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14348 Börsenblatt s. b. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlich« keil. ^k2SK, 14. November 1912. die Hunderte von Angestellten in seinem Geschäfte besorgt Hai. Sie sehen also aus diesen Beispielen, welchen Umsang diese Geschäfte angenommen haben, und ich glaube nach mei-! neu Schätzungen nicht zu hoch zu greifen, wenn ich behaupte, daß dem Sortimentsbuchhandel pro Jahr viele Hundert tausende Mark an Umsatz entzogen werden. Da nun immer, wenn im Buchhandel Mihstände aufgedeckt und adgefchafst werden sollen, diejenigen, die an diesen Mitzstünden schuld sind, ein großes Geschrei erheben und denjenigen, die diese Mitz- stände bekämpfen, fast regelmäßig vorwerfen, sie wären rück ständig, so habe ich mich mit verschiedenen hervorragenden Kaufleuten in Verbindung gesetzt, um mir von diesen be stätigen zu lassen, daß im übrigen kaufmännischen Betriebe es als selbstverständliche Ehrenpflicht gilt, den Detaillisten nicht durch Lieferung hintenherum an Private geschäftlich zu schä digen. Ich hatte besonders eine längere Unterredung mit einem hervorragenden Großkaufmann der Goldwarenbranche, der ungefähr für die Juweliere eine ähnliche Stellung ein nimmt wie die Barsortimenter für den Buchhandel. Dieser Herr erklärte mir, daß in seinem Geschäfte sämtlichen Ange stellten auf das strengste verboten ist, Privatgeschäfte zu machen, und daß er selbst seinen nächsten Verwandten, geschweige Senn Bekannten und Freunden, nicht ein Stück aus seinem Geschäft liefert, sondern sie stets, so oft derartige Ersuchen an ihn gestellt werden, an die Juweliergeschäfte verweist. Der betreffende Herr erklärte mir ausdrücklich, daß er das als ganz selbstverständlich betrachte, und daß es in anderen Branchen genau ebenso wäre. Vergleicht man mit solchen Anschauungen die von mir geschilderten Zustände im Buchhandel, so ist es für uns recht beschämend, daß sich solche — gelinde gesagt — Unsitten überhaupt einbürgern konnten. Hier möchte ich gleich noch bemerken, daß manche Ver leger Gelehrten und Schriftstellern, die sie als Autoren ent weder gewinnen oder anderen Verlegern abwendig machen wollen, die Lieferung des gesamten Bllcherbedarfs zum Netto preise anbieten. Mancher Kollege in Universitätsstädten wird sich schon gewundert haben, daß die Bezüge von einzelnen guten Kunden unter den Professoren zurückgegangen sind. Hier ist mit ein Grund für diesen Rückgang, und nicht nur, wie vielfach angenommen wird, das übermäßige Versenden von Rezensions-Exemplaren. Wenn die Verleger ihren Autoren Vorteile zuwenden wollen, mögen sie es aus eigene Kosten tun, aber nicht auf Kosten des Sortiments. Alle solchen Fälle tragen nur dazu bei, im Publikum den Glauben an die Solidi tät des Buchhandels zu erschüttern und die Meinung von den »enormen Gewinnen« des Sortiments zu verbreiten. Sehr erleichtert wird die Nettolieferung durch das fort währende ungesunde Anschwellen der Barsortiments-Kataloge, die ja fast die ganze gangbare Literatur enthalten. Der Bezug aus einer Hand, das Nachschlagen der Titel ohne kostspielige Kataloge und die mühelose Bestellung selbst für Laien for dern ja geradezu heraus, für sich und Bekannte nach Herzens lust öarauslos zu bestellen. Ich erkenne dankbar an, daß der Vorstand des Verleger- Vereins bereits Schritte getan hat bei seinen Mitgliedern, um die Gefälligkeitslieserungen einzuschränken, leider bisher ohne großen Erfolg. Um diesen übelständen den Garaus zu machen oder sie wenigstens auf ein Minimum zu beschränken, mache ich Ihnen folgende Vorschläge: Zunächst wollen die Geschäftsinhaber ihren Angestellten den vorhin erwähnten Re vers zur Unterschrift vorlegen, der ihnen vom Vorstande des Verbandes zugehen wird. Damit hoffen wir dem Angestellten- Buchhandel ein Ende zu bereiten, natürlich nur dann, wenn von den Chefs streng daraus geachtet wird, daß die Bedingun gen des Reverses von den Angestellten auch gehalten werden. Femer verlangen wir von den Chefs im Verlagsbuchhandel und Kommissionsgeschäft, daß sie jede Lieferung an Ver wandte, Freunde und Bekannte zum Nettopreis als gegen die > Verkaufsordnung und gegen das berechtigte Interesse des ^ Sortiments verstoßend, ablehnen. Verfehlungen hiergegen müssen als Schleuderfälle bestraft werden, außerdem mutz das Sortiment jede Verwendung für derartige Verleger, die so wenig geschäftliches Anstandsgefühl besitzen, ablehnen. Aber auch die Barsortimenter müssen darauf achten, daß der Bezug von ihrem Lager nicht für jede beliebige Firma erleichtert wird. Das kann einerseits dadurch geschehen, daß die Netto- Kataloge ausschließlich an wirkliche Buchhändler gesandt wer den und nicht an Druckereien, Kunsthandlungen und sonstige dem Buchhandel »verwandte« Betriebe. Ferner müssen die Barsortimenter daraus achten, daß von solchen Firmen ein gehende Bestellungen entweder gar nicht oder erst nach einer Rückfrage und genügenden Erklärungen von seiten des Be stellers ausgeführt werden. Ich empfehle der Versammlung, durch Annahme folgender Resolution ihre Zustimmung zu meinen Ausführungen zu erklären. Diese Resolution lautet: »Die außerordentliche Delegierten - Versammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine im Deutschen Buch- handej erklärt, daß sie es im Interesse des wirtschaftlich schwer darniederliegenden Sortimentsbuchhandels für drin gend nötig erachtet, daß alle buchhändlerischen Privatge schäfte der Angestellten aufhören. Aus dem gleichen Grunde spricht die Versammlung die bestimmte Erwartung aus, daß die Chefs, besonders im Verlags- und Kommissions buchhandel, es als eine dem Sortiment schuldige Ehren pflicht betrachten, niemals Bücher, Zeitschriften und sonstige Gegenstände des Buchhandels usw. an Verwandte, Freunde, Bekannte und dergl. zum Nettopreise zu besorgen, ja nach Möglichkeit auch Sortimentsgeschäfte zum üblichen Preise abzulehnen. Ich hoffe, daß durch Bekanntgabe dieser Resolution die Privat-Gefälligkeitsgeschäste und der Angestellten-Buchhandel endlich aushören werden, zum Wähle und Gedeihen des Sorti ments und damit nicht zuletzt zum Wähle des gesamten Buch handels. (Beifall.) Der Borsitzende erweitert die Zahl der Beispiele, die der Referent gegeben. Herr Paul Nitschmann, Berlin: Der zur Eindämmung der Gefälligkeitsgeschäste der An gestellten vom Vorstände entworfene Revers soll den Kreis- und Ortsvereinen demnächst zugehen. Er hat, Änderungen Vorbehalten, folgenden Wortlaut: Zur Geschäftsordnung der Firma gehörig. 1. Durch 8 bv des Handelsgesetzbuchs ist es dem Handluugs- gehilfen verboten, ohne Einwilligung des Prinzipals ein Han- dclsgciverbe z» betreiben oder in dem Handelszweige des Prin zipals siir eigene ober fremde Rechnung Geschäfte zu machen. 2. Durch Beschluß des Verbandes der Kreis- und Orts vereine im deutschen Buchhandel vom 14. September 1912 sind für den Bezug von Artikeln des Buchhandels seitens der Ange stellten folgende Bestimmungen getroffen worden: a> Der Angestellte erhält siir den Eigen gebrauch be stimmte Artikel des Buchhandels durch Vermittelung der Firma seines Prinzipals in der Regel zum Buchhändler- ncttoprcise geliefert. t>) Die zum Bezüge erforderliche» Verlangzettel sind vom Prin zipal oder einem von ihm zu bestimmenden Vertreter zu zeichnen. o> Alle solche Bezüge sind bei der Übernahme durch de» Ange stellte» bar zu bezahlen ober nach eingeholter Er laubnis in den Geschäftsbüchern zu verbuchen. Im letzteren Kalle hat der Ausgleich spätestens bei der nächste» Gehaltszahlung zu erfolgen. cl) Bezüge der Angestellten für Verwandte, Bekannte, Freunde und andere Personen sind unter allen Umständen verboten. Der Unterzeichnete nimmt Kenntnis von diesen Bestim- I munge» und erklärt sie für sich verbindlich. Ein Verstoß soll