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^5 68, 26. März 1913. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 3111 Berlin gewesen und hat eingehend Kenntnis von dem Betrieb der Bestellanstalt genommen. Unser Buchhändlerhaus stand am 1. Januar 1912 mit 522 089,45 «L zu Buch und bleibt mit einer Hypothek bon 250 000 «kk zu 4*/- 7» zugunsten der Simonschen Familienstistung belastet. In der ordentlichen Hauptversammlung der Korporation vom 23. Oktober 1911 wurde ein vom Vor stand eingebrachter Antrag auf Verlegung der jährlichen Haupt versammlung von Ende Oktober des laufenden Jahres auf An fang März des neuen Jahres und auf eine entsprechende Än derung der Satzungen angenommen. Der Grund für diesen An trag lag darin, daß der Hauptversammlung im Oktober ab schließende Mitteilungen nur über das bereits seit neun Monaten abgclaufene Geschäftsjahr gemacht werden konnten, während über das laufende Geschäftsjahr, das für die Aufstellung des neuen Etats und zur ganzen Beurteilung der gegenwärtigen Lage wich tiger ist, genaue ziffernmäßige Angaben nicht erbracht werden konnten. Findet dagegen die Hauptversammlung Anfang März statt, so kann, dieser bereits der Abschluß des vergangenen Jahres und zugleich ein Voranschlag für das laufende Jahr borgclcgt werden, der sich auf die Ergebnisse des erst vor zwei Monaten abgeschlossenen Vorjahres stützen kann. Die Hauptversammlung nahm diesen Antrag einstimmig an, und der Vorstand hatte nun mehr die dadurch erforderlich gewordene Änderung der Satzungen herbeizuführen. Nachdem diese im Vorstand selber festgestellt und eingehend beraten war, hat auch der Hauptausschutz sie geprüft und unterm 8. Februar 1912 seine Zustimmung zu den Vor schlägen des Vorstandes ausgesprochen. In einer außerordent lichen Hauptversammlung der Korporation am 5. März 1912 wurden die Satzungen in der vorgelegten Gestalt angenommen, und diese haben durch einen Erlaß des Herrn Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg vom 18. April 1912 die obrigkeitliche Genehmigung erhalten. Mit der Einladung zu der diesjährigen Hauptversammlung sind jedem Mitglied der Korporation die neuen Satzungen zugestellt worden. Eine durch die Satzungsänderung notwendig gewordene Än derung der »Geschäftsordnung für den Vorstand und die Aus schüsse« wurde gleichfalls in der außerordentlichen Hauptver sammlung am 5. März 1912 angenommen. Der Hauptausschuß der Korporation hat für das Jahr 1912 Herrn Arthur Georgi zum Vorsitzenden und Herrn Ludwig Bloch zum Schriftführer gewählt. Der Hauptausschutz hat sich im vergangenen Jahre in dan kenswerter Weise an der Neubearbeitung der Satzungen der Korporation beteiligt und hat auch in einer Reihe von Fällen seine gutachtliche und schiedsrichterliche Tätigkeit ausgeübt. Wir teilen hieraus folgende Fälle mit, die ein allgemeineres Interesse beanspruchen dürften. I. Der Verleger eines medizinischen Taschenbuches wünschte ein Gutachten darüber zu erhalten, ob ein ähnliches in anderem Verlage erschienenes Taschenbuch nicht eine Nachbildung des seinigen sei und gegen K 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verstoße. Der Hauptausschuß ist in dieser Frage zu folgendem Beschluß gekommen: K 1 des Gesetzes betreffend unlauteren Wettbewerb besagt: »Wer im Geschäftsverkehr zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden.« Der Hauptausschutz vermag in der Herausgabe des Buches nicht eine Handlung zu erblicken, die gegen die guten Sitten ver stößt. Der Titel Taschenbuch erscheint nicht schutz berechtigt, er bildet zudem im vorliegenden Falle nur einen Teil des Gesamttitels, und zwar nicht den wesentlichen. Er hat für den Buchtitel als Ganzes hier nur die gleiche Bedeutung wie die sonst gebräuchlichen Bezeichnungen: Leitfaden, Grundriß, Grundzüge usw. und kommt des weiteren auch bereits in ganz ähnlicher Zusammenstellung in der Literatur vor. Es handelt sich ferner hier auch nur um zwei einzelne auf ganz verschiedenen Gebieten der Medizin liegende Veröffentlichungen, so daß auch eine Irreführung der Käufer durch den ähnlichen Titel ausge schlossen ist. Ist also ein Verstoß gegen das Gesetz betreffend unlauteren Wettbewerb in dieser Hinsicht nicht anzuerkennen, so ist auch der Vorwurf, daß beide Bücher sich nach Farbe, Auf schrift und Format in ihrem Äußeren ausfallend gleichen und hieraus ein Verstoß gegen A 1 des Gesetzes betreffend unlauteren Wettbewerb abgeleitet werden müsse, nicht berechtigt. Die Aus stattung beider Bücher ist eine so gebräuchliche, in nichts besonders originelle, daß die Ähnlichkeit sehr wohl eine zufällige sein kann und nicht auf unlautere Motive zurückzuführen sein muß. Die Ähnlichkeit — nicht Gleichheit — der Formate ergibt sich aus dem Begriff »Taschenbuch«. Die ähnlichen — nicht gleichen — Farben und Art des verwendeten Kaliko und die Weiße Folie für den Titelaufdruck sind keine Absonderlichkeiten, sondern stehen vielfach bei wissenschaftlichen Werken in Verwendung. Der Hauptausschutz ist somit der Ansicht, daß der erhobene Vorwurf durch das vorgelegte Material nicht begründet ist. 2. Das Königliche Amtsgericht Berlin-Mitte wünschte ein Gutachten über die Frage: »Ist es im Verkehr zwischen Verleger und Drucker Handels gebrauch, daß bei Bestellung bon Sachen ein Netto 2 7» mehr als die bestellte Anzahl geliefert werden, weil beim Binden 2 7° verdorben werden?« Der Hauptausschuß hat darüber folgendes Gutachten er stattet : Es besteht ein Handelsgebrauch dahin, daß die seitens des Buchdruckers abzuliefernden Drucksachen mit derartig reichlichem Zuschuß geliefert werden, daß nach Abzug der beim Binden un vermeidlichen Verluste mindestens die bestellte Auflagehöhe vom Buchbinder zur Ablieferung gelangen kann. Die in der Frage stellung für den Zuschuß angegebenen 2 7° bilden das Mindest maß. 3. Eine Verlagshandlung hatte mit einer hiesigen Sorti mentshandlung das Abkommen getroffen, daß ihr bei Erreichung eines bestimmten Absatzes ein Extrarabatt vergütet werden sollte. Da die Sortimentshandlung nicht rechtzeitig abrechnete, so ver weigerte der Verleger die Vergütung des Extrarabattes; es kam darüber zur Klage, und das Kgl. Landgericht I zu Berlin erbat von dem Vorstande der Korporation ein Gutachten dar über : »Ob im Buchhandel der Handelsgebrauch besteht, daß der Verkäufer an gegebene Zusagen von Extravergütungen dann nicht gebunden ist, wenn der Käufer nicht bis zur nächsten Ostermesse die Abrechnung bewirkt und, soweit nicht eine Übertragung der Schuld auf die nächste Rechnungsperiode erfolgt, Zahlung leistet?« Das Gutachten des Hauptausschusses hatte folgenden Wort laut: Der Hauptausschutz erkennt es als feststehenden Handelsge brauch im Buchhandel an, daß der Verkäufer — Verleger — an gegebene Zusagen von Extravergütungen bei bestehender Jahres rechnung nur dann gebunden ist, wenn der Käufer — Sortimen ter — bis zur nächsten Ostermesse die Abrechnung bewirkt und ordnungsgemäß Zahlung leistet. Als Schiedsgericht ist der Hauptausschutz einmal tätig gewesen. 4. Ein Verleger hatte mit einem Autor mündlich die Heraus gabe eines Werkes besprochen und unter einem bestimmten Vor behalt die Bedingungen festgelegt, unter denen er den Verlag über nehmen wolle. Ein schriftlicher Vertrag war nicht geschlossen worden. Als dann nach einigen Monaten der Verfasser den Ver leger um Abschluß eines solchen ersuchte, war inzwischen ein Konkurrenzwerk erschienen, von dem der Verleger annahm, daß es das zwischen ihm und dem Verfasser geplante Werk überflüssig machen werde, und er erklärte daher, daß er aus diesem Grunde von dem mündlichen Abkommen zurücktreten müsse. Hiermit war derVerfassernicht einverstanden, sondern er verlangte vielmehr nach Fertigstellung seines Buches dessen Veröffentlichung oder die Zahlung einer Entschädigung. Beide Parteien einigten sich da hin, daß sie den Streit dem Hauptausschuß der Korporation un terbreiten wollten, und dieser kam zu folgendem Schiedsspruch: Es geht aus den vorgelegten Unterlagen genügend klar hervor, das ein Verlagsvertrag tatsächlich zustande gekommen ist, wenn auch vorläufig nur in mündlicher Form, und daß ein Rllck- 402»