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passen, hat die frühere Unsicherheit verloren; das Tasten hat fester» Überzeugungen Platz gemacht, und da ist namentlich die allgemeine Wahrnehmung von Bedeutung, daß nicht etwa seichte und leichthin oder auf der Schnellbleiche produzierte Ware, sondern im Gegenteil nur gute, gründliche, hochgemute Arbeit die beste Nahrung für diese Kreise bildet. Im Bericht Bayles wird an einigen Beispielen ge» zeigt, wie die Schaffung neuer Lesezentren nach dem Vorbilde der sogen, krce public Ubraiies eine entsprechende Erhöhung der Konsumtionsziffern von Büchern und daher auch eine entspre chende Erhöhung der Produktionsziffern mit sich dringt. Die Buchhändler können sich über das Hinzukommen dieser Kund schaft, die sich zu der alten gesellt, nur freuen. Die Leselust ver breitet sich so augenscheinlich, wie das Bedürfnis nach Licht. Aus diesen Gründen — Mehrung der Kulturwerte und Fach interessen — wurde den Verleger- und Buchhändlerorganisationen empfohlen, mit allen Kräften die Gründung solcher Volksbiblio theken und Lesesäle anzuftreben und zu sördern. Ebensogute Aufnahme bereitete der Kongreß einem Vortrag des Herrn Löblovitz, der in den großen Städten »Kultur häuser« gründen möchte, damit in denselben alle literarischen Neuheiten gesammelt und dem Publikum vor Augen geführt wür den, und zwar nach dem Pavillonsystem in nach Nationen getrenn ten Sammlungen. Da der Rat von Budapest sich bereit erklärt hat, das Terrain für die Anlage einer solchen Institution unent geltlich abzutreten, so wird in der Kongretzstadt wohl ein prakti scher Versuch mit dieser Idee gemacht werden können, der wert voller fein wird als alles Theoretisieren. Freilich darf man hier bei über die Einwände auch nicht leichtsinnig hinweggehen. Einem der Haupteinwände, daß nämlich die Neuheiten in den »Kultur häusern« bloß ausgestellt, nicht aber verkauft werden sollen, wurde in der Resolution bereits Ausdruck verliehen. Daß die Gründung der Deutsch en Bücherei durch den Börsenvercin der DeutschenBuchhändler, über die Herr S i e g i s- mund einen eigenen lesenswerten, die leitenden Gesichtspunkte darlegenden Bericht abgesaßt hatte, mit großer Sympathie begrüßt wurde, in die zur Kräftigung der Mischung Wohl auch einige Tropfen Neid hineinflietzcn mochten, ist bei der vorbildlichen Aus gestaltung des Werkes selbstverständlich. Der Bericht hatte übrigens die ganze Frage nicht nationalistisch, sondern von einem allgemeinen Standpunkt aus behandelt. Kräftig waren darin die Momente und Postulate, deren Verwirklichung bei Gründung jeder derartigen Landessammlung wünschenswert ist, herausge- «)oben, ganz besonders die Anlage einer zuverlässigen, möglichst lückenlosen Bibliographie, die richtige Katalogisierung, der Per- Inehrte Bllcherabsatz, die Kräftigung der Geistesproduktion, das ^Zusammenarbeiten von Buchhändlern und Bibliothekaren und ^>er Ausbau von gemeinsamen Fachschulen. , Da der Platzmangel in den Bibliotheken die Hauptsorge bil det, so sei noch erwähnt, daß sich auf ein kurzes Referat des Herrn Bachmair-München der Kongreß auch mit der Frage des einheitlichen Bücherformats befaßte, ohne daß aber bei der Kürze der verfügbaren Zeit sich hierin ein Aufklärung ergeben hätte. Während die Engländer jeder derartigen Ver einheitlichung durchaus abhold zu sein scheinen, neigten andere einer größer» Einheitlichkeit zu, wobei allerdings der Format- thpus der »Brücke« allgemein als viel zu ausschließlich und radi kal abgelchnt wurde. Auch hier wird die Bugra für den nötigen Anschauungsunterricht sorgen, so daß die Debatte, die auf den nächsten Verlegerkongreß in Paris, d. h. auf das Jahr 1916 der- schoben wurde, unter günstigeren Bedingungen vor sich gehen wird. Aufrechterhaltung des Ladenpreises. Kein Kongreß ohne das Problem der Aufrechterhaltung des Ladenpreises! Diese ernsteste Lebensfrage des Buchhandels ist nicht recht vom Flecke gerückt. Immerhin wurde der Kongreß in eindringlicher Weise von Herrn W. H e i n e m a n n-London durch seinen Bericht, betitelt »übertriebene und wechselnde Rabatte an die Sortimenter« auf einen neuen Übelstand aufmerksam ge macht. Das Rabattgeben an das Publikum ist überall zurückge gangen und ist zur Ausnahme geworden, und es hat sich die ganze Betriebsorganisation gegenüber dem Käufer gefestigt. Dagegen läuft sic Gefahr, dadurch wieder ganz in Unordnung zu geraten, daß sich die Verleger in immer steigernder Konkurrenz nicht da mit begnügen, den Sortimentern anständige Vorteile einzuräumen, sondern ihnen ganz willkürliche Rabatte gewähren; sic räumen denselben stets günstigere Verkaufsbedingungen ein, die um die Weihnachtszeit herum von Woche zu Woche wechseln, zu dem Zwecke, daß sie sich für ihre Verlagsartikel mehr als für die der Nebenbuhler ins Zeug legen. Der Berichterstatter fragt sich mit Recht, ob der Buchhändler angesichts dieses schmeichlerischen Trei bens Widerstandskraft genug besitze, um nicht der Versuchung zu erliegen, auch seinerseits die Bücher zu verbotenen Preisen zu ver kaufen und den Ladenpreis aufzugeben. Ihm werden die Bücher zu fallenden Preisen, die stets unter denjenigen der andern Ver leger stehen, angeboten. Der Verleger beweist also damit, daß er ganz gern auf einen Teil des Gewinnes verzichtet, wenn ihm dies Nutzen bringt. Wird nun nicht auch sein Kunde dieses Bei spiel im Detailverkauf nachahmen? Der Ladenpreis ist also durch diese den Buchhändlern angebotenen übertriebenen Rabatte ernst lich bedroht. Darum sucht ein Beschluß des Kongresses den Ver legern der verschiedenen Länder eine gewisse Zurückhaltung im Rabattieren an die Sortimenter zu empfehlen, damit nicht mit der einen Hand das zerstört werde, was die andere aufgerichtet hat. Die Angelegenheit wird den Landesvereinen zum sorgsamen Stu dium empfohlen. Im Musikalienhandel gewinnt das System der Beseiti gung jeglichen Kundenrabatts an Boden, und man hofft, sich auch hierüber mit den Musiklehrern verständigen zu können. Dagegen sind die Anstrengungen, die dahin gingen, den Musikalienhänd lern zu verbieten, ausländischen Kunden zu andern Bedingungen als den Inländern zu liefern, erfolglos geblieben. Höchstens ist hierin in einigen Ländern eine kleine Besserung durch persönliche Bemühungen eingetreten, aber die unlautere Konkurrenz im Musi kalienverkauf von Land zu Land besteht weiter. Diese Feststellun gen gehen aus den beiden Berichten der Herren Jesperson- Kopenhagen und Ces china-Mailand hervor. Die Beteiligten sehen nach wie vor ihr Heil in der empfoh lenen Gründung von Verleger- und Musikalienhändlervereini gungen, deren Mitglieder sich verpflichten würden, den Ladenpreis im Inlands aufrechtzuerhalten und Privaten weder dort noch im Ausland irgendwelche Ermäßigung einzuräumen, wobei ein be sonderes internationales Bureau die Oberaufsicht übernähme; ferner würden dann die Verleger der verschiedenen Länder Ra batt nur denjenigen Musikalienhändlern gewähren, die Mitglieder dieser Vereinigung wären. Die Musikverlegcrabteilung des Kongresses beschränkte sich, da eine Einigung hierüber nicht erzielt werden konnte, darauf, den Wunsch nach internationaler Aufrcchterhaltung des Laden preises und nach Beseitigung des Rabatts zu erneuern. Im übri gen aber wurde die oben dargelegte Materie einer Kommission zugewiesen, die aus Delegierten der verschiedenen Vereine gebil det wurde und die möglichst bald durch Vermittlung des Perma nenten Bureaus einberufen werden soll; diese Kommission hätte die Anstände, die zwischen den einzelnen Ländern in diesem Punkte herrschen, zu prüfen und ein endgültiges Resultat zu erzielen. Wie die Sachen aber liegen, wird letzteres noch sehr lange auf sich warten lassen. Einzelne Landesvereine weigern sich, diesen Weg zu betreten und sich überhaupt hinsichtlich der Lieferungen ins Ausland Vorschriften machen zu lassen. Erweist sich aber das vorgeschlagene System als im allgemeinen Vorteil liegend, dann, aber auch nur dann, wird es schließlich doch über die momentanen Sonderinteressen den Sieg davontragen. Über diese Bestrebungen zur Aufrechterhaltung des Ladenprei ses für Buch und Musik finden sich im Jahresbericht des Permanenten Bureaus interessante Aufschlüsse. Man sieht dort die Wendung, welche die Sache nehmen wird, vorgezeichnet. Da ein darauf bezügliches internationales Abkommen unter den Ver legern aller Länder gegenwärtig durchaus keine Aussicht auf Er folg hätte, so wird man es mit Teilabkommen zwischen den Or ganisationen von je zwei Ländern, wir würden sagen mit Son derverträgen, versuchen, denen erst später einmal ein allgemeiner