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2066 Nichtamtlicher Theil. 104, 5. Mai. menter freiwillig oder infolge Uebereinkunft in gewissen Zeit abschnitten L Conto-Zahlungen macht oder halbjährig rein saldirt und dafür eventuell Disconto genießt. Die Eröffnung laufender Rechnung würde freilich mehr Schwierigkeiten haben als gegenwärtig, denn kein Verleger wird alsdann eines Jahressaldos von 10 M. halber Rechnung führen oder Unbekannten große Beträge creditiren wollen. Wer möchte diesen Umstand aber anders als ein Hanptmittcl bezeichnen, die unsoliden Elemente aus dem eigentlichen Buchhandel zu entfernen und auf den Weg des Bezugs aus zweiter Hand zu verweisen? Solide Handlungen mit kleinem Bedarf werden immer bei ihren Hauptverlegern Conto zu erhalten wissen; brauchen sie einmal etlvas von einem Anderen, so mögen sie entweder den Netto betrag bei der Bestellung einsenden oder sich an ihren Commissionär wenden, der das Buch für seine Rechnung zu bestellen hätte und event. die Francozusendung an den Committenten beordern könnte. Letzterer Hütte alsdann nur noch die Provision des Commissionärs zu tragen, die ganze Einrichtung würde aber den zahlreichen in den Buchhandel eingcdrungenen oder durch die bekannten Buchhandlungs fabriken eingeführten Pfuschern das Handwerk erschweren, während andererseits der Werth directer Verbindungen besser geschätzt und demzufolge mehr Ordnung und Pünktlichkeit beobachtet würde, um sic aufrecht zu erhalten. Ohne ein gewisses, nicht zu knappes Maß von Coulanz ist ein solcher Verkehr allerdings nicht denkbar, und auf etliche Post karten und unzweideutige Auskunft auf Anfragen, oderauf sofortige Rücknahme irrthümlich bestellter, bezw. vom Kunden nicht acccptirter Bücher darf es auf Seite des Verlegers nicht ankommen, während andererseits der Sortimenter seine Bestellungen mit derjenigen Sorg- faltzu machen hätte, welche Jrrthümer nach Möglichkeit ausschließt. Kosten, welche durch Rücksendungen entstehen, hätte selbst verständlich der schuldige Theil zu tragen, bloße Gefälligkeits anfragen sollten mit Rückantwortskarte versehen sein. Da der directe Verkehr sich auf eine geringere Anzahl Firmen be schränken, mit diesen aber ein innigerer sein würde als bisher, so würde sich die nöthigc Coulanz auch da, wo sie nicht im Blute liegt, als Nothwendigkeit bald von selbst einführen. Der Zeitschriftenbezug muß natürlich ebenfalls dem Prinzip der Francolieferung bei reducirtem Rabatt angepaßt werden. Die Bestellung erfolgt entweder durch directe Pränume ration, oder die Zeitschriften werden je nach den Umständen in Quar tals-, Semester- oder Jahresrechnung geliefert, und die Nummern (Hefte) vom Verleger franco entweder direct an den Sortimenter oder franco an dessen Commissionär (siehe unten), oder franco an den Abonnenten selbst, dessen Adresse der Sortimenter dem Ver leger aufzugeben hätte, expedirt. — Bei den meisten wissenschaft lichen Zeitschriften wird die Francatur nebst einer Vergütung für die Expedition per Post etwa ION des Ladenpreises betragen, so daß es also ebenfalls bei l5°/g Rabatt und Francoliefernng bleiben kann, gerade wie bei den Büchern. — Wird die Zeitschrift vom Ver leger direct an den Abonnenten gesandt, so erspart der Sortimenter- alle Arbeit und weitere Kosten, seine Mühe für Aufgabe des Abonnements und Verrechnung desselben dürfte also mit 15N hin länglich belohnt sein. Diese Expeditionsweise ist in Frankreich die übliche; nur begnügen sich dort die Sortimenter in der Regel mit noch geringerem Nutzen. Das Verhältniß für die wöchentlichen populären Blätter ist wahrscheinlich im Grunde dasselbe; denn wenn die Sortimenter bisher die Bezugsspesen tragen konnten, so werden sie in Zukunft auch den Abzug für Francatur tragen können; indeß fehlte es beim flüchtigen Niederschreiben dieser Zeilen an Zeit, nähere Calculationen anzu stellen. — Durch gemeinsamen Bezug per Bahn für ein und den selben Ort wäre vielleicht das ungünstige Verhältniß des großen Ge-1 Wichts und geringen Preises zu verbessern. Keinenfalls darf dieser Nebenzweig des eigentlichen Buchhandels auf eine Reform des letzteren hindernd einwirkcn. Bis hierher handelt es sich ausschließlich um festen Bedarf; vollständig davon getrennt ist der Bezug ü condition zu halten — der schwierigste und eigenartigste Punkt im Buchhandel. — Daß derselbe gegenwärtig sehr im Argen liegt, wird jeder Buchhändler unterschreiben. Verleger und Bücherfabrikanten (div. ist zweierlei!) überschwemmen den Sortimenter mit Novitäten, die er nicht absetzen kann; die ihm Zeit und Geld wegnehmcn und ihn so zu sagen zum Sclaven u. zum marolmnä ckss mackes machen. — Andererseits werden ganze Sortimentcrexistenzen lediglich auf den L condition-Vcrkchr gegründet; man stafflet einen Laden brillant aus mit lauter fremdem Eigenthum, uud glaubt schließlich seine Schuldigkeit dem Verleger gegenüber gethan zu haben, wenn man in der Ostermesse seinen Transport von 100 M. mit 60 M. beschädigte Remittcnden und 40 M. Disponenden ausgleicht! — Die blinden Disponcnden, das Nachverschrciben abgesetzter L condition-Artikel znm Baarpreis und ähnliche Künste mögen hier mit dem Mantel christlicher Liebe bedeckt bleiben; ebenso soll nur vorübergehend erwähnt werden, welcher Schaden durch Auslegen gebundener Sachen im Schaufenster und ähnliche rücksichtslose Behandlung der ä condition empfangenen Bücher den Verlegern alljährlich erwächst. Kurz, weder der eine noch der andere Theil kommt ohne schweren Nachtheil davon. Offenbar hat die Lieferung L condition nicht den Zweck, den Sortimentern das Geschäftsrisico im Allgemeinen möglichst zu ersparen, sondern sie hat den Zweck, ihm von neuen Erscheinungen, über welche er sich nach der Anzeige kein genügendes Urtheil bilden kann, den Augenschein zu gewähren und ihm zu ermöglichen, sie auch dem Publicum vorzulegen. — Hwrbei sollte es aber sein Bewenden haben; nur die Novitäten sollten in nöthiger Anzahl (nicht massen weise) L condition bezogen und von den wichtigsten Werken der letzten 3—5 Jahre, die man gleichwohl nicht fest auf Lager nehmen kann, eine möglichst kleine Auswahl L condition auf Lager gehalten werden — Aelteres garnicht. Tritt einmal der Fall ein, daß ein Kunde ein älteres Werk zur Ansicht wünscht und wirklich die Absicht hat, es zu kaufen, so verschreibe man es fest mit Remissionsberechtigung Per Post, und der Verleger bedenke, ob der Artikel wirklich noch seinen Ladenpreis Werth ist, oder ob erihnnicht,datheilweiseveraltet,billiger abgeben soll, um den Kunden desto eher zum Kauf zu veranlassen. Das Publicum ist davon zn verständigen, daß die Remission mit Portokosten verbunden ist, und wird anständiger Weise diese selbst tragen; weigert sich Jemand, nun so thue man ihm ein zweites Mal den Gefallen nicht, wenn man nicht andere Rücksichten zu nehmen hat. — Die übertriebene Dienstfertigkeit mancher Sorti menter, Alles ä, condition zu verschreiben, was Hinz und Kunz sehen und theilweise benutzen wollen, ohne Geld dafür auszugeben, ist auch ein sogenannter Krebsschaden. *) Es bleibt nun noch die Frage der Bezugsweise L condition zu erörtern, von welcher oben gesagt ist, daß sie von dem Bezug in feste Rechnung völlig getrennt werden müsse. Da zur Verhütung der Schleuderet der Rabatt nicht höher sein darf, als bei den fest bezogenen Artikeln; da aber weder Ver leger noch Sortimenter das Postporto oder die Fracht- und Com missionsspesen allein tragen können, so wäre das Nächstliegende, *) Es kommt in Leipzig sehr häufig vor, daß Artikel von 25 Pf. Ladenpreis in einem einzigen Expl. L cond. empfohlen werden; wer den Leipziger Mechanismus kennt, kann sich vorstellcn, wieviel Hände und Beine um diese Lappalie in Anspruch genommen werden, bis endlich nach Jahr und Tag die Broschüre wieder ans die Nieder lage des Verlegers heimgekehrt ist. — Das ist auch „Verlust am Nationalvermögen"!