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^ 2, 8. Januar 1S08. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 87 Bande dcs Jahrbuchs der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses in Wien) im vollen Umfange als Faksimile wtedergegeb'Nen Theuerdank hinzuweisen—; doch waren keiten boten. Die Reproduktion mit Miniaturen und Rand zeichnungen geschmlickter alter Meisterwerke der graphischen Kunst stellt ganz andre Anforderungen an die graphische Technik von heute, und hier ist es in erster Linie die Photographie, die eine getreue Wiedergabe solcher bibliographischen Schätze ermöglicht, ganz abgesehen von den großen Mitteln, die hierfür in Anspruch ge nommen werden. Ein solcher kostbarer, aufs höchste zu wertender Schatz ist das unter dem Titel »Kaiser Maximilians I. Gebetbuch« allen Bibliographen bekannte Werk, von dem aber bisher kein einziges vollständiges, in sich abgeschlossenes Exemplar hat aufgefunden werden können. Ein solches zu schaffen, soweit dies unter den vorliegenden Umständen überhaupt noch möglich ist, hat jetzt die Verlagsanstalt F. Bruckmann in München mit offizieller Unterstützung unternommen, und zwar werden darin der in der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München aufbewahrte Teil des Pergamenldrucks und der in der MunizipaldibUolhek in Besan^on befindliche vereinigt werden; elfterer enthält Rand zeichnungen von Albrecht Dürer und Lukas Ccanach, den letzt.ren schmücken solche von Albrecht Altdorfer (?), Hans Baldung, Jörg Breu, Hans Burgkmair und Hans Dürer, einem Bruder Albrechts. Von dem Fragment zu Besanyon sind leider einige Bogen mit Zeich nungen verloren gegangen; ihr Text aber läßt sich glücklicherweise aus den nicht illustrierten Exemplaren des Werkes, die sich im Briti schen Museum in London, in der Wiener Hofbibliothek, der Vaticana und bei Sir Thomas Brooke in Armitage Bridge (Huddersfield) befinden, ergänzen. Teilreproduktionen des Gebetbuchs sind schon wiederholt erschienen, und Strixner, der Gehilfe Senefelders, lenkte bereits 1808 die Aufmerksamkeit der Bibliophilen und der Kunst welt auf die Dürerschen Handzeichnungen; aber keine der Repro duktionen gibt den ganzen Druck, und wichtige Einzelheiten fehlen in allen. Bezüglich der Entstehung des Buches wird jetzt von Karl Giehlow, dem Herausgeber der von der Bruckmannschen Ver- lagsanstalt unternommenen Ausgabe, der Nachweis geführt, daß Kaiser Max die Absicht hatte, ein besonderes Gebetbuch für den von seinem Vater gegründeten und von ihm selbst durch eine Ausbreitung ihm im Zusammenhang mit seinem Feldzugsplan gegen die Türken sein Leben lang am Herzen lag. Um die Zeit der Annahme des Kaisertitels beauftragte er den Augsburger Buchdrucker Johannes Schönsperger den älteren mit ihm selbst zusammengestellten Gebetbuch entnommen, das sich noch in Wien befindet. Aber der Druck des Buchs verzögerte sich, und zwar lag die Ursache der Verzögerung in der Auswahl neu aufzunehmender Gebete, vor allem aber in der Beigabe eines vorlegen mußte, um die Sanktion für Aufnahme verschiedener seiner Ahnen zu erhalten, die zwar selig gesprochen, aber noch nicht kanonisiert waren. Mit dieser päpstlichen Sanktion scheint es Schwierigkeiten gehabt zu haben. Als sie schließlich erteilt wurde, war Maximilian gestorben, und der Plan der weit ausblickenden Gebetbuch-Publikation geriet in Vergessenheit. Die Gebetbuchdrucke blieben zwar unvollendet, waren aber doch unter Aussicht des Kaisers im Druck des Textes mit Ausnahme des Kalenders und einiger Gebete schon so weit vorgeschritten, daß ein Exemplar in losen Bogen für die bedeutendsten Holzschnitt- zeichner jener Zeit zusammengesteüt und ihnen zugewiesen werden konnte, wobei Dürer das Gebetbuch erhielt. Der Kaiser ließ sich stets die in Farben ausgesührten Zeichnungen zur Begutachtung ihres Gedankeninhalts vorlegen, denn sie sind keineswegs reine Schöpfungen künstlerischer Phantasie, sondern enthalten oft tief sinnig ausgeklügelte Ideogramme, tue den hieroglyphischen Studien des Kaisers und seiner Humanisten entlehnt sind. Diesem einzig dastehenden Andachtsbuch wird endlich jetzt eine umfassende Veröffentlichung zuteil. Der Verfasser hat die Arbeit eines Jahrzehnts und ein beträchtliches Vermögen der Aufgabe gewidmet, ein getreues Faksimile des ganzen Werkes zu erzielen, das nicht nur sämtliche Zeichnungen, selbst die flüchtigsten Federspiele auf den Blättern in München und Besanyon enthält, wiedergibt, beziehungsweise aus dein Wiener Exemplar ergänzt. Die Ausführung dieser Reproduktion erfolgt mittels der Photo lithographie, die sich nach vergeblichen Versuchen mit Lichtdruck als das geeignetste Verfahren erwies, um die stark verblaßten Z ichnungen des Originals in voller Schärfe festzuhalten und iviederzugeben. Die photolithographische Ausführung des Werkes erfolgt in der Kunstanstalt von Albert Berger in Wien, der Buch druck wurde ausgeführt in der Hof- und Universilätsdruckerei von Adolf Holzhausen in Wien. Welche Anforderungen aber der Herausgeber an eine fak- seite zu verschaffen vermag, fehlte bis heute. Man war sich über oie Gründe ihres künstlerischen Reizes nicht klar. Denn er wird nicht allein dadurch bedingt, daß der grüne, violette oder rosa farbene Ton der Randleiste sich mit dem Rot und Schwarz der Lettern verbindet; es muß die gelbliche Färbung des Pergamentes, das graubläuliche Durchschimmern der aus oer andern Seite gedruckten Lettern, das Rosa der Linien und sogar die Einprägung der roten Buchstaben hinzu- ireten. Die Reproduktion hat auch durch das Gefühl auf das Auge zu wirken. Erst eine diesen Anforderungen nachstrebende Vervielfältigung der ergänzten Fragmente kann von sich be haupten, daß sie die Wünsche des Kunst- und Bücherfreundes, die Monographischen wie die historischen Interessen zu befriedigen sich bemüht.« —Wie schwer diese Forderungen zu befriedigen sind, das wurde schon bei der Beschaffung eines ihnen entsprechenden Papiers empfunden; erst der Neusiedler Papierfabrik gelang die Herstellung eines solchen nach vielen schwierigen Versuchen; manche der Seiten aber erforderten zur Wiedergabe aller Einzel heiten elf Drucke. Nach dem mir vorliegenden Pergamentblatt und einer Anzahl Probebogen zu urteilen, darf man jedoch sagen, daß die deutschen Bibliophilen und Kunstfreunde jetzt eine wirklich faksimilctreue Reproduktion des kostbaren Gebet buchs dieses kunstsinnigen Kaisers erhalten werden. Aon der Wiedergabe der prächtigen Texttype und den unvergleichlichen Randzeichnungen kann nur gesagt werden, daß das zu schaffende Werl durch hohe Vollendung befriedigen wird. Seine gra phische Reproduktion ist nicht weniger ein Monument deutscher graphischer Kunst, wie seine Schöpfung durch Kaiser Max es war. Es enthält 324 Photolithographien im Format 27,8x19 em Bildgröße und wird in Bogenlagen geheftet, die in eine solide mit .nglischer Leinwand überzogene Kassette eingelegt werden. In den Handel kommen nur 350 in der Presse numerierte Exemplare. Auf Pergament wurden 4 Exemplare gedruckt, doch gerieten hiervon nur 3 tadellos. Wegen seines unvermeidlich hohen Preises wird das Gebetbuch des Kaisers zwar nicht zum Gemein gut der Menge werden; aber die Reproduktion wird diesen kostbaren Schatz für alle Zeiten vor Verlust schützen und ihn wenigstens allgemein zugänglich machen. Theod. Goebel. 'Remittendenfaktur-Bordrucke O.°M. ISO». (Vergl. 1907 Nr. 291. 293-303; 1908 Nr. 1 d. Bl.) — Weitere Eingänge: F. A. Brockhaus, Leipzig, W. Langewiesche-Brandt, Ebenhausen, Leoy L Müller, Stuttgart, Otto Maier, Ravensburg, Verlag für Sprach- und Handelswisfenschaft, G. Simon, Berlin. Bilderfälschunge». — Die Münchner Staatsanwaltschaft hat verschiedene Verhaftungen von kleinen Händlern und Agenten von Kunsthandlungen vorgenommen, die mit angeblichen Bildern 13*