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9084 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 215, 14. September 1907. Wirkungen sich auf die Zeit der Vertragsdauer hinein erstrecken und derartige sind, daß dem andern Teil die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht weiter zuzumuten ist. Daß eine vor der Anstellung erlittene zweijährige Zuchthausstrafe des Angestellten wegen Bandendiebstahls, die dem Prinzipal nachträglich bekannt wird, eine solche Wirkung äußern kann, ist nicht zu bezweifeln. <Aus -Das Recht-.) »Hausierhandel mit Kalendern. — In der letzten Sitzung der Handels- und Gewerbckammer in Passau kam der Hausierhandel mit Kalendern zur Sprache. Die einschlägigen Ge schäfte von Straubing beklagten sich bei der Kammer über die große Konkurrenz, die ihnen durch den Handel von Missions- geistlichen, Klosterfrauen usw. mit Kalendern erwachse. Der Berichterstatter beantragte, die Regierung zu ersuchen, daß sie diesen großen Mißstand, wie er in Bayern herrsche, beseitige dadurch, daß sie jeder nicht befugten Person den Handel mit Druckschriften und Kalendern verbiete. Vermächtnis. — Wie die »Allgemeine Zeitung- meldete, vermachte der Pariser Journalist Duvaud seine Ersparnisse in Höhe von 80000 Francs dem Pariser Verein Republikanischer Journalisten, damit diese ermutigt werden, ein Heim für arbeitsunfähige Kollegen zu errichten, und um die Journa listenvereinigungen in der ganzen Welt an die Aufgabe der Soli darität zu erinnern. Neuentdeckte Goethe-Briefe. (Vgl. Börsenblatt Nr. 207.) — Die siebzehn im Nachlaß des verstorbenen Buchhändlers Soldan in Nürnberg aufgefundenen Briefe Geethes sind nach der Frank furter Zeitung vorwiegend geschäftlicher Natur und betreffen den Druck und die Herausgabe einzelner Werke des Dichters. Sie sind an den Verlagsbuchhändler Friedrich Frommann in Jena gerichtet. In diesem Hause hat Soldan in seiner Jugend eine Stellung innegehabt. Der Finder der Briefe, Pfarrvikar Or. Rudolf Herold in Fürth, will sie demnächst veröffentlichen. Eine Universität in Algier. — Vielleicht schon im nächsten Jahre, wahrscheinlich aber erst im übernächsten Jahre soll, wie der »Allgemeinen Zeitung- berichtet wurde, in Algier eine Ilvivsrsits äs i'4.krigus äll klorä geschaffen werden. Anläßlich der letzten Inspektionsreise durch die Looiss sapsrieures von Algier hat der Gouverneur den Plan einer llniversitätsgründung wieder ausgenommen und einer Finanzkommission unterbreitet. Nach dem Bericht der Herren Bouchard und Moissan sollen Institute für Zoologie, Botanik, Hygiene usw. geschaffen werden, und zugleich wurde darauf hingewiesen, daß die Universität ein neues Bindeglied zwischen den verschiedenen Rassen, die die französische Kolonie birgt, bilden würde. In den Leoiss supsrisarss von Algier wurden im Schuljahr 1906/07 1344 Schüler ausgenommen; die Zahl übertrifft die von sieben Universitäten des Mutterlandes: Aix-Marseille (1269), Dijon (966), Poitiers (962), Grenoble (896), Caen (414), Besanyon (325) und Clermont (281). Durch die Anzahl ihrer Hörer würde also die Universität von Algier den neunten Rang (der Hörerzahl nach) unter den 15 Universitäten, die Frankreich besitzt, einnehmen. Hoffentlich setzt man die Begründung der Universität durch, denn aus den obigen Zahlen kann man ersehen, wie gut und wie not wendig eine Hochschule in Algier ist, die im gleichen wissenschaft lichen Rang stehen würde wie ihre Schwestern in Frankreich. Ei« Denkmal für Eichrndorff. -- Das Komitee zur Er richtung eines Eichendorffdenkmals in Breslau versendet fol genden Aufruf: -Am 26. November 1907 ist ein Halbjahrhundert verflossen, seitdem Josef Freiherr von Eichendorff die Augen zum letzten Schlummer schloß. Im Herzen seiner Heimat, in der schle sischen Hauptstadt, soll ihm nunmehr ein würdiges Denkmal er stehen. Dort, wo Friedrich Wilhelm III. den Aufruf -An mein Volk« erließ, wo Blüchers und Bismarcks Male gen Himmel ragen, soll auch Eichendorffs Standbild seine Stätte finden, ein Symbol der deutschen Wacht im Osten, an der sich jede fremde Völkerwoge bricht. Den begeisterten Patrioten, der unter Lützows Jägern für Deutschlands Ehre und Freiheit focht und, als der Erbfeind endgültig niedergerungen war, sein ganzes ferneres Leben für Gott, König und Vaterland in die Schanze schlug, den Dichter, der die unsterblichen Lieder sang, die heute im Volke wider klingen, ihn, der in lieblichen Märchen und Novellen, im Roman und im Schauspiel Glänzendes schuf, den köstlichen Satiriker, den Meister deutscher Prosa und nicht zuletzt den in allen Stürmen der Zeit nackensteifen, getreuen deutschen Mann, ihn wollen wir ehren. An alle, die Eichendorff kennen und lieben — und wer kennt und liebt ihn nicht! —, ergeht daher die dringendste Bitte, ein Scherflein für dieses Denkmal beizusteuern. Deutsche Männer und Frauen in allen Gauen, soweit man unsere Sprache spricht, fördert den Plan! Du aber, sangesfrohe deutsche Jugend, rufe den immer noch vorhandenen Idealismus des deutschen Volkes wach, ehre Dich selbst in Deinem großen Sänger, sammle und wirb! Auch die kleinste Gabe kann ein Baustein der Liebe und Verehrung sein. — Beiträge nehmen entgegen: die Deutsche Bank, Depositenkaffe 6, Berlin W., Potsdamerstraße 134a, der Schlesische Bankverein, sowie die Bankhäuser Eichborn L Co. und E. Heimann in Breslau.» Das Komitee enthält Mitglieder aus fast hundert Orten des Deutschen Reichs, Österreichs und der Schweiz. » Neue Bücher, Kalaloge re. für Buchhändler. E. S. Mittler L Sohn, Königliche Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei in Berlin 81V. 68, Kochstraße 68—71. (Ge schichtliches und Wirtschaftliches.) 8". 48 S. mit 1 Porträt und vielen Abbildungen. Den äußern Anlaß für die Herausgabe dieser Schrift bietet wohl die hier wiederholt (Nr. 209 und 212) erwähnte Feier des siebzigsten Geburtstags des Seniorchefs der Firma Herrn vr. Theodor Toeche-Mittler. Sie gibt zunächst einen in großen Zügen gehaltenen historischen Überblick über die Ent wicklung des Geschäfts, dem eine Schilderung der tech nischen Betriebe rc. folgt, in denen sich die gegenwärtige Tätigkeit des Geschäfts abrollt. Den weitaus größten Teil der Schrift nimmt eine Darstellung der Aerlags- tätigkeit des Hauses Mittler L Sohn ein, deren Bedeutung hier noch einmal hervorheben zu wollen, Eulen nach Athen tragen hieße Nicht weniger als zwölf Gebiete sind cs, denen die Firma ihre Tätigkeit widmet: Militärliteratur, Marine- und Kolonialliteratur, Geographie und Reisebeschreibungen, geschichtliche und belletristische Literatur, Goethe-Literatur, Erbauungsschriften, philosophische Literatur, Unterrichts wesen, Stenographie, Zolltarife und Handelsverträge, Ber- sicherungswissenschaft, Zeitschriften. Es würde den Raum dieser Mitteilung weit übersteigen, wollte man auch nur die hauptsächlichsten Werke hier mit Titeln aufführen. Das Schriftchen ist aufs sauberste ausgestattet, in einer klaren, deutlichen Frakturschrift gedruckt. Mit Interesse betrachtet man die zahlreichen Abbildungen, die die Gebäude und inneren Räumlichkeiten des großen Hauses zur Anschauung bringen. Von Persönlichkeiten enthält die Schrift pietätvoll nur das Bild des Gründers, des am 12. April 1870 Heim gegangenen Ernst Siegfried Mittler (Vater). Recht geschmackvoll erscheint uns der Umschlag, der aus weißem, zart marmoriertem Papier besteht und oben links auf goldenem Grunde einen eisengepanzerten Rittcrsmann zeigt, der, in der Linken den Helm haltend, die Rechte auf eine Reihe Bücher legt; von den aufgestellten Büchern tragen vier als Rückentitel die Zahlen 1789, das Gründungsjahr der Firma. Vor sich hält der Ritter einen Schild, der durch den Namen der Firma zum großen Teil verdeckt wird. Ein kleineres Feld rechts unten ent hält ebenfalls auf goldenem Grunde das Losungswort des Hauses Mittler: -Die Wissenschaft eine Waffe, die Waffe eine Wissenschaft-. So ist die Schrift in ihrer Ausstattung der Firma würdig, die seit über hundert Jahren nur Gutes heroorgebracht hat und die mit berechtigtem Stolz von sich sagen kann: -Vor allen Dingen weist die Geschichte des Hauses den Grundsatz der Treue gegen die übernommenen Aufgaben und gegen die in fünf Generationen erprobten Überlieferungen ein und des selben Geschlechts auf, das in dem weitgestreckten Zeitraum, in dem es im öffentlichen Leben wirkt, sich an den bewegenden Fragen des Schrifttums tätig beteiligt und überall dort als Förderer großer Ziele erwiesen hat, wo es galt, sie der Ge samtheit der Gebildeten näher zu bringen.-