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243, IS, Oktober 1S0S. Nichtamtlich« Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 12421 Bedürfnissen und dem neuesten Stand der Wissenschaft un passen mußten. Zuerst begann 1907 das Deutsche Wörterbuch von Fr. L. K. Weigand, das Professor Hermann Hirt neu herausgibt, in Lieferungen zu erscheinen, und es liegt jetzt mit der k. Lieferung zur Hälfte vor <5. Auflage. Gießen. Alfred Töpelmann. Vollständig in etwa 12 Lieserungen von je 1 SO H). Weigands Werk war das erste, das die Etymologie genügend berücksichtigt hat, und darin beruht auch heute noch hauptsächlich sein Wert. Nachdem es 15 Jahre auf dem Büchermarkt gefehlt hat, ist es von Karl von Bahder, Hermann Hirt und Karl Kant vollständig neu bearbeitet worden. Bei jedem Wort ist die Herkunft und die Stelle angegeben, an der es zuerst erscheint. Da er fahren wie z. B., daß Bücherei bereits in dem »Neuen Dictionarium» von Kramer 1678 verzeichnet ist und wahr scheinlich in den Sprachgesellschaften für Bibliothek auf gekommen ist. daß Buchbinder und Buchdrucker in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden sind (z. B. puchpinter. Städtechroniken 11,641. 8 vom Jahre 1501. buch- trucker 1478).daß Buchführer zuerst im Sinne von Buchhändler schon 1489 vorkommt. Buchhändler erst 1575 im Dbo» trum äiaboloruiu am Schluß der Vorrede. Buchhandel sogar erst im siebzehnten Jahrhundert (1627). Die Beschaffung so vieler Nachweise erfordert natürlich eine ungeheure Arbeit, und deshalb darf man wohl hoffen, daß der deutsche Buchhandel es sich angelegen sein läßt, dem in großer deut licher Antiqua gesetzten und gut ausgestatteteu Werke zu der verdienten Verbreitung zu verhelfen. Vor kurzem ist auch die 1. Lieferung der 8. Auflage des Handwörterbuchs der deutschen Sprache von Or. Daniel Sanders erschienen, das von Or. I, Ernst Wülfing neu bearbeitet, ergänzt und vermehrt ist (Leipzig. Otto Wigand m. b. H. Jede Lieferung 1 ^). Dieses Werk, das zuerst 1869 erschienen ist und ursprünglich nur ein Auszug aus Sanders' großem und ziemlich teurem Wörterbuch der deutschen Sprache war, legt mehr Wert auf die Erklärung der Wörter, der in der Regel auch Beispiele beigefügt sind, um die verschiedenen An wendungen zu erläutern. Außerdem ist bei jedem Wort die Tonsilbe bezeichnet. Im ganzen ist der reiche Besitzstand der heutigen Schriftsprache dargestellt, aber natürlich sind auch veraltete Wörter und bei den noch ge bräuchlichen auch ältere Bedeutungen nicht übergangen, wenn sie bei den klassischen Schriftstellern Vorkommen oder wenn sie auch nur für die Entwickelung der Bedeutung von Wert sind. Auf die Etymologie hatte schon vr. Sanders im Handwörterbuch verzichtet und dafür auf sein großes Wörter buch verwiesen. Fremdwörter find nur in geringer Zahl ausgenommen, weil das Wörterbuch mit dazu beitragen will, entbehrliche Wörter aus fremden Sprachen tunlichst zu vermeiden. Das Werk ist in Fraktur, und zwar in Petit und in Nonpareille gesetzt, und wenn auch die Schrift viel kompresser ist. als die des Weigand, so ist doch das Satzbild der einzelnen Seiten noch übersichtlich. Die beiden Werke sind wesentlich verschieden von einander, und dem einen wird dieses, dem andern jenes mehr zusagen. Beide haben eben ihre Vorzüge und er gänzen sich gegenseitig. Deshalb schließt das eine das andere durchaus nicht aus. und man kann deshalb erwarten, daß sie sich in friedlichem Wettbewerb überall im deutschen Hause einbürgern werden. Ariost und der Buchhandel. Lodovico Ariosto ließ 1516 sein Hauptwerk, den »Orlsuäo lurioso» (Rasender Roland), im Druck erscheinen. Kurz zu vor wandte er sich zur Wahrung seiner Autorrechte an den Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. Dogen von Venedig. Diesen Brief teilt Lothar Schmidt in dem eben erschienenen 2. Bande seines Werkes »Die Renaissance in Briefen von Dichtern. Künstlern. Staats männern. Gelehrten und Frauen» (Leipzig 1909. Klinkhardt L Biermann. S. 135 u. f.) mit. Da dieses Schreiben wohl eines der frühesten Dokumente ist. worin der Versuch ge macht wird, geistiges Eigentum, das bis zur Erfindung der Buchdruckerkunst von jedermann beliebig vervielsältigt und ausgenutzt werden konnte, zum materiellen Vorteil des Ver fassers zu schützen, so sei es auch hier wiedergegeben. Es lautet: »Mein erlauchtester und erhabenster Herr! Von Ew. Er laucht erbitte ich. Euer ergebenster Knecht Lodovico Ariosto, Ferraresischer Nobile und Diener des hochwürdigen Herrn Kardinals von Este, dieses: Da ich durch lange Nachtarbeit und Mühen zum Zeitvertreib und zur Erholung von Herren erlesenen Geistes und von Damen ein Werk vollendet habe, worin es sich um artige Dinge, um ergötzliches Waffengeklirr und Liebe handelt, und da ich es zum Nutz und Frommen aller derer veröffentlichen möchte, die es lesen und sich daran erfreuen wollen, da ich ferner jahrelang daran gearbeitet habe, so möchte ich es auch drucken, wo und wie es mir gut scheint. Weil ich nun aber befürchte, daß irgend ein anderer, sobald mein Werk heraus sein wird, sich er lauben könnte, es nachzudrucken oder Nachdrucken zu lassen und mir so den Lohn meiner Arbeit fortzunehmen, bitte ich Ew. Erhabenheit inständigst, mir durch Dekret und Privileg die Gnade zu gewähren, daß es bei meinen Leb zeiten weder einer heimischen noch fremden Person wess' Standes auch immer erlaubt sei. es im Gebiete Ew. Herr lichkeit weder in Folio noch in Quartformat zu drucken, noch auch besagtes Werk von mir zu verkaufen oder verkaufen zu lassen, ohne daß ich. Lodovico Ariosto. der Verfasser des Werkes, es erlaube. Und dies soll auf die Gefahr hin ge schehen, daß der Zuwiderhandelnde alle gedruckten Exemplare verlöre und noch dazu 1000 Dukaten zahlen müßte. Diese Strafe soll zur Hälfte geteilt' werden an den. den Ew. Herrlichkeit bestimmen wird, zur andern Hälfte aber mitsamt den gedruckten und verkauften Büchern an mich. Lodovico Ariosto. den obengenannten Diener Ew. Erlaucht, aus gehändigt werden.» Dieses Gesuch wurde in der Kanzlei zu Venedig amt lich bewilligt, wie eine Aufschrift (in lateinischer Sprache) besagt: »Dem obengenannten Schriftsteller wird die nachgesuchte Gunst gewährt» (Folgen die Unterschriften von vier Rälen). Interessant ist auch ein Schreiben von Ariost. in dem er gegen eine Abrechnung mit einem Sortimentsbuch händler protestiert. Am 8. November 1520 schreibt er nämlich an den Mantuanischen Sekretär Mario Equicola: »Durch Messer Giangiacomo Baetone habe ich sechs Libbre in Eurer Währung erhalten, die Ew. Magnifizenz mir. glaube ich. aus den Geldern hat zukommen lassen, die von den Verkäufen meines Orlando aus Verona her rühren. Ich danke Ew. Magnifizenz dafür, doch scheint mir das zu wenig im Vergleich zu dem. was ich erwartete. Ich kann nicht glauben, daß der Buchhändler sie nicht alle abgesetzt hat, denn ich weiß nicht, wo es in Italien noch welche zu verkaufen gibt, und wenn er sie bis jetzt nicht verkauft hat, so glaube ich überhaupt nicht, daß er sie noch verkaufen wird. Darum wäre es besser, der Buch händler schickte sie hierher, wo ich sie sofort absetzen könnte, denn Tag für Tag kommen Anfragen an mich. Wenn Ew. Magnifizenz, wie ich hoffe, wieder genesen ist, so bitte ich Sie, die Sache in Erfahrung zu bringen. Dann werden Sie finden, daß die Bücher verkauft sind und daß der Buch händler das Geld für sich behalten will.» 1612