvolles Lager dem Bruder Nikolai zu überlassen. Er starb an der Schwindsucht am 17./29. Ja nuar 18»9. Würde ich hier über mehr Platz verfügen, so könnte ich über die Geschichte des Buchhandels in Rußland noch manche interessante Einzelheiten Mitteilen. Vielleicht wird es mir später noch vergönnt sein, manches aus meinen vieljährigen buchhändlerischen Erinnerungen aufzuschreiben, wenn ich auch kaum hoffen darf, es noch selbst zu ver öffentlichen zu können. Einstweilen möge der Leser sich mit dem begnügen, was ich jetzt zu bieten imstande bin. W. Henckel. Kleine Mitteilungen. Konkurs Laemmert L Eo in Rio de Janeiro. — Von gut unterrichteter Seite erhalten wir die Nachricht, daß die Firma Laemmert L Co. in Rio de Janeiro seit dem August des vorigen Jahres in Konkurs erklärt ist. Eine Anzahl von deutschen Firmen ist darüber durch direkte Nachricht aus Rio be nachrichtigt worden, eine amtliche Anzeige von seiten irgend einer Behörde scheint aber nicht erfolgt zu sein. <Red.) Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalien händler. (Internationaler Urheberrechtsschutz. Jubi läum.) — Die österreichisch-ungarische Buchhändler.Correspondenz (Nr. 10 vom 6. März 1907) veröffentlicht einen Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Vorstandes der Wiener Korporation vom 26. Februar 1907. Wir entnehmen ihin die folgenden beiden Mrtteilungen: (Red.) 1. (Aus dem Bericht des Vorsitzenden Herrn Franz Deuticke; internationaler Urheberrechtsschutz:) -Vor längerer Zeit hatte uns die Handels- und Gewerbe kammer um eine Äußerung betreffend den Beitritt zur Berner Konvention für den Schutz von Werken der Lite ratur und Kunst ersucht. Wir hatten die Beantwortung dieser Anfrage zurückgestellt, da wir in Kenntnis waren, daß ein Antrag auf Verbesserung unsrer urheberrechtlichen Beziehungen zum Ausland im Abgeordnetenhause eingebracht werden würde. Als bald darauf Herr Professor Vr. v. Rosz- kowski in der Sitzung vom 14. Januar seinen Dringlichkeits antrag auf Aufnahme der Reziprozitätsklausel in unser Urheber rechtsgesetz eingebracht hatte, begab sich eine aus den Herren Artaria, Herzmansky und mir bestehende Deputation zusammen mit Deputationen des Vereins der österreichisch - ungarischen Buchhändler, der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und 354