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151, 2. Juli 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 7247 Bedingung einer Benutzung des Übersetzungsrechts innerhalb einer zehnjährigen Frist im Grunde schon der zur Revision verlangten Lösung gleichkommen, indem jedes einigermaßen Beachtung verdienende Buch in den ersten zehn Jahren nach Erscheinen übersetzt werde; der übrigens schon im französisch spanischen Vertrage von 1880 angenommene, grundsätzlich bedingungslose Schutz des Übersetzungsrechtes entspreche durchaus der fortschreitenden Tendenz unserer Zeit, dringe immer mehr in anderen Ländern, die doch gewiß auch die Verbreitung allgemeiner Kultur sich angelegen sein ließen, durch, und sei kürzlich auch von Deutschland in den neuen Sonderliterarverträgen mit Belgien, Frank reich und Italien sanktioniert worden, die dergestalt über das von der Berner Konvention garantierte Schutzminimum hinausgingen; diese Ausdehnung des Schutzes werde den Verlag von Übersetzungen auf festere Grundlagen stellen und gestatten, für die fremden Länder ein uneingeschränktes Recht abzutreten; sie werde infolgedessen sowohl den Autoren wie den Verlegern Vorteile bringen. Das Postulat wurde denn auch mit einer Mehrheit 41 Stimmen angenommen. In bezug auf den Schutz der Photographien betonte Herr Rava, ohne indes damit Anklang zu finden, die Not wendigkeit, auf diesen Werken die Angabe der Namen des Autors und des Verlegers anzubringen, um auf diese Weise von vornherein den Rechtsinhaber kennen zu lernen. Die Forderung eines vollen Schutzes gegen die mechanischen Instrumente begegnete nur einer schwachen Opposition, die durch das Argument bekämpft wurde, daß es im höchsten Grade ungerecht wäre, die ausübenden Künstler, die in diese Instrumente hineinsprechen und hinein singen, zu honorieren, dagegen den Autor des Original werks leer ausgehen zu lassen. Zudem hatte die dritte Abteilung auf den Bericht des Herrn Enoch hin energisch die »Abschaffung der unglücklichen Ziffer 3 des Schluß protokolls der Berner Übereinkunft und die Beseitigung des französischen Gesetzes von 1866« verlangt und zu diesem Behufe den von der ^.ssoeiatiou littörairo st artwtigus intvrnLtiouLls in der Neuenburger Konferenz angenommenen Beschluß ebenfalls bestätigt. Der Widerstreit der Meinungen war noch lebhafter gegenüber dem Postulat der Ausdehnung der Schutzfrist. In der Sektion ^ erklärte Herr Seemann und hierauf Herr Sellier in der Plenarsitzung, namens des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, des Deutschen Verlegervereins und des Deutschen Musikalienhändlervereins, daß sowohl aus idealen wie aus praktischen Gründen in Deutschland die Frist von 30 Jahren x. m. a., die dort schon seit 100 Jahren empfohlen worden sei und den Autor, sowie seine Nach kommen während einer Generation zu schützen gestatte, als hinreichend angesehen werde; eine Verlängerung würde sich daher in keiner Weise mit ihrer Auffassung von der Not wendigkeit, Kultur und Bildung zu verbreiten, in Einklang bringen lassen; die Allgemeinheit verlange nach Ablauf eines gewissen Zeitraums, der ihre Interessen mit denjenigen des einzelnen Verfassers ausgleiche, das jedem Autor geliehene geistige Kapital zurück; sie strebe alsdann danach, alle die auf diese Weise geschaffenen Geistesschätze ohne allzu lange Verzögerung und ohne zu große materielle Belastung jedermann zugänglich zu machen; in diesem Sinne seien die genannten Vereine bei ihrer Regierung vorstellig geworden und dächten keineswegs daran, von einer lang überlegten und reiflich erwogenen Entscheidung wieder zurückzukommen, um so weniger, als sie der Überzeugung lebten, in dieser Frage den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Dagegen machte Herr Ricordi auf die Vorteile, die die Annahme einer einheitlichen Schutzfrist für die inter nationalen Beziehungen hätte, aufmerksam; es gelang ihm, unter der ernsten Versammlung durch den Satz Heiterkeit zu erwecken, daß im Hinblick auf die Fortschritte der Hygiene das Leben einer Generation nunmehr nicht bloß 30, sondern 50 Jahre daure; ziffernmäßig wies er nach, daß die Befürchtung, es möchten die Werke infolge des Verleger monopols fortgesetzt zu erhöhten Preisen verkauft werden, des zureichenden Grundes entbehrten, da die Verleger durch die ihnen mit den stetigen Neuerscheinungen bereitete Kon kurrenz gezwungen würden, billige Ausgaben zu veranstalten, sogar wenn es sich um so gut verkäufliche Werke wie die Partitur des »Lohengrin« handle. Die ganz besondere Be tonung der Interessen der allgemeinen Bildung könnte auch gegen die Anerkennung jeglichen Urheberrechts über haupt ins Feld geführt und nicht bloß für die Aufrecht erhaltung des jetzigen Systems, sondern auch für eine Herab setzung der heutigen Schutzfristen geltend gemacht werden (H. Gauthier - Villars). Auch in diesem bestrittenen Punkte blieb jedoch die Ansicht des Herrn Ricordi siegreich (43 gegen 17 Stimmen). Immerhin wurde von ihm ausdrücklich an erkannt, und Herr Albert Brockhaus bestätigte dies noch besonders, daß die verschiedenen Landesvereinigungen, wenn sie an ihre Regierung herantreten würden, um ihr die in Madrid auf die Berliner Konferenz hin angenommenen Postulats zur Verwirklichung zu empfehlen, nur zur Geltend machung derjenigen Punkte verpflichtet werden dürften, denen sie ihre Zustimmung geben könnten, und daß jeder Zwang durch Majoritätsbeschluß hier ausgeschlossen sein müsse. So werden denn die deutschen Vereine sich der Empfehlung der genannten Schutzfristausdehnung nicht anschließen; der spanische Buchhändlerverein will seinerseits die Anstrengungen zur Ausdehnung des übersetzungsrechtes nicht unterstützen, und die ^.Woeiamons tipograüoo - libraria italisua macht eben falls hierzu ihre ausdrücklichen Vorbehalte. Eine andere, sogar ziemlich scharf hervortretende ab lehnende Bewegung entstand, als ein am 31. März 1908 vom schwedischen Verlegerverein in einer Eingabe an das schwedische Justizministerium gemachter Vorschlag auf der Madrider Tagung eingereicht und von den Herren Bonnier und Wahlström verteidigt wurde, hatte dieser Vorschlag doch nichts weniger als die Ausmerzung des Artikels 3 aus der Berner Konvention in Aussicht genommen. Dieser Artikel gestattet den einem Verbandslande nicht angehörenden, aber ihr Werk auf Unionsgebiet verlegenden fremden Autoren, die Vorzüge der Berner Union mitzugenießen. -Die Folge hiervon ist aber — so lesen wir in der genannten Eingabe —, daß die Mehrzahl der irgendwie bedeutenderen Autoren aus den Vereinigten Staaten, Rußland, Österreich und einigen anderen der Union ferngebliebenen Ländern sich beeilt haben, ihre Autorrechte durch eine erstmalige Veröffentlichung in England oder Deutschland schützen zu lassen. Auf diese Weise vermochten sie sich alle Vorteile der Berner Konvention zu verschaffen, ohne gezwungen zu sein, ihrem eigenen Lande auch die damit verbundenen Nachteile auszuerlegen. Ganz sicher wird es unmöglich sein, sowohl die Vereinigten Staaten wie Rußland zum Beitritt zu der Konvention zu bewegen, solange dieser Zustand andauert.» Die Eingabe betont demnach »die Wichtigkeit für Schweden, besonders Rußland und die Vereinigten Staaten zum Eintritt in die Berner Union zu zwingen, um auf diese Weise dem Nachdruck von schwedischen Werken ein Ziel zu setzen, der zum größten Schaden der schwedischen Verleger beständig in den Vereinigten Staaten blühe, und um auch den Nachdruck in Finnland von vornherein unmöglich zu machen«. Herr Bonnier fand die Unterstützung der Herren Bell und Heinemann (England), die eine wirkliche Gegenseitigkeit in den Beziehungen zwischen Verbands- und Nichtverbands ländern verlangten, sowie von Herrn Etting er (Rußland), 943«