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35 Beilage zu .HZ 275, 27. November 1899. Amtlicher Teil. das Strafverfahren auch bei Fahrlässigkeit möglich sein. Sonst könnte man ja die widerrechtlichen Exemplare oder Platten nicht einmal vernichten. Geheimrat Daude: Nach Z 26 des jetzigen Gesetzes kann die Einziehung im Civilwege oder im Strafverfahren erfolgen. Das soll künftig ausgeschlossen sein; es soll nur noch im Strafverfahren auf Einziehung erkannt werden können. Ich habe an sich kein Bedenken, das so zu lassen. Für Sie wird das Civilrechtsverfahren überhaupt keine besondere Liebhaberei sein. Wenn Sic eine Einziehung erstreben, und nicht genau wissen, wer der Urheber oder Nachdrucker ist, so werden Sie sich immer praktisch an den Staatsanwalt wenden, und dort schneller die Einziehung erreichen als im Civilprozeßverfahren. Herr Schwartz: Dann möchte ich aber folgendes zu bedenken geben. Ich will annehmen, es entstehen zwischen zwei angesehenen Verlagshandlnngen Differenzen; es liegt vielleicht die Verletzung eines ganz wichtigen Objekts vor und man muß aus prinzipiellen Gründen Vorgehen, um den verlagsrechtlichen Thatbestand nicht verdunkeln zu lassen. Ta wäre es nun für den Ver leger sehr peinlich, gegen einen guten Freund, oder eine Firma, die man sonst hochachtet, den Staatsanwalt bemühen zu sollen. Ich bin schon öfter in dem Falle gewesen, daß ich sagte: nein, ich will kein strafrechtliches Verfahren, ich will nur ein civilrechtliches, denn mein Geschäftsfreund soll nicht Angeschuldigter sein; ich will die Sache nur als eine Klage unter zwei Kaufleute» verfolgen. Geheimrat Daude: Ich möchte hier aus Z 50 Hinweisen. Die Sachverständigenvereine sind jetzt berechtigt, auf Anrufen der Beteiligten als Schiedsrichter auch über die Einziehung zu entscheiden. Das soll künftig wegfallen. Es wird allerdings nicht oft praktisch werden; ich habe in meiner 18jährigen Praxis nur zwei Fälle gehabt, wo wir als Schiedsrichter berufen wurden; da handelte es sich aber auch nur um die Frage, welcher Schaden durch den Nachdruck entstanden sei. Herr Voigtländer: Aber wie? Wird die Bestrafung des fahrlässigen Nachdrucks ausgeschlossen, so kann er auch nicht mehr im Strafverfahren verfolgt, folglich kann auch nicht mehr auf Vernichtung erkannt werden. Herr Schwartz: Dem gegenüber ist auf Z 42 Absatz 3 zu verweisen: auf die Vernichtung ist auch daun zu erkennen, wenn der Nachdruck oder die widerrechtliche Verbreitung weder vorsätzlich noch fahrlässig erfolgt ist. Das Verfahren wird hier geregelt. Geheimrat Daude: Das ist das sogenannte objektive Strafverfahren. Vorsitzender: Der Einwurf des Herrn Schwartz scheint doch sehr begründet zu sein. Geheimrat Daude: Die Einziehung soll, wie ich bereits bemerkte, künftig nur im Strafverfahren stattfinden, und da fragt es sich, ob praktische Gründe für Sie da sind, zu wünschen, daß das auch, wie bisher, im Civilverfahrcn geschehen kann. Herr Schwartz: Weshalb soll das geändert werden? Geheimrat Daude: In dem Entwürfe ist die Aenderung nicht motiviert. Der Vorsitzende stellt die Zusammenfassung der Verhandlungen zu tz 48 fest: Der Ausschuß wünscht, daß die Vernichtung der widerrechtlich hergestellten oder verbreiteten Exemplare und der zur widerrechtlichen Vervielfältigung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen nicht nur im Strafverfahren, sondern wie bisher, auch im Civilverfahren verfolgt werden könne. Es sind die Fälle nicht selten, in denen der Be schädigte aus geschäftlichen Rücksichten vom Straf Verfahren gern Abstand nimmt. 8 49. Wird die Vernichtung von Exemplaren oder Vorrichtungen oder die Zuerkennnng des im Z 43 bezeichneten Rechtes selbständig verfolgt, so finden die 88 477 bis 479 der Straf- prozeßordnnng mit der Maßgabe Anwendung, daß der Berechtigte als Privatklägcr anf- trctcn kann. 8 50. Für sämtliche Bundesstaaten sollen Sachverständigen-Kammern bestehen, die verpflichtet sind, auf Erfordern der Gerichte und der Staatsanwaltschaften Gutachten über die an sie gerich teten Fragen abzugeben. Die Sachverständigen-Kammern sind befugt, ans Anrufe» der Beteiligten über streitige Schadensersatzansprnche nach Maßgabe der HZ 37 bis 39, 44 als Schiedsrichter zu verhandeln und zu entscheiden. Der Reichskanzler erläßt die Bestimmungen über die Zusammensetzung und den Geschäfts betrieb der Sachverständigen-Kammern. Die einzelnen Mitglieder der Sachverständigen-Kammern sollen nicht ohne ihre Zu stimmung von den Gerichten als Sachverständige vernommen werden. Vorsitzender: Zu A 50. Herr vr. Schäfer hat bekanntlich im Börsenblatt gefordert, daß die Gerichte künftig verpflichtet sein sollen, die Sachverständigenkammern zu hören, wenn sie einen Sachverständigenbeweis anordnen. Herr Mühlbrecht: Das führt uns wohl zu weit. (Zustimmung.) Zu Absatz 4 habe ich aber eine Bemerkung zu machen. Hier ist es in das Belieben der einzelnen Mitglieder der Sachverständigenkammer gestellt, ob sic vor Gericht als Sach verständige vernommen werden wollen. Ich möchte ihnen das geradezu untersagt wissen. Ich will das Ansehen der Sach verständigenkammern dadurch stärken, daß ihre Mitglieder nur von den Kammern selbst zn Gutachten hernngezogen werden können. Ich möchte es nicht der Zustimmung der einzelnen Mitglieder überlasse». Vorsitzender: Sie wollen also Ihren früheren Antrag noch verschärfen? Herr Mühlbrecht: In der Schärfe habe ich ihn immer vertreten. Die Mitglieder des Kollegiums müssen stets ge schlossen nuftreten. Geheimrat Daude: Ich würde mich dem anschließen und sagen: wer einmal Mitglied einer Sachverständigenkammer ist, der darf von dem Gericht nicht als einzelner Sachverständiger zu einem Gutachten herangezvgcn werden, denn darin besteht gerade der Wert der kollegialischen Zusammensetzung der Sachvcrständigenvereinc, daß ihre Ansichten einheitlich vertreten werden.