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Redaktioneller Teil. 68, 22. tviärz 1832. ten Bejahung dieser Frage, und zwar weil diese Angieichung mit Notwendigkeit einer Tages doch erfolgen muß, spätestens dann, wenn wir einmal wieder zu einer Stabilität unseres Preis niveaus — oder, was dasselbe ist: unseres Geldsystems — ge langen, da dann die ZOsachen Produktionskosten nach Auszehrung aller alten Bestände einfach dazu zwingen. Nehmen wir an, wir erreichten diese Stabilität, die übrigens das einzige Ziel unserer Preis-, Geld- und Valutapolitik sein darf, schon jetzt. Die Folge wäre, daß der jetzt durch scheinbare Konjunkturgewinne immer wieder verdeckte Kapitalschwund nicht mehr verschleiert wird. Die alten Bestände an Büchern, auf die sich ja letzten Endes die Möglichkeit des Zurückbleibens der buchhändlerischen Preise gegenüber anderen <z. B. Modewaren, Lebensmittel) gründet, wären in einiger Zeit erschöpft, ohne daß sie das Kapital zur Wetterführung der Betriebe eingebracht hätten. Erhöhte Ge winne durch weitere Geldentwertung fallen bei unserer Voraus setzung der eingetretenen Stabilität aus — und der Buchhandel konstatiert mit einem Male, daß er sich bankrott verdient hat. Er müßte dann sprungweise aus seinen letzten noch vorhandenen Beständen diejenigen Summen Herauswirtschaften, die er irgend wie herausholen kann, um damit die Nsu-Produktion finanzieren zu können, so gut es noch geht. Ehe man es so weit kommen läßt, scheint es besser, derartig große Verluste und Gefahren zu vermeiden und einen Käufer streik durch plötzliches Hochtreiben der Preise hintanzuhalten, indem man sich jetzt dem allgemeinen Preisniveau in nicht zu langsamem, aber auch nicht übertrieben schnellem Tempo anpaßt. Die Gefahr, daß unser allgemeines Preisniveau später wie der abwärts geführt wird, und daß sich daraus neue Verluste er geben, scheint mir so gering, weil außer dem Bereich aller Wahr scheinlichkeit liegend, daß ich nicht näher daraus cingehe. Auch würde die Untersuchung, ob überhaupt eine Möglichkeit des Preisabbaus besteht, einen Aufsatz für sich beanspruchen. Die Folgerungen, die sich aus dem Hinaufsetzen der Buch handelspreise auf die Höhe des allgemeinen Preisniveaus er geben, scheinen mir nach vorläufiger Prüfung folgende zu sein: 1. Zweifellos ein Rückgang des Bü ch er ab s a tz e s, da der jetzige flotte Verkauf doch zum guten Teil auf der Billigkeit des Buches beruht. 2. Veränderung des Geldumsatzes, wobei ich nicht zu entscheiden wage, ob der Geldumsatz bei etwa verdoppelten Prei sen (Wache statt jetzt ISfachen gegenüber 1314) sich auf, über oder unter der Höhe des jetzigen Umsatzes halten würde. Doch darf man vielleicht glauben, daß der Geldumsatz höher sein würde als jetzt, da ja nur die Hälfte der jetzt verkauften Bücher auch nach der großen Verteuerung noch abgesetzt zu werden braucht, damit der jetzige Geldumsatz erzielt wird. 3. Je nachdem man die Wahrscheinlichkeit des erhöhten oder verminderten Geldumsatzes einschätzt, wird sich der Nominal gewinn des Sortimenters und Verlegers ändern. Aber der Ge winn ist dann eben auch Gewinn und hat nicht mehr wie jetzt zum erheblichen Teile zur Beschaffung neuen Lagerbestandes zu dienen. 4. Der feste Ladenpreis wird beibehalten, und zwar wird er dann auch wieder durchgeführt werden können und müssen. Wenden wir uns nun der Frage zu, ob die Aufhebung des festen Ladenpreises wünschenswert ist. Als Vorbemerkung sei aus den Vorschlag im Bbl. Nr. 42 erwidert, daß bereits in frü heren Diskussionen die Aufstellung eines Index, der schematisch in Leipzig festgesetzt wird, je nach dem Grade der allgemeinen Verteuerung, als undurchführbar für den Buchhandel zurückge- wiesen wurde. Solange wir in der Zeit der Preisschwankungen leben, werden die Verleger jeder für sich nach seinen Kosten usw. Uber die verschieden hohen Zuschläge zu ihren Preisen älterer Bestände bestimmen müssen. Die Antwort nun auf die Frage, ob man den festen Laden preis völlig über Bord werfen solle, weil er innerlich doch schon sehr stark ausgehöhlt sei, ist meines Erachtens von der Antwort aus die Frage abhängig zu machen: Warum haben wir überhaupt im Buchhandel einen einheitlichen festen Preis? Hieraus allein, aus der prinzipiellen Grundfrage, kann eine zutreffende Ent scheidung über Aufhebung oder Beibehaltung des Ladenpreises: als eines festen gefällt werden, nicht aus Erörterungen über die allgemeinen Schwankungen, aus denen jeder einzelne sich so gut als möglich herausziehen sollte. Und mögen wir auch fürch ten, daß wir nie aus den Schwankungen herauskonnnen — es gibt Situationen, in denen man sich zum Optimismus zw in- gen muß, um seine Entscheidungen nicht von momentanen Ein drücken abhängig zu machen, sondern von einer prinzipiell geklär ten Sachlage aus, die allein die Basis für wahre Politik auf lange Sicht ist. Fragen wir also, warum wir den festen Ladenpreis haben, so lautet die Antwort: Wegen der Monopolstellung, die der Ver- leger an dem von ihm herausgebrachten Buche hat. Bet Beginn der »Fabrikation« (man verzeihe diesen drastischen Ausdruck) trägt der Verleger das Risiko an dem Buch ganz allein; später, soweit zahlreiche Bedingt-Bestellungen ausgeführt werden, noch zum größten Teil. Darum muß er auch den vollen Gewinn an dem Buche haben, und dieser wird ihm nur dadurch gesichert, daß er selbst den Preis sestsetzt. Wohlverstanden handelt es sich hier zunächst um den Nettopreis. Der Verleger kann diesen nun festsetzen nach dem Grundsatz, daß er seinen höchsten Reingewinn durch einen großen Umsatz mit geringem Gewinn am einzelnen Stück erzielen will, oder umgekehrt durch einen hohen Gewinn am einzelnen Stück, was einen teuren Verkaufspreis und also geringeren Umsatz bedingt. Diese Wahl steht ihm, wie gesagt, dank seiner Monopolstellung offen und muß ihm offen stehen wegen des Risikos, das er zunächst allein übernimmt. Was gibt ihm nun die innere Berechtigung, auch den Laden preis zu bestimmen, also auch dann noch auf die Preisstellung einzuwirken, wenn der Sortimenter ihm einen Teil seines Risikos abnimmt? Derselbe Grund, wie oben angeführt: der Verleger muß die obere Grenze des endgültigen, dem Publikum berechneten Preises bestimmen dürfen, da hiervon ja die Höhe des Umsatzes abhängig ist. Aus der Höhe des Umsatzes folgt sein Gewinn, und je nach der vorher geschätzten Größe des Umsatzes hat er seinen Verkaufspreis an den Sortimenter, den Nettopreis, sest- gelegt. Der Ladenpreis muß also nach oben vom Verleger und nicht in beliebiger Höhe vom Sortimenter bestimmt werden, da- mit der geschätzte Umsatz erreicht wird und dadurch der ursprüng liche Unternehmer der Bücherherstellung, der Verleger, sein Aus kommen findet. Die Gründe, warum er de» Ladenpreis auch als einen unab. Sicherlich festen nach unten hin begrenzt, kann ich im Augenblick nur darin sehen, daß der Verleger am Bestehen eines guten Sor- timenterstandes lebhaft interessiert ist. An sich würde ja, wenn sich Sortimenter fänden, die Bücher verschleudern, der Umsatz des Verlegers und damit sein Gewinn heben, aber da solche Schleu dere! sich nur für gewisse leicht absetzbare Bücher interessieren würden, und da der Verlag am Absatz aller seiner Werke inter essiert ist, hat er Grund, die Verschleuderung zu hindern, und normiert den Ladenpreis nicht nur als obere, sondern auch als untere Grenze. Es mögen hier — außer dem kollegialischen Ge fühl — noch andere Gründe maßgebend sein, die ich als Nicht buchhändler nicht genügend übersehe, die zu kennen allerdings recht interessant wäre. (Das ganze hier vorliegende Problem des Auseinanderfallens des Monopols in ein Produktionsmonopol und Konkurrenz im Verkauf ans Publikum unter Weilerwirkung des vom Monopolisten normierten Preises bis auf die sich unter freier Konkurrenz abspielende Endstufe des Absatzes wäre Wohl wert, rein theoretisch untersucht zu werden, da hierüber wenig oder gar keine wissenschaftlichen Ergründungen vorzuliegen scheinen.) Nachdem wir so die Antwort auf die Frage gefunden haben — die hoffentlich durch weitere Diskussion an dieser Stelle noch erheblich klarer begründet werden wird —, warum der feste Ladenpreis besteht und bestehen muß, kommen wir zu der Frage, ob in diesem ganzen Sachverhalt durch die Zerrüttung unseres Wirtschaftslebens irgendeine prinzipiell wesentliche Änderung eingetreten ist, die ein Abweichen vom festen Ladenpreise recht fertigen könnte. Ich meine: Nein! Die oben dargelegten Gründe für die wirtschaftliche Notwendigkeit des festen Ladenpreises gel- len heute genau so gut wie vor dem Kriege, und darum sehe ich keinen Grund für dessen Aushebung.