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x° 170, 25. Juli 1935. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn Buchhandel. der Erkenntnis ihrer kulturellen Verpflichtung an dieser Stelle zwischen Buchverlag und Leser einschalten und durch gepflegte Lite raturseiten ihre Mittlerstellung betonen und erweisen. Ta der Einfluß dieser wenigen um so größer und so leicht Über sehbar ist, kann man behaupten, daß die Gelegenheits-Buchbesprechung in anderen Blättern unbeachtet bleibt und deshalb wertlos ist. Wenn man in Dutzenden von Generalanzeigern Nonpareille- Buchkritiken findet, die zwischen Briefkasten un>d Nundfunkprogramm aus der Mist-Seite eingestreut sind, so muß man feststellen, daß die hierfür verantwortlichen Schriftleiter nicht die rechte Vorstellung davon haben, wie stark die Zeitung daran interessiert sein muß, daß ihre Leserschaft auch Bücher und Zeitschriften liest! Als sich im liberalen Zeitalter die Sensationszeitung in immer unangenehmerer Form aufdrängte und sich durch überreichen und überslachen Inhalt auf Kosten von Buch und Zeitschrift ein Lese monopol zu errichten trachtete, schädigte sie sich im Grunde selbst. Tenn sie verwöhnte und verzog den Leser so, daß er jetzt zwar dem Buch entfremdet dasteht, aber vergeblich nach der gewohnt gewesenen Ausfüllung durch Zeitungsradau giert. Aus enttäuschten Süchtigen aber werden Feinde. Das Geschäft machten indessen die »Basler Nachrichten«. Moral: Wir haben das größte Interesse daran, daß der Zei- tungsbezieher Bücher liest und Zeitschriften verarbeitet. Denn nur dann setzt er die Ansprüche an seine Tageszeitung aufs richtige Maß herab und verlangt von ihr nichts Unmögliches. Damit aber gewinnt vor allem der Unterhaltungsteil Luft. Ich persönlich halte daher das Problem der Buchwerbung durch die Zeitung für so wichtig, daß ich es zur Zeit auf der Neichspress> schule durch einige Jungschriftleiter als Semesteraufgabe bearbeiten lasse. Ich hoffe, daß wenigstens eine dieser Arbeiten der Schrift leitung der »Deutschen Presse« druckreif erscheinen wird. * Wer diesen Gedanken unter Zustimmung bis hierher folgte, wird zweifellos auch darin mit mir einig sein, daß der Abdruck von Waschzetteln ein verächtliches Gewerbe ist. Propagandachef eines Buchverlages zu sein, ist Ausübung eines ehrlichen Berufes. Aber sich als Schriftleiter, als Träger öffentlicher Aufgaben, zum Handlanger eines solchen Propagandaleiters herzugeben, ist nicht nur plebejisch und pflichtvergessen, sondern, wie im folgenden gezeigt wird, seit Erlaß des Schriftleitergesches ein selbst durch anerkannte Faulheit nicht entschuldbarer Verstoß gegen Berufsehre und Standespflicht. Wer Gratisbücher schnorrt, indem er Waschzettel zum Satz gibt, steht auf einer Stufe mit dem Freibier-Kollegen, der sich für seine zehn Zeilen einen Abend lang mit kleinen Hellen nebst Vorreitern freihalten läßt. Diesen Leuten verdankt unser Berufsstand das noch heute in weiten Kreisen geltende negative Urteil. Ihnen seien die folgenden Ausführungen gewidmet. Ihnen, ihren Hauptschriftleitern und Verlegern. § 13 des Schriftleitergesetzes verpflichtet die Schriftleiter unter Strafandrohung bei Verstößen, »die Gegenstände, die sie behandeln, wahrhaft darzustellen und nach ihrem besten Wissen zu behandeln«. Kann man es, frage ich, eine wahrhafte Darstellung, eine Beurteilung nach dem besten Wissen des Schriftleiters nennen, wenn er die Hymnen, die der Verlagspropagandist auf ein neues Buch singt, un besehen abdruckt? Ist das nicht vielmehr eine ganz üble Täuschung des Lesers, wie sie auf keinem anderen Gebiet mehr möglich ist? 8 14 geht darauf näher ein. Er verbietet bei Strafe, etwas in die Zeitung zu bringen, »was eigennützige Zwecke mit gemeinnützigen in einer die Öffentlichkeit irreführenden Weise vermengt«. Wollte man dies Gesetzeswort bildhaft kommentieren, man müßte zwangsläufig und zu allererst an den Waschzettel-Unfug denken. Alle Tatbestandsmerkmale sind bei dieser edlen Tätigkeit gegeben: die Irreführung der Öffentlichkeit, die an das Vorliegen einer eigenen Zeitungsmeinung glaubt, und die Vermengung von Buchverlagsinterefsen mit den öffentlichen der Zeitung. Landesverbände und Bezirksgerichte heraus! Wann wird hier das erste Urteil gegen Waschzettel-Korruptionisten veröffentlicht? Auch der deutsche Buchverleger mag bei dieser Gelegenheit zur Kenntnis nehmen, daß es einen Paragraphen im Schriftleiter gesetz gibt, der ihm mit Strafe droht, wenn er nicht umgehend auf den Waschzettelversand verzichtet. 8 39 droht nämlich Gefängnis oder Geldstrafe für denjenigen an, der einen Schriftleiter zu einem der oben beschriebenen Verstöße durch Anbieten oder Gewährung von Vorteilen bestimmt. Das will heißen: der Buchverleger macht sich wegen Presse bestechung strafbar, der sich durch Waschzettel-Beigabe bereit zeigt, Bücher durch Schriftleiter auf eine Weise erwerben zu lassen, die gegen das Gesetz verstößt. Das Schriftleitergesetz ist der Ehrenspiegel des deutschen Journa listen. Trage je-der dazu bei, ihm nicht nur zur formalen Anerkennung, sondern auch zur konsequenten Durchführung auf allen Gebieten zu verhelfen. Es hängt nicht weniger davon ab als das Ansehen unseres Berufsstandes. Vereinigung katholischer Buchhändler der Schweiz Anläßlich der Hauptversammlung in Zug wurde der Vorstand der Vereinigung wie folgt konstituiert: Präsident: Herr I. S ch m i d l i n, Leobuchhandlung, St. Gallen. Kassierer: Herr N o b e r t R ä b e r i. Fa. Näber L Cie., Luzern. Aktuar: Herr I)r. Gustav Keckeis i. Fa. Verlagsanstalt Benziger L Cie., Einsiedeln. Einschränkung der Rcgiedruckereien Der Reichs- und Preußische Wirtschaftsminister hat auf Grund von Vorstellungen des Deutschen Buchdrucker-Vereins, des Neichs- innungsverbandes des Buchdruckerhandmerks und des Neichsstandes des Deutschen Handwerks einen Erlaß veröffentlicht, in dem darauf hingewiesen wird, daß von Behörden und Körperschaften des öffent lichen Rechts nach wie vor in eigener Regie noch Truckarbeiten aus- gesührt werden, von denen mindestens ein Teil an das freie Ge werbe vergeben werden könnte. »Da die Notlage des graphischen Gewerbes bekannt ist, wurde ich es begrüßen, wenn Ihrerseits jede geeignete Gelegenheit ergriffen würde, dem Gewerbe aus dem Ge schäftsbereich Ihrer Verwaltung weitere Druckarbeiten zuzuftthren.« Dieser Erlaß wurde an eine sehr große Anzahl öffentlicher Behörden und Körperschaften gerichtet, u. a. an den Präsidenten des Statistischen Ncichsamts, an sämtliche Industrie- und Handelskammern sowie Handwerks- und Gewerbekammern. E. Aus den Vereinigten Staaten Infolge der Außerkraftsetzung der N.N.A.-Codes in NS.A. hat die »American öoalioellers' ^ssoeistion« den amerikanischen Ver legern den Entwurf eines Abkommens unterbreitet, auf dessen Grund lage sich künftig der Verkehr mit den Sortimentern abwickeln soll. Man hofft, daß der Verlag in seiner Mehrheit für das Abkommen zu gewinnen sein wird und nimmt an, daß manche Verleger noch Zusätze bringen, die ihren besonderen Bedürfnissen entsprechen. Der aus Verlegern und Einzelhändlern gebildete »3oint öosrä« hat in folge der Aufhebung der Bestimmungen, die vom April 1934 bis Mai 1935 in Kraft waren, die Notwendigkeit erkannt, ein Provi sorium für die Behandlung von Nachdrucken und Restauflagen zu schaffen. Nach »Iks kookgeller«, dem Vorstehendes entnommen ist, sollen nicht vor Ablauf eines Jahres nach Erscheinen billige Aus gaben von Romanen herausgebracht werden, bei nichtbelletristischer Literatur wird eine Frist von zwei Jahren vorgeschlagen. Weiter heißt es: »Vor Ausbinden von Nohbeständen empfahl ein Sonderausschuß von amerikanischen Vertriebsfachleuten bereits vor einigen Jahren ganz eingehende Erwägungen darüber, ob Maku lieren nicht vorteilhafter sei, als das Risiko der Einbanbkosten auf sich zu nehmen«. Betriebsausflug Am 17. Juli veranstalteten die Betriebssührer der Verlags buchhandlung Julius Springer und derHirschwaldschen Buchhandlung in Berlin für ihre Gefolgschaften eine ge meinsame Dampferfahrt. In über vierstündiger Fahrt brachte uns das Motorschiff »Kurmark« nach Ferch am Schwielowsee. Hier er wartete uns im »Haus am See« eine hübsch mit Blumen gedeckte Tafel, wo sich jeder an Kaffee und Kuchen stärken konnte. Anschließend wurde gebadet, getanzt und gespielt; die älteren Arbeitskameraden machten Spaziergänge. Nach einem reichhaltigen Abendessen traten wir die Rückfahrt an. Eine ausgezeichnete Stimmung und eine natür liche Fröhlichkeit zeigten den Bctriebsführern, die bis zum Schluß in Spandau am Leben und Treiben ihrer Gefolgschaft regen Anteil nahmen, daß dieser Ausflug viel dazu beigetragen hat, den kamerad» schaftlichen Geist zu fördern zum Wohl unserer Betriebsgemeinschaft. A. Hansel, K. d. F.-Wart. 611