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Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und die mit ihm verwandten Geschäftszweige. tklgeuthum de« BiirseudereinS der Leutschen »uchiSndler. .N 236. Leipzig, Mittwoch den 9. October. 1872. Nichtamtlicher Theil. Eine kleine Anregung. Eine der Redactio» d. Bl, zngesagtc umfassendere Darstellung unseres Büchcrhandcls mit dem Auslande must ich wegen der dazu erforderlichen zeitraubenden Vorstudie», und da ander- weite Geschäfte mich zu sehr in Anspruch nehmen, auf gelegenere Zeit verschiebe». Dagegen möchte ich eine bei diesem Projccte ge hegte Nebenabsicht schon jetzt zur Sprache bringe», nämlich die An fertigung einer graphischen Darstellung unseres buchhändlc- rischcn Verkehres mit dem Auslande für die Wiener Inter nationale Ausstellung. Eine solche Darstellung wird ebenso interessant als lehrreich sein, nicht bloß vom Standpunkte unserer engeren buchhändlerischen Geschäftsinteressen, sonder» überhaupt in culturhistorischcr Bezie hung, Für diejenigen College», denen die betreffenden statistischen Daten nicht bekannt oder zugänglich sind, bemerke ich kurz Folgendes: In de» Ucbcrsichten des Waarenverkehrs des Zollvereins mit dem Auslande wird (neuerdings unter Pos. 27, c, 2.) alles be druckte, lithographirte -c, Papier, einschließlich Bücher, das vom Auslande ein- und von uns ausgesührt wird, der Quantität nach notirt. Wen» nun auch, da mit dieser Anschreibung ein Zollintercsse nicht verknüpft ist, bei derselben manche Jrrthümcr und unvoll ständige Declarationen Vorkommen mögen (mehr noch bei der Aus- als bei der Einfuhr), so geben doch die Zahlen der Zollvereins statistik im Großen und Ganzen ein einigermaßen zutreffendes Bild, Jnr Allgemeinen geht aus ihnen klar und deutlich der i m men s e Aufschwung hervor, den die literarische Production Dentsch- lands in den letzten Jahrzchenden genommen, ei» Ansschwung, wie ihn kaum ei» anderes Land aufzuweisen und der unserem Buchhandel eine große Ucberlegenheit in internationaler Beziehung verschafft hat. Daß aber unser Industriezweig culturhistorijch eine viel höhere Bedeutung hat als irgend -in Gewerbe, bei dem cs sich lediglich um Befriedigung materieller Bedürfnisse handelt, wird wohl so we nig verkannt, daß man getrost wird behaupten können: das Land, das den meisten anderen i» literarischer Prodnction voranichreitct, kan» nicht wohl i» Rücksicht ans Volksbildung und geistige Cultur ihnen nachstehen. Ich verkenne dabei nicht, und habe es bei anderer Gelegenheit betont, daß man aus der bloßen Massenhaft igkeit unserer Production nicht ohne Weiteres aus den inneren Werth der selben schließen darf; etwas anders aber liegt der Fall hier, wo in nachweislich ununterbrochen wachsendem Umfang das Aus land unsere literarische» Producte bezieht; in einer jahrzehen be lang andauernden Entwickelung kann doch wohl schwerlich eine feh lerhafte Tendenz stecken. Die Statistik lehrt nun, daß der Zollverein schon in der frühen Periode 1836—40 eine, wenn auch geringe Quantität Bücher (incl. Landkarten, Kupferstiche re.) mehr ans- als cinsührte. Die Ein fuhr bewegte sich damals zwischen 10 und 14,000 Centncr jährlich, die Ausfuhr zwischen 14 und 17,000 Centncr, In den folgenden Jahren trat dagegen eine Mehreinfnhr ein (1845 -s- 4000 Ctr,), die aber von 1846 bis jetzt dauernd einer immer größer geworde ne» Mehransfnhr Platz gemacht hat, In den Jahren 1859 bis 1864 stieg die jährliche Einfuhr von 23,000 auf 27,000 Centner, die Ausfuhr dagegen von 50,000 auf 63,000 Centner, also auf mehr als das Doppelte der elfteren. Für die letzten Jahre, die für die gegenwärtige Anregung zunächst in Betracht kommen (für 1871 liegen die definitiven Zahlen noch nicht vor), stellt sich das- Verhält- niß so: Einfuhr 1867: 24,480 Ctr. 1868: 19,615 „ 1869: 30,258 „ 1870: 28,851 „ Ausfuhr 52,863 Ctr. 34,446 „ 52,777 „ 38,728 „ Mehransfnhr 28,383 Ctr, 14,831 „ 22,419 „ 9877 „ Das Jahr 1870 kann als Kriegsjahr nicht wohl ausschlag gebend sein; aus den Zahlen der Vorjahre geht aber hervor, daß wir einen sehr bedeutenden Ueberschuß über unseren inländischen Bedarf prodnciren und an das Ausland abgcbcn. Recht deutlich wird dies erst, wenn wir diese, allerdings den Herren Comniissio- nären und Sortimenter» auch ohnedies verständlichen Zahlen in geläufigere Begriffe zu übersetzen suchen, Rechnen wir im großen Durchschnitt jeden Band, Atlas rc, zu > Pfund, so würden die 50,000 Centncr unserer Ausfuhr in 1867 und 1889 etwa 5 Mil lionen Bände ausmachen; und in Geldwerth übersetzt, den Centner etwa zu 70 Thlr, gerechnet, — 3>(, Million Thaler! Nun die projectirte graphische Darstellung! Soll dieselbe recht instructiv werden, so muß darauf nicht nur der Verkehr im Ganzen, sondern auch mit de» wichtigeren Staaten oder Handelsgebicten des Auslandes ersichtlich sein. Hierfür bictet die Zollvercinsstatistik leider nur sehr unvollkommene Grundlagen dar, da bei den statisti schen Ausnahmen nur die Grenzstreckc, über welche der Ein- resp, Ausgang stattgesundcn hat, notirt wird, nicht aber das wirkliche Land der Herkunft resp, Bestimmung. Bei einigen Ländern mag schon die Grenzstrecke fast genügende Anhaltspunkte geben, so beim Verkehr mit Oesterreich, mit Rußland, Dagegen können wir kaum annehmen, daß z, B, die nach Hamburg und Bremen (die bekannt lich außerhalb der Zollvereinsgrenzc liegen) ansgeführtcn Bücher wirklich in diesen Orten bleiben; ebensowenig wird der Erport nach Belgien lediglich für dieses Land bestimmt sein. Da handelt es sich denn darum, unter Zuhilfenahme aus wärtiger handelsstatistischcr Nebersichten (die indeß we gen der Verschiedenheit der befolgten Methoden mit großer Vorsicht 503