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2, 3. Januar 1908. Nichtamtlicher Teil. für buchhändlerischc Zwecke mannigfache Verwendung finden kann, zu beschreiben. Ein Katalogzettel kleineren Formats hat in der Mitte des oberen Randes eine längliche, nach hinten umgefaltete Zunge, auf der Vorderseite aufgeklebt eine Art Papieröse von der Breite der Zunge. Indem man in die Öse eines ersten Zettels die Zunge eines zweiten, in den zweiten Zettel die eines dritten einhängt, kann man eine Kette bis zu 50 Stück bilden. Eine solche Kette wird an der aufgeschlagenen durch lochten Zunge des obersten Zettels gefaßt oder aufgehängt. Da von jedem Zettel in der Kette nur das zwischen oberem Rande und Ösenschlitz liegende Drittel sichtbar ist, darf nur dieser Teil mit Notizen versehen werden. Die einer Jalousie vergleichbare Zettelkette fällt, wenn man sie auf eine wage rechte Unterlage herabgleiten läßt, infolge ihrer Schwere und der Verschiebbarkeit ihrer Zungen in den Schlitzen in ein geschlossenes Päckchen zusammen, in dem Zettel hinter Zettel sich befindet, wie in einem gewöhnlichen Zettelpaket. Ebenso kann das Zettelpack mit einem Griff wieder in eine offene Liste verwandelt werden. Feiner können bequem Zettel aus der Kette entfernt oder neue hineingeordnet werden. Neben den Vorzügen der gewöhnlichen Zettelkataloge gewähren diese Zettelketten die Übersichtlichkeit einer größeren mit zahlreichen einzelnen Notizen bedruckten oder beschriebenen Seite. Eine größere Anzahl solcher Ketten kann in folgender Weise aufbewahrt werden: 1. Man kann durch Nebeneinanderhängen aufgezogener Ketten an freien Wandflächen, nötigenfalls durch Glas oder Drahtgitter geschützt, eine Art übersichtliches Tableau bilden; 2. Man kann die Ketten in Päckchenform in Papp kästen unterbringen, die ihrerseits in verschließbaren Schränken oder offenen Regalen.Aufnahme finden; 3. Man kann aufgezogene Ketten auf Tafeln anbringen, die man zu soliantenartigen Büchern zusammensctzt. Vorteilhaft ist es auch, daß man von einer Form zur andern übergehen kann. Soweit dies ohne Abbildungen möglich ist, dürfte diese Beschreibung ein Bild geben, wie die Zettelkette aussieht und welche Verwendung sie finden kann. Es kann zur Probe sich jeder ein paar solcher Zettel selbst anfcrtigen und ihre Verwendbarkeit prüfen. Doch nur zur Probe, denn die Zettel kette ist in Deutschland und mehreren andern Ländern patentiert, die übrigen Apparate genießen Musterschutz. Für buchhändlerische Zwecke dürste die Kette zu empfehlen sein für die Registrierung einer Anzahl Namen, die leicht ausgewechselt werden können (z. B. Telephonadressen, auch Kundenadressen überhaupt), Biicherlisten, die als Tableau aufgehängt dem Publikum zugänglich gemacht und später als Katalogmaterial fZettel) verwandt werden sollen, Listen neuer antiquarischer Erwerbungen, die ebenfalls später als Katalog material dienen können, Kundenbestellungen: jedes Buch erhält einen besondern Zettel, damit Ordnung nach Verleger, nach Alphabet u. a. möglich ist, später werden sie als Kette zusammenhängend in einem Bande aufbewahrt; zu Notizen, die leicht ausgewechselt werden können, u. a. m. Auch die Aufbewahrung hat Herr Professor Brunn für verschiedene Vorrichtungen erdacht: Brettchen mit Blechbeschlag, kleine Regale, K-appentafeln, Klappentafelfoliant, deren Be schreibung ohne Abbildungen aber wohl nicht verständlich sein würde. Da Herr Professor Brunn eine ausführliche Veröffent lichung mit Abbildungen in Aussicht stellt, die auch die An wendungsgebiete der Zettelkette schärfer umgrenzen wird, kann ich auf diese verweisen. Im letzten Jahre hat sich die Fusion der Barsortiments: F. Volckmar in Leipzig und Berlin, L. Staackmann in Leipzig und Albert Koch L Co. in Stuttgart vollzogen. Bei der Macht, die diese Firmen nunmehr in sich vereinigen, dürste kaum der Verlag noch einmal in die Lage kommen, selbst die Begründung eines Barsortiments in die Hand zu nehmen, wie er es vor einigen Jahren geplant hatte. Da den ver einigten Firmen jetzt nur noch ein Barsortiment von erheb licher Bedeutung gegenübersteht, das von K. F. Koehler in Leipzig, so würde es kaum überraschend gewesen sein, wenn über kurz oder lang auch dieses sich der Fust"" angegliedert hätte. Diese Hoffnung — oder soll ich sagen Gefahr — ist nun nicht mehr zu erwarten: die Firma K. F. Koehler hat in die Interessensphäre der Häuser Volckmar-Koch eingegriffen und unter der Firma Neff L Koehler in Stuttgart ein Bar sortiment gegründet, indem sie zugleich das Kommissions geschäft von Paul Neff sich angliederte und unter der Firma Neff L Koehler weiterfuhrt. Inzwischen hat die Konzentration auch im Kommissions geschäft sich weiter entwickelt. Die Firma F. Volckmar in Berlin hat das Kommissionsgeschäft von Mickisch L Co. in Berlin übernommen. Damit ist die Hoffnung derjenigen begraben, die es immer noch für möglich hielten, daß die Korporation der Berliner Buchhändler es sich nicht entgehen lassen würde, das Kommissionsgeschäft in Berlin <ähnlich dem Bestelhuis in Amsterdam) ihren gemeinnützigen Ver anstaltungen anzuglieder». Gerade wo die Konzentration auch im Buchhandel immer weiter fortschreitet, wäre es erwünscht gewesen, der wachsenden Kapitalmacht der Einzelnen ein Gemeinschafts-Unternehmen gegenüberzustellen. Wenn durch die Begründung des Koehlerschen Unternehmens in Stuttgart die Aussicht, das gesamte Barsortiment in einer Hand vereinigt zu sehen, für absehbare Zeit als ausgeschlossen betrachtet werden darf, so können doch immerhin Verhältnisse cintreten, die einen solchen Plan schneller reifen lasten, als heute anzunehmen ist. Unser schriftstellerisch begabter Kollege l)r. Paul Langen- scheidt, dessen Buchhändlerroman »Arme, kleine Eva«, sowie dessen »Um nichts- ich in diesen Blättern rühmend erwähnt habe, sandte mir sein neuestes Werk: »Eine dumme Geschichte-,*) einen humoiistischen Roman, dem ich, obwohl er buchhändlerische Verhältnisse nicht behandelt, hier einige Worte widmen will. Und zwar einige dankbare Worte für ein paar vergnügte Stunden, die mir das Lesen bereitet hat. Die Gestalten dieses Romans sind keine Buchmenschen, keine Schemen, sondern Menschen von Fleisch und Blut, die reden, wie ihnen der Schnabel ge wachsen ist, und die jedem einen oder den andern Bekannten ins Gedächtnis rufen, der Modell gestanden haben könnte. Namentlich Berlinern wird die knorrige Art des alten Herrn Rat, die behäbige, selbstbewußte Rest das Herz aufgehen lassen. »Eine dumme Geschichte»! Der älteste Sohn ist, weil er die Tyrannei des Vaters, des Herrn Rat, eines Selfmademan, der sich aus kleinen Verhältnissen herauf gearbeitet hat, nicht mehr ertragen konnte, bei Nacht und Nebel nach Amerika gegangen und hat damit die Selbst herrlichkeit des alten Herrn aufs tiefste verwundet. Die Briefe des Sohnes hat der Vater uneröffnet zurllckgehen lassen, obwohl die Mutter sich in Gram um ihren Ältesten verzehrt und sterbend noch um den Sohn sich gesorgt hat. Jetzt naht daK fünfzigjährige Jubiläum des Rats und seines Schwagers und Teilhabers. Auch dieser ist Witwer mit emer Tochter, die inzwischen das heiratsfähige Alter erreicht hat. Strobel, der Rat, und sein Sozius Stubbe beschließen, den Sohn Gerhard 'aus Amerika *) 80. 2l9 Seiten. Groß - Lichterfelde - Berlin 1907, vr. P. Langenscheidt. Preis br. ^ 3.—; geh. 4.—. 12"