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14152 B»rst!,ri»tt d. Dt!4n. «Eand«! Nichtamtlicher Teil. ^ 268. 19. November 1910. trägt. Lehnt jedoch der Konkursverwalter die Erfüllung ab, so mögen über die damit geschaffene Rechtslage, da spezielle Vorschriften fehlen, leicht Zweifel entstehen. Einer Aufforde rung der Redaktion, zu zwei im vorigen Jahre ergangenen Urteilen, die sich damit zu befassen hatten/) Stellung zu nehmen, komme ich gerne nach. Der Tatbestands war, soweit er für die hier inter essierenden Rechtsfragen von Belang ist, folgender: Der Verfasser G. hat im Mai 1906 der Firma B. das auf Dritte frei übertragbare Verlagsrecht an seinem Werke übertragen. Die Firma B. geriet später in Konkurs. Am 1. März 1909 teilte der Konkursverwalter dem G. mit, »daß er in den Verlagsvertrag nicht eintrete und Erfüllung nicht verlange«. Das von der Firma V. betriebene Verlagsgeschäft ist darauf mit allen Aktiven von C. über nommen worden. C. nimmt nun mit der Behauptung, der Verlags vertrag bestehe noch, für sich das Recht in Anspruch, die noch in seinem Besitze befindlichen etwa 900 Exemplare des Buches zu verbreiten. Auf Antrag des Verfassers G. erläßt jedoch das Landgericht am 14. Juni 1909 durch Beschluß eine einstweilige Verfügung, durch welche dem C?) bei Strafe aufgegeben wird, sich jeder Ausübung des Verlagsrechts, insbesondere durch Hingabe in den Kommissions buchhandel und durch Vertriebsankündigung zu enthalten. C. erhebt gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch; er macht geltend, selbst wenn das Verlagsrecht nicht mehr bestehe (— in der Berufungsinstanz nimmt er es ausdrücklich für sich in Anspruch —), habe er jedenfalls das Recht, die in seinem Besitz befindlichen Exem plare zu verbreiten, da er diese Exemplare, schon bevor er das Geschäft übernommen habe, vom Verleger auf Grund einer gerichtlichen Veräußerung erworben habe. Diese 900 Exemplare seien nämlich schon am 4. und 5. November 1908 (also vor der Erfüllungsablehnung durch den Konkursverwalter) vom Gerichtsvollzieher bei der Firma B zugunsten der Pfändungspfandgläubigerin F. gepfändet worden. Die Erklärung des Konkursverwalters vom 1. März 1909 habe das Recht der Pfändungspfandgläubigerin nicht beschränken können. C. habe die Exemplare daun nach Aushebung des Konkurses mit amtsgerichtlicher Genehmigung vom Gerichtsvollzieher freihändig erworben und am 6. Mai 1909 übergeben erhalten. C. beantragte daher in erster Linie, die einstweilige Verfügung aufzuheben, eventuell aber, sie nur mit der Maßgabe zu erlassen, daß sie sich nicht auf den Verkauf und den Vertrieb der Exemplare beziehe, die C. in der Zwangs vollstreckungssache F. gegen B. erworben hat. Das Landgericht bestätigte die einstweilige Verfügung mit der Begründung: »Der Kläger als Verfasser des Buches hat allein das Recht, das Werk zu vervielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten (8 10 Lit. UrhG.). Dieses Recht hat er durch Vertrag vom 16. Mai 1906 an die Firma B. übertragen. Mit der Erklärung des Konkurs verwalters, in den Verlagsvertrag nicht eintreten und Erfüllung nicht verlangen zu wollen, ist das Recht des Verlegers, das Werk gewerbs mäßig zu verbreiten, erloschen. Es steht jetzt dem Kläger als Urheber allein wieder zu. Durch den Zuschlag der vom Gerichtsvollzieher gepfändeten Exemplare haben die Arrestbeklagten allerdings das Eigentum an den Büchern, aber nicht das Recht zu gewerbsmäßiger Verbreitung erworben. Es muß besonders übertragen werden. Ein solches Recht konnte der Gerichtsvollzieher gar nicht übertragen, es war auch durch die Pfändung nicht mit ersaßt worden. Denn dieses Recht ist keine körperliche Sache. Der Gerichtsvollzieher konnte lediglich das Eigentum übertragen. Übrigens war auch am 6. Mai das Recht der Verlegers schon erloschen.« Das Kammergericht als Berufungsinstanz wies die Berufung zurück, jedoch mit der Maßgabe, daß die einstweilige Verfügung sich aus die ungefähr 900 Exemplare, die der Beklagte vom Gerichtsvoll zieher erworben hat, nicht erstreckt. Das Kammergericht hat meines Erachtens richtig erkannt, daß über das Verbreitungsrecht an den in der Zwcmgsvoll- treckung erworbenen Exemplaren unabhängig von dem recht lichen Schicksal des Verlagsrechtes überhaupt zu entscheiden ist. Trennen auch wir die beiden Fragen! I. Wie wirkt die Erfüllungsablehnung auf den V e r l agsvertrag und das Ver- a g s r e ch t? Die Firma B. hat das Verlagsrecht, das ist das aus dem Urheberrecht abgeleitete ausschließliche gegenständliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes, zwar nicht durch den Abschluß des Verlagsvertrages, wohl aber durch die auf Grund desselben erfolgende Übergabe des Werkes er worben. Mit der Eröffnung des Konkurses über die Firma B. ist das Verlagsrecht ein Bestandteil der Konkursmasse ge worden. Lehnt nun der Konkursverwalter, was ihm freisteht/) die Erfüllung ab, so folgt weder aus der Konkursordnung noch aus den allgemeinen Grundsätzen des Schuldrechtes, daß damit der Vertrag völlig aufgehoben wäre. Wohl aber tritt eine inhaltliche Veränderung des Vertrages ein. Der Anspruch der Gegenpartei auf Erfüllung verwandelt sich nämlich in einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gegen die Konkursmasse. So wenigstens nach der herrschenden Meinung/) die hierfür teils aus die Gefetzesmaterialien und den Zusammenhang der §§ 17 bis 22 KO-, teils auf § 26 Abs. 2 KO., lauter recht unsichere Stützen, sich beruft. In Wahrheit ist keineswegs klar, worauf ein solcher Anspruch wegen Nicht erfüllung sich eigentlich gründet. Unser BGB. kennt nicht wie der 6oäs oivil Art. 1142 eine allgemeine Regel, daß touts Obligation cks tairs se ie8out en ckoinmages et intsiets e n oas ck'insxeoution äs In part än äsbitsur. Das BGB. verpflichtet zwar den Schuldner, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten wegen seines Verzuges und wegen der von ihm zu vertretenden Unmöglichkeit; der die Erfüllung ablehnende Konkursverwalter ist aber weder im Verzug, noch braucht seine Ablehnung auf Unmöglichkeit der Erfüllung zu beruhen?) Wir dürfen uns jedoch meines Erachtens nicht scheuen, den in den Bestimmungen über Verzug und Unmöglichkeit liegen den Rechtsgedanken über den Gefetzeswortlaut hinaus zu er weitern zu der durch ein dringendes praktisches Bedürfnis geforderten allgemeineren Regel: wer als Schuldner infolge eines von ihm zu vertretenden Umstandes nicht leistet, hat den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Frage aber, welche Umstände jemand vertreten muß, darf man nicht, wie es gemeinhin geschieht, identifizieren mit der Frage des Z Urteil des Landgerichts II Berlin vom 19. Juli 1909 und Urteil des Kammergerichts (in derselben Sache) vom 23. Oktober 1909. Beide Entscheidungen sind mitgeteilt von H. W o r m s im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 1909 Nr. 285 S. 15 263. 2) Ich gebe ihn, die Tatbestände beider Urteile zusammenziehend und Unwesentliches weglassend, in eigener Fassung wieder. b> In Wirklichkeit war die Klage erhoben gegen 1. die Firma B. 2. deren Inhaber C. Dies ist, wenn C., wie nach dem mitgeteilten Tat bestände anzunehmen ist, nunmehriger Alleininhaber der Firma B. ist ein (in Klagen allerdings nicht ganz seltener) Fehler. Befremdlich ist daß auch die beiden Urteile fortwährend im Plural von »den Beklagten reden, als ob es sich um zwei Rechtssubjekte handeln würde. Zwar kann der Kaufmann unter seiner Firma klagen und beklagt werden, aber es kann nicht erstens die Firma und zweitens ihr Inhaber klagen bzw. beklagt werden; denn die Firma ist keine Rechtspersönlichkeit, sondern nur der Name einer solchen. *) Weil der zweiseitige Vertrag, nämlich der Verlagsvertrag, von beiden Teilen noch nicht vollständig erfüllt ist. Heine freilich (Der Einfluß des Verlegerkonkurses auf schwebende Verlagsverträge, in LZ. 1909 S. 133 ff.) sagt: »Der Verlagsvertrag findet auf seiten des Verfassers seine Erfüllung im wesentlichen mit der Ablieferung des Werkes«. Dies halte ich nicht für zutreffend, weil der Verfasser durch den Berlagsvertrag nicht nur die Ablieferungspflicht, sondern eine gleichfalls wesentliche fortdauernde Unterlassungspflicht (VerlG. 8 2) übernimmt, welche nicht bloß Wirkung der negatorischen Funktion des auf den Verleger übergehenden gegenständlichen Verlags rechts, sondern selbständige obligatorische Pflicht des Verfassers ist. S. darüber Riezler, D. Urheber- und Erfinderrecht I S. 326 s. b) Vgl. L. S e u f s e r t, Konkursprozeßrecht S. 190 uud vor allem ausführlich Iaeger , Komm, zur KO., 3./4. Aufl. Anm. 43 ff. zu § 17 (mit Angaben aus der Rechtsprechung und Literatur). Bedenken erhebt Hellmann , Lehrbuch des d. Konkursrechts S. 266 ff. Vgl. Iaeger, Anm. 20 zu § 26.