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Beilage zu 275, 27. November 1899. Amtlicher Teil. 5 wurde, sondern der Redakteur, Zeichner, Kartograph rc. angestellt wurde wie ein anderer Beamter; er bekommt sein Geld und damit fertig. Ich bin überzeugt, eine Untersuchung würde ergeben, daß in keinem einzigen solchen Falle von einem Urheberrecht je die Rede gewesen ist. Ich meine deshalb, es wäre richtig, wenn das Gesetz das Normale und Regelmäßige als Recht hinstellte. Sonst wird die Umgehung des Gesetzes durch Verträge zur Regel. Geheimrat Daude: Wir sollen das Individualrecht Hochhalten, das ist die Hauptsache beim Urheberrecht. Dieses Prinzip des Individualrechts des Autors müssen wir durch das ganze Gesetz durchlaufen lassen, und das kommt hier am kräftigsten zum Ausdruck, mehr als im jetzigen Gesetz. Wenn aber der Urheber ein solches Recht hat und sich in den Dienst einer Firma begiebt, so begiebt er sich damit noch nicht von selber seines Rechts. Wohl aber kann der Unternehmer ihm sagen: was du jetzt schaffst, so lange du in meinem Dienste bist, das gehört mir. Das kann durch Vertrag ausgesprochen werden, und wenn es bis jetzt nicht ge schehen ist, so wird die Praxis sich so gestalten, daß es künftig geschieht. Herr vr. Ruprecht: Ich möchte den Vorschlag des Herrn Voigtländer unterstützen. Es handelt sich nicht darum, den Betreffenden den Ertrag ihrer Arbeit zu schmälern, aber es besteht die große praktische Schwierigkeit, daß der Verleger die Verbindung mit manchen Mitarbeitern verliert; soll dann später etwas an ihren Arbeiten geändert werden, so kann man ihnen nicht nachlaufen oder sie nicht auffinden und ändert man doch, so tritt das Strafrecht in Wirkung. Vorsitzender: Ich hoffe, daß wir die Schärfen deS Strafrechts überhaupt herausbringen. Herr vr. Ruprecht: Das wäre sehr zu wünschen; ich möchte aber doch den Vorschlag des Herrn Voigtländer unterstützen. Herr Mühlbrecht: Ich glaube nicht, daß wir damit dnrchkommen werden. Der Zug der Zeit ist darauf gerichtet, das Urheberrecht, das Individualrecht ganz unantastbar hinzustcllen, mit allen Schürfen und Konsequenzen. Ich hoffe ja auch, daß wir die strafrechtliche Verfolgung aus dem Gesetze schaffen, aber an der Präzisierung des Urheberrechts werden wir nicht rütteln können. Wir können uns ja gegen die Folgen durch Verträge schützen und erreichen damit auch was wir wollen. Herr Voigtländer: Ich kann Herrn Mühlbrecht da nicht ganz Recht geben. Wenn die Strömung gegen uns ist, so kann uns das unmöglich abhalten, das nochmals auszusprcchen, was wir früher schon ausgesprochen haben. — Noch etwas hätte ich vorhin erwähnen sollen. Der Grundsatz, dem wir zur Geltung verhelfen wollen, daß das Urheberrecht durch das Dienstverhältnis auf den Auftraggeber übergeht, ist ja sowohl in Z 3 wie in tz 16 bereits enthalten. §16 Ziffer 1 handelt davon, daß amtliche Schriftstücke keinen Schutz des Urheberrechts genießen, auch wissen wir, daß den Beamten an öffentlichen Reden oder öffentlichen Schriftstücken, an irgend welchen schriftlichen oder mündlichen Aeußerungen, die sie auf Grund ihres Dienstverhältnisses thun, unter keinen Umständen ein Urheberrecht zusteht. Im K 3 wird festgesetzt, daß den beauftragenden juristischen Personen ein Urheberrecht gebühre. Das ist doch im Grunde nichts anderes, als was nach meiner Meinung für die Angestellten in gewerblichen Betrieben gelten soll. Also das wäre keineswegs eine Durchbrechung des Prinzips, sondern nur eine Fortbildung dessen, was bereits im Entwurf enthalten ist. Herr von Hölder: Ich stimme Herrn Voigtländer vollständig zu. Von den hier in Frage kommenden Personen hat bis jetzt niemand an einen Urheberrechtsschutz gedacht. So wie aber heute die Stimmung bei den intelligenteren Arbeitskräften ist, wird es in vielen Fällen für den Besitzer eines Etablissements sehr schwer werden, sich von den Angestellten unterschreiben zu lassen, daß sie unbedingt auf ein Urheberrecht verzichten. Auch die Behörden und Gerichte werden infolge von Denunziationen und Klagen zahlreiche Arbeit bekommen, die eine ungeheuere Last bilden, ohne daß irgend ein Segen dabei herauskommt. Ich stimme durchaus den Ausführungen des Herrn Voigtländer zu. Geheimrat Daude: Ich darf für die Entstehungsgeschichte dieses Paragraphen auf die Ausführungen Hinweisen, die Excellenz Dambach in seinem bekannten Kommentar zum Gesetz vom 11. Juni 1870 über das Recht des Bestellers gegeben hat. „Mehrere Gesetzgebungen bestimmen, daß der Besteller eines Werkes, welcher dessen Bearbeitung und Ausführung nach einem von ihm gegebenen Plane oder nach einer von ihm gefaßten Idee einem Anderen aufgetragen hat, in betreff dieses Werkes die Rechte des Urhebers genießen solle. Auch der Börsenvereins-Entwurf und der erste Entwurf des gegenwärtigen Gesetzes enthielten eine gleiche Bestimmung. Es wurde zu deren Begründung angeführt, daß »wenn der Verfasser im Aufträge und nach dem Plane eines Anderen zur Ausarbeitung des Wertes geschritten sei, die Ausführung des Werkes selbst dem Besteller gegenüber als das Untergeordnete erscheine, da der Verfasser auf Geheiß und im Namen des Bestellers thätig geworden sei und sich somit dem Willen und dem leitenden Gedanken desselben unterworfen habe.«" „Bei den Beratungen des Gesetz-Entwurfes in Leipzig wurde indessen — und zwar gerade von seiten der Buchhändler, zu deren Gnnsten die Bestimmung getroffen werden sollte — die Beseitigung dieser Vorschrift beantragt. Es wurde ausgeführt, daß dieselbe leicht einen falschen Schein auf den deutschen Buchhandel werfen könne, als ob er sich den Autoren gegenüber ein besonderes Recht habe sichern wollen, und daß ein praktisches Bedürfnis zur Aufrecht erhaltung dieser Bestimmung, welche aus den Anschauungen früherer Zeiten über das Verhältnis der Buchhändler zu den Autoren hervorgcgangen sei, nicht obwalte." Herr Voigtländer: Wir haben uns in früheren Sitzungen über diese vollständig richtige geschichtliche Darstellung schon ausgesprochen. Wir weichen aber von unseren Vorgängern im Jahre 1869 ab, und führen zu deren Entschuldigung an, daß der danialige Ausschuß in sehr überstürzter Weise zusammengetreten und über die Tragweite seines Beschlusses sich nicht ganz klar war. Wir haben auch in den »Beiträgen« unser Bedauern ausgesprochen, daß dieser Beschluß damals gefaßt worden ist. Uebrigens handelt es sich hier ja nicht nm das Recht des Bestellers einem selbständig arbeitenden Schriftsteller oder Künstler gegenüber, sondern um das Recht des Betriebsinhabers gegenüber seinen Angestellten. Geheimrat Daude: Der Dienstherr sagt: machen wir eine Karte, machen wir das oder jenes. Da ist er auch der Be steller seinem Angestellten gegenüber. Aber die geistige Arbeit sollen Sie nicht totmachen; auch wenn der Autor bei Ihnen angestellt ist, sollen Sie ihm den Schutz und den Lohn für seine Arbeit gewähren. Herr Voigtläuder: Jeder Mensch verrichtet bei allem, was er thut, geistige Arbeit, wenn auch mitunter von der unter geordnetsten Art. Alle Beamten eines Betriebes, sie mögen eine Beschäftigung haben welche sie wollen, thun geistige Arbeit, nur nicht gerade in der Form der Zeichnung. Nun soll diese Form oder die Schriftform herausgegriffen und in einer Weise geschützt werden, die, wie ich nochmals hervorhebe, mit den Verkehrsgewohnheiten durchaus nicht verträglich ist. Herr vr. Ruprecht: Ein praktisches Beispiel, daß dieser Paragraph, verglichen mit dem Gesetz über Muster- uud Modell schutz, ungünstig ist. Wenn ein Buchbinder sich eine Zeichnung zu einem Einband machen läßt, so hat die Firma an dieser Zeichnung 2