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dustrie, der dadurch zahlreiche Aufträge entgehen, die von der aus ländischen Konkurrenz gern ausgeführt werden. Der Umstand, daß der Begriff »unzüchtig« nicht nur in früheren Zeiten, sondern auch in der Gegenwart sehr schwankend ist, sollte nicht nur den Werken der hohen Kunst, sondern auch den Erzeugnissen der Post- kartentndustrie zugute kommen. Fritz Hansen, Berlin. Der Stand der Arbeiten im internationalen Verlegerkongretz. Von Prof. vr. Ern st Röthlisberger- Bern. (Schluß zu Rr. 243.) Zu diesen urheberrechtlichen Fragen gesellten sich nun eine ganze Anzahl Fach- oder S t au d e s f r a g e n, die im Anschluß an frühere Beratungen den Budapester Kongreß beschäftigten.*) Kampf gegen die pornographischeLiteratur. Diesem Gegenstände wurde eine volle Sitzung gewidmet. Es ist hier nicht der Ort, die ausgedehnten Berichte der Herren Wiesner - Budapest, Stockmans - Antwerpen und P.Val- Iardi-Mailand zu analysieren, noch auf das mündliche Refe rat des Herrn Krehenberg-Berlin einzugehen, das seither als Separatbroschüre und auch im Börsenblatt Nr. 161 er schienen ist (»Gesetzliche Maßnahmen für Bekämpfung der un sittlichen Literatur«), noch endlich die Stellungnahme des Herrn Kommerzienrats K. Siegismund, des Ersten Vorstehers des Börsenvereins, zu beleuchten, da hierüber in diesem Blatte aus führlich die Rede war. Es genügt, die zutage getretenen Ten denzen und Strömungen kurz anzudeuten. Alle Redner waren in der Verdammung jener sogen, literari schen Erzeugnisse, die durch ihre Jmmoralität auf die schlimmsten Instinkte der Massen spekulieren, sowie in der Würdigung der durch das Pariser Abkommen vom 4. Mai 1910 geleisteten Art der Abhilfe einig. Insbesondere hat dieses Abkommen in Deutsch land zu energischen Abwehrmaßregeln geführt. Ebenso herrschte darüber Einverständnis, daß das wirksamste Mittel zur Ausrot tung des schlechten Buches die möglichst weite Verbreitung des guten Buches ist, das durch Kataloge, Verzeichnisse empfehlens werter Schriften usw. mehr in den Vordergrund zu stellen und durch Schul- und Volksbibliotheken noch allgemeiner zugänglich zu machen wäre. Man glaubte auch soweit gehen zu können, daß man die Überzeugung aussprach, Wohl alle Landesvereine würden gegebenenfalls zum Ausschluß von Mitgliedern, die sich mit dem Verschleiß sittenloser Literatur befassen, schreiten. Man er kannte ebenfalls allgemein an, daß die Reklame, mit welcher die von Vcrwaltungs- oder Gerichtsbehörden zuerst beanstandeten, dann aber freigegebenen Werke in Schaustellungen noch ganz be sonders dem Publikum angepriesen werden, den Gepflogenhei ten der Schicklichkeit zuwiderlaufe, indem sie eine höchst ungesunde Neugierde errege und daher zu verwerfen sei. Ebenso machte man aufmerksam auf die Schliche der Pornographen, die an sich schöne literarische Schöpfungen durch perfid-geschickte Kürzungen, Auslassungen und Zusammenstellungen in höchst fragwürdige Elaborate verwandeln. Allein man betonte andererseits doch wieder, daß dieser gute Kampf mit Klugheit, ohne übertriebenen Puritanismus zu unter nehmen sei, und daß die vom Gesetzgeber in den verschiedenen Ländern geschmiedeten Waffen hierzu völlig ausreichcn, ohne daß Scharfmacherei getrieben werden solle. Es handelt sich in keiner Weise darum, die freie Äußerung der Gedanken oder die Kundge bungen der Kunst, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des An standes bewegen, etwa zu unterbinden oder zu fesseln. Die Ver leger wollen durchaus nicht hinter den Sittlichkeitsvereinen ein herhinken, sondern von sich aus die Sanierung vornehmen. Haben *> Aus die Referate betr. Vereinfachung des internationalen Post verkehrs, die die Herren Juncker-Wien über Ermäßigung der Nc- kominandationsgebühr bei Drucksachen (abgedruckt im Börsenblatt, Nr. 182) und F e l l e r - Karlsbad über die Weltpostmarke für perio dische Druckschriften (abgebruckt im Börsenblatt Nr. 17») hielten, kann hier nur verwiesen werden. sie doch diesen Kampf, wie das von Perthes im Jahre 1827 ge gebene Beispiel beweist, schon seit Jahrzehnten und meist mit Er folg um der guten Sache willen gekämpft, lange bevor sich eine gewisse fanatische Richtung und eine selbstsüchtige Treiberei der Sache bemächtigte. Die Verleger haben auch eine juristische De finition des Begriffs der »Unsittlichkeit« oder besser gesagt der obszönen Literatur gar nicht nötig, da sie im Grunde ganz gut wissen, was diese Literatur, die in ihren Augen gar keine Literatur ist, ausmacht. Der Kampf ist je nach den Anschauungen der einzelnen Länder mit verschiedenem Temperament und mit verschiedenen Mitteln, die sich in der betreffenden Umwelt als die zweckmäßigsten erweisen, durchzuführen und daher auch hier den einzelnen Landesorganisationen ein gewisser Spielraum zu lassen. In sehr kluger Weise wurden diese verschiedenen Anschauungen von der Redaktionskommission zum Ausdruck gebracht. Internationales Buchmuseum. Herr vr. L. Volkmann, der Vorsitzende der Bugra von 1914, hatte unter den Landesvereinen eine Umfrage eröffnet, um zu er fahren, ob und, wenn ja, unter welchen Verhältnissen bei ihnen Organe bestünden, die sich systematisch mit der Geschichte, Theorie und Praxis des Verlages abgeben und die allenfalls den Grund stock für eine internationale Einrichtung bilden könnten. Die Um frage, deren Ergebnisse in dem Bericht des Herrn Volkmann zu- sammengestellt sind, bewies, daß man hier noch ganz in den An fängen steckt. Nur vier Städte, Brüssel, Leipzig, Paris und Turin, besitzen mehr oder weniger ausgebildete Materialsammlungen oder Ansätze zu solchen. Mit großem Geschick wußte der Berichterstatter allfällige Be denken, als sollte es sich bei Gründung eines internationalen Mu seums um eine Art Expropriation oder doch Verkümmerung dieser Gebilde drehen, zu zerstreuen; diese letzteren mögen sich nur wei ter entwickeln, ohne sich gegenseitig im Wege zu stehen, ja es mögen auch anderswo ähnliche Gründungen erfolgen. Das wird nicht hindern, ohne Überstürzung die Frage der Gründung einer Zen tralstelle zu untersuchen und, statt sie in theoretischen Spekulatio nen zu verwirren, in praktischer Weise zu lösen, wenn sich die Möglichkeit und Wünschbarkeit der Gründung ergibt. Es wird sich nun eine höchst willkommene Gelegenheit bieten, sich hierüber eine sachgemäße Meinung zu bilden, indem die vie len Elemente, welche auf diesem Gebiete schon vorhanden sind, auf der Bugra vereinigt werden, so daß diese als eine Art General probe hinsichtlich der Durchführbarkeit der Idee gelten kann. Das Exekutib-Komitee des Verlegerkongresses wird in Leipzig während der Ausstellung tagen und kann in einer Versammlung der Verleger aller Länder unter Vorzeigen des Materials die Ent scheidung über das weitere Vorgehen treffen. Auf diese Weise würde der sehr begrüßenswerte Plan einer ständigen Sammlung aller auf den Buchhandel und besonders auf den Verlag bezüg lichen Dokumente, der auch aus die Unterstützung des Börsen vereins und des Deutschen Verlegervereins rechnen kann, was die Voten der Herren Siegismund und Meiner bewiesen, in wenigen Jahren der Verwirklichung entgegengehen. Bibliotheken. Interessant ist die Wandlung, die sich in den Anschauungen der Verleger der verschiedenen Länder mit bezug auf dieVolks- und Schulbibliotheken Bahn gebrochen hat. Früher be fürchtete man ziemlich allgemein von diesen Instituten eine Ver- Minderung des Absatzes, während jetzt namentlich aus den Be richten des Herrn Barbara und Bayle hervorgeht, daß man den Nutzen solcher Büchereien nicht bloß für die allgemeine Bil dung und Wohlfahrt, sondern auch indirekt für den Buchhandel offen und optimistisch bejaht. Man hat sich der Einsicht nicht ver schließen können, daß diese Einrichtungen ein Feld bebauen, das dem Buchhandel aus wirtschaftlichen Gründen noch gar nicht offen steht. Aber auch hier schafft er sich nach und nach neue Absatz möglichkeiten. Ein allerdings bescheidener Prozentsatz der Be sucher dieser Bibliotheken wird später zu Kunden der Buchhänd ler, denn nach dem geistreichen Ausspruch Barberas sind die Volksbibliotheken wie eine Humusschicht, wo das Pflänzlein »Leser« aufgezogen und zur Blüte gebracht wird. Auch die Er zeugung von Büchern, die speziell für diese Art Bibliotheken