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62 erregen, noch werdet Ihr durch die Euerer Jugend naturgemäß angewiesene Stellung vielfach abgchalten, Euerem Zorn die Zügel schießen zu lassen, noch wird cs Euch daher leicht, Euch selbst eiu „Halt ein!" zuzurufen, wenn Ihr nur immer auf Euch achten wollt. Und wenn es Euch erst einige Male gelungen ist, den aufwallenden Jähzorn zu unterdrücken, so wird es Euch immer leichter werden, dem mahnenden Haltrufe zu folgen. — Es werden aber auch Begierden mancher Art in Euch wach werden, ältere Genossen lehren Euch Bedürfnisse, zumeist eingebildete, kennen und erwecken in Euch die Lust, sie zu befriedigen. Da denkt Ihr Knaben, die Tabakspfeife müsse doch ein großer Genuß sein, weil sie der unzertrennliche Begleiter so Vieler ist. Der anfängliche Widerwille wird herzhaft überwunden und alsbald ist der Raucher fertig, den seine Begierde um einen großen Theil seiner Arbeitszeit bringt — da meint Ihr, in der Brannt weinflasche müsse ein Attribut der Männlichkeit stecken und der Trinker, dem das täglich beigebrachte Gift langsam aber sicher die Gesundheit untergräbt, alle Arbeitslust benimmt und den größten Theil des Verdienstes in eingebildeten Genüssen vergeuden läßt, wankt einher, ein Abschen seiner Mitmenschen. Da denkt Ihr Mädchen, Ihr könnt nicht zeitig genug auf die Tanzböden eilen und über der Begier nach Putz und Vergnügen vergeßt Ihr nur zu leicht, daß Unschuld und Herzensreinheit der schönste Schmuck eines jungen Mäd chens sind. Je weniger Bedürfnisse ein Mensch hat, je weniger er der Sclave seiner Begierden ist, um so glücklicher ist er, zumal wenn ihn die Verhältnisse darauf Hinweisen, sich dnrch eigene Kraft, durch Fleiß und Thätigkeit eine Stellung im Leben erringen zu müssen. Ihr, meine lieben Kinder, seid Alle in dieser Lage: Ihr braucht Euere ganze Kraft, um nun nach vollendeter Schulzeit für das Leben, für den Erwerb zu lernen. Haltet daher ein, wenn Euch Begierden locken und von dem ernsten Streben abziehen wollen, ohne welches Ihr