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3188 Nichtamtlicher Teil. 94, 25. April 1900. Kann man auch auf verschiedenstem Wege zu einer guten Buchführung im Sortiment gelangen, so möchten wir doch bezweifeln, daß es gelingen werde, eine Buchungs- meisc aufzustellen, die diese an Einfachheit, Zuverlässigkeit und klarer Durchsichtigkeit bei geringster Arbeitslast übertrifft. 0. I-. Kleine Mitteilungen. -llcx Heinze». — In einer Versammlung, die am 22. d. M. in Köln von den dortigen Angehörigen der Centrumspartei ab- gehaltcn wurde, sprach auch der Reichstagsabgeordnete Oberlandes gerichtsrat Roeren über die «lsx Hcinze». Bezüglich des zu künftigen Schicksals des Gesetzes befürchtete Redner zwar das Wiederauftauchen der Obstruktion, glaubte aber, daß die Majorität des Widerstandes Herr werden könne, wenn sie am Platze sei. Von den verbündeten Regierungen könne er nicht glauben, daß sie vor der Protestbewegung die Segel streichen werden, sie würden es nicht, weil die lsx Heinzc in ihrer jetzigen Form kaum von der ursprünglichen Regierungsvorlage abweiche. Dann aber sei das Gesetz eins von der ungeheueren sittlichen Bedeutung, -von dcni die Existenz und die Dauer eines gesunden Staatswesens in der menschlichen Gesellschaft abhängt-. Sollte die Regierung aber doch zurückweichen, dann werde der Herrgott auf anderem Wege eingrcifen. Die Wahrheit könne weder durch noch so wüste Protestbewegungen weggefegt, noch durch eine schwächliche Kapi tulation der Regierung beiseite geschoben werden. -Wir haben-, so schloß der Redner, -das Vertrauen, daß unser Herrgott auch auf krummen Linien gerade schreiben kann-. Dem Vortrage folgte andauernder lauter Beifall. Auf Antrag des Chefredakteurs Car- danns nahm die Versammlung nahezu einstimmig eine Resolution an, in der sic sich mit der Haltung der Centrumsfraktion in An gelegenheiten der lsx Hcinze einverstanden erklärte, ferner Herrn Roeren für sein festes Auftreten dankte und die Erwartung aus sprach, daß die Regierung der Protestbewegung nicht nachgeben werde. (Köln. Ztg.) Vergehen gegen H 112 des Strafgesetzbuchs. — Eine seltene Anklage gelangte in voriger Woche vor der neunten Strafkammer des Landgerichts I zu Berlin gegen den Kolporteur Wilhelm Guda zur Verhandlung. Cr war beschuldigt des Ver gehens gegen ß 112 des Strafgesetzbuches, der denjenigen mit Strafe bedroht, der eine Person des Soldatenstandes auffordert oder anreizt, dem Befehle des Oberen nicht Gehorsam zu leisten. Der Angeklagte war Angestellter einer Buchhandlung, die das Unterosfizierkasino des 2. Eiscnbahnregiments mit Journalen ver sah. Allwöchentlich hatte der Angeklagte die Mappe zu wechseln. Er erhielt, von einer Ordonnanz begleitet, Zutritt zum Kasino raum. Als er sich eines Tages mit der Ordonnanz allein befand, öffnete er die mitgebrachte Mappe und machte seinen Begleiter auf ein Heft mit rotem Umschlag aufmerksam mit den Worten: -Das ist was für Siel- Der Soldat besichtigte später das Heft und übergab cs dann seinem Feldwebel. Es war das erste Heft eines Romans sozialdemokratischer Tendenz, betitelt: -Der Streik brecher- oder -Der Sieg der Arbeit-. Auf dem Umschläge war ein »Prospekt» abgcdruckt, der keinen Zweifel darüber ließ, daß durch den Inhalt des Romans sozialdemokratische Tendenzen ver treten wurden. Der Angeklagte bestritt, daß er Sozialdemokrat sei, daß er von dem Roman mehr als den Titel gekannt und daß er den Befehl des Generalkommandos gekannt habe, wonach das Hineinbringen sozialdemokratischer Schriften in Kasernen verboten sei. Der Gerichtshof schenkte ihm keinen Glauben, sondern ver urteilte ihn nach dem Anträge des Staatsanwalts zu einer Ge fängnisstrafe von einer Woche. Ausländischer Konkurs. — Durch Beschluß des Varnaer Kreisgerichts vom II. April 1800 ist Konkurs über das Vermögen des Buchdruckereibcsitzers Ncdio Petr off in Varna (Bulgarien) eröffnet worden. Provisorischer Massenverwaltcr: Advokat P. Dra- gulcff. Wahl des definitiven Massenvcrwaltcrs am 30. April 1900. Anmeldung der Forderungen bis 12. Mai 1900. Termin zur Feststellung der Ansprüche der Gläubiger am 28. Mai 1900. Von der Ausstellung der Künstlcrgenossenschaft in Wien. — Die -Jahresausstellung der Künstlergcnvssenschaft zu Wien wurde, wie alljährlich, vom Kaiser Franz Joseph kürzlich besichtigt. Dabei fielen dem Monarchen die Originalzeichnungcn Heinrich Lesters und Joseph Urbans zu Musaeus' Märchen -Chronika der drei Schwestern« besonders auf. Er sah Blatt für Blatt an und erkundigte sich eingehend, wie das Werk hergcstellt werde. Er hörte mit Interesse, daß es in Buchform erscheinen und auch in der Pariser Ausstellung der Objekte der deutschen Reichs druckerei in Berlin seinen Platz erhalten werde. Das Werk erscheint in diesen Lagen im Verlage von I. A. Stargardt in Berlin. Die beiden Künstler, Leflcr und Urban, erhielten die große goldene Staatsmcdaille. Vom Reichstage. — Auf der Tagesordnung der 179. Plenar sitzung des Deutschen Reichstags am 24. April stand die erste und eventuell zweite Beratung des Uebereinkommens zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn zum Schutze der Urheber rechte an Werken der Litteratur, der Kunst und der Photographie. i l Besuch der Universität Wien. — Die Universität Wien zählte im abgelaufcnen Wintersemester 5123 ordentliche und 1858 außerordentliche, zusammen 6981 Hörer. Deutscher Sprachverein. — In der Sitzung des Gesamt vorstandes des -Deutschen Sprachvereins» am 22. d. M. in Berlin wurde der Geheime Obcr-Baurat Sarrazin, Berlin, zum Vorsitzenden des Vereins gewählt. Allgemeine Vereinigung Deutscher Buchhandlungs- Gehilfen. — Die diesjährige Hauptversammlung der Landes- Vcreinigung Württemberg ist auf Sonntag den 6. Mai, vor mittags 10 Uhr, nach Stuttgart (Dinkelacker's Saalbau, Blauer Saal) einberufen und hat folgende Tagesordnung: 1. Jahresbericht des Vorsitzenden. 2. Die Tabelle für telegraphische Stellenauskünfte. 3. Die Frauenfrage im Buchhandel. 4. Antrag der Landesvereinigung Norden, betreffend Satzungs änderung. 5. Neuwahl des Vorstandes der Landesvereinigung. 6. Verschiedenes. Nach Schluß der Beratungen findet ein gemeinsames Mittag essen in demselben Lokal und dann ein gemütliches Beisammensein in Vachners Brauerei statt. Alle Kollegen, auch Nichtmitgliedcr der Allgemeinen Vereinigung Deutscher Buchhandlungs-Gehilfen, sind zu dieser Versammlung eingeladen. Verein jüngerer Buchhändler -Saldo- in Hannover. Jubiläen der Ehrenmitgliedschaft. — Am 3. März d. I. waren fünfundzwanzig Jahre verflossen, seitdem Herr Hofbuch händler Louis Koehler in München dem Vereine jüngerer Buchhändler -Saldo, zu Hannover als Ehrenmitglied angchört. Auch Herr Verlagsbuchhändler Adolf Foerster in Leipzig konnte am 14. April d. I. auf eine fünflindzwanzigjährige Ehrenmitglied- schnft -im Saldo- zurückblicken. Beide Herren, die dem Vereine schon seit Bestehen desselben ihr wärmstes Interesse und ihre An hänglichkeit entgegengebracht haben, wurden vom -Saldo» in geziemender Weise beglückwünscht. 0. V. Pcrsonaluachrichten. Allszeichnung. — Der Verlagsbuchhändler Herr vr. Carl Victor Lampe- Vi scher in Leipzig, früher in Firma F. C. W. Vogel in Leipzig, ist von Seiner Majestät dem König von Sachsen durch Verleihung des Titels und Ranges eines Geheimen Hofrates ausgezeichnet worden. Der neue württcmbergische Kultusminister. — Als Nachfolger des am 1. d. M. plötzlich verstorbenen württcmbergi- schen Kultusministers Or. von Sarwey ist der bisherige Direktor im Justizministerium, Staatsrat vr. von Weizsäcker, zum Chef des württcmbergischen Kirchen- und Schulwesens ernannt worden. f Alexandre Falguisre. — Der französische Bildhauer und Maler Alexandre Falguiöre, als Bildhauer einer der hervor ragendsten Künstler der Gegenwart, ist vor einigen Tagen in Paris gestorben. Er war 1831 in Toulouse geboren. Seine Hauptwerke sind: -Der Sieger im Hahnenkampf« (eine bronzene Knnbenfigur, 1864, Museum des Luxembourg), — die liegende Figur des von Steinwürsen der Heiden nicdergcstreckten christ lichen Märtyrers Tarcisius (1868), — die Gestalt des Dranias (für die neue Oper in Paris 1869), — die sitzende Figur Corncilles (für das llNöütro kranyais in Paris, 1872), — eine ägyptische Tänzerin (1873), — eine allegorische Darstellung der Schweiz, einen französischen Mobilgardisten stützend (Geschenk der Stadt Toulouse an die Schweiz, 1875), — die Statue Lamartines für Mücon (1878), — eine Diana (1882), — eine jagende Nymphe (1885), — die Musik (1889), — die Frau mit dem Pfau (1890), — die heroische Poesie (1892).