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5070 Nichtamtlicher Teil. oR 123, 2S. Mai 1905. ferneren völligen Ruhenlassens der Bildungsfrage. Überall regt sich auf allen Gebieten des Wissens, der industriellen Entwicklung, des Handels, der Kunst, der Gewerbe, die Forderung einer gründlicheren Bildung. Das kaufmännische Fortbildungsschulwesen bedeutet bald nur die Unterstufe, die für die einfachsten kaufmännischen Kleingeschäste noch gerade genügt; für den Großhandel gewinnen die Handelsschulen und Handelshochschulen schon heute immer mehr Bedeutung. Wie darf da der Buchhandel Zurückbleiben, dem hinsichtlich der Bildungserfordernisse seine Stellung in den ersten Reihen der Kaufmannschaft die Verpflichtung auferlegt, dem Handels stand stets voranzugehen?! Unmöglich darf er Zurückbleiben. Großes hat sich in den letzten dreißig Jahren im Buchhandel vollzogen: das Urheber- und Verlagsrecht ist in Deutschland neu geregelt, im Ausland erweitert; die Organisation hat durch geschäftlich-verbindliche Ordnungen eine Grundlage des Gewohnheitsrechts geschaffen, die Herstellungsverfahren und Reproduktionsmethoden sind bis zur Unübersehbarkeit er weitert worden; der Geldverkehr, die Gründung der Reichs bank, die Handelspolitik und die Handelsverträge haben ge wisse Normen geschaffen, deren Kenntnis und Beobachtung von großer geschäftlicher Tragweite sind, internationale Kon gresse und Vereinbarungen, Kapitalbewegungen, Trusts, sowie die Ausdehnung unsers Welthandels wirken auf den ge samten Handel und erfordern eine fortwährende Aufmerk samkeit. Wir befinden uns im Buchhandel wie in einem Hause, in dem wir uns wegen seiner Größe kaum noch zurechtfinden. Zu alledem stellt die Literatur mit ihrer Massenproduktion an das Gedächtnis und an die Arbeits kraft immer größere Anforderungen. Alle diese Errungen schaften haben unsre Vorgänger mit geschaffen, der Epigone steht dem Fertigen gegenüber wie einem Buch mit sieben Siegeln, sofern ihn seine Stellung im Beruf nicht mit dem einen oder andern vertraut macht. Hier das richtige Ver ständnis zu pflegen, hieße auch die Achtung vor den ge schaffenen Institutionen befestigen. Dazu müßte auch die »höhere Bildungsanstalt für junge Buchhändler« durch all seitigen Unterricht beitragen. »Wir haben die Forderungen des Tages zu erfüllen, und können nicht warten, bis die große Mehrheit zu Kul turhöhen herangezüchtet sind!« (Goethe.) Dies allen denen, die in einer »höheren« Buchhändlerschule nur eine Anstalt für -Bevorzugte- sehen. Wir sind der Meinung, daß die Bedingungen für eine Teilnahme an ihr nicht so unerschwinglich gestaltet werden können, daß nicht, wer lernen will, auch ein billiges Plätzchen fände, wie denn auch die Beteiligung an den Kursen, wenn diese auf die praktischen Bedürfnisse zurechtgeschnitten werden, jedenfalls nicht hinter den Erwartungen Zurückbleiben werden. Nach den zahlreichen Urteilen, die ich in privatem Briefwechsel bereits für diesen Gedanken gesammelt habe, darf er sich einer weiten Sympathie in maßgebenden Kreisen und gewiß auch der freundlichen Aufnahme beim Börsen verein erfreuen. Möchten diese Zeilen nun auch weitere Kreise für die Idee einer höheren Buchhändler-Bildungs- Anstalt, entsprechend der Anregung von vr. Heinrich Brock haus, gewinnen, damit der von ihm geschaffene Grundstock an Kapital recht bald durch weitere Zuwendungen ver größert und seinen Zwecken dienstbar gemacht werden kann. Muß doch allein schon die Tatsache, daß ein Buchhändler von der Bedeutung dieses verdienten Mannes allen Ernstes diese Anstalt als eine unausbleibliche Notwendigkeit ins Auge gefaßt und ihr in weiser Voraussicht die Wege ge ebnet hat, jedermann dafür einnehmen. Mag nun bisher die Entwickelung des Buchhandels der Ausführung noch nicht günstig gewesen sein, so bin ich doch überzeugt, würde jetzt der Börsenverein unter seinen Mitgliedern eine Umfrage halten, ob die Zeit für die Ausführung der vr. Heinrich Brockhausschen Anregung günstig sei, so würden ihr viele Herren mit vollem Herzen zustimmen. Mancher würde bei Lebzeiten oder durch letzt willige Verfügung zu dem nötigen Fonds beitragen, Stadt und Staat dem Unternehmen jede übliche Erleichterung und Förderung angedeihen lassen und der Buchhandel hätte einen Mittelpunkt seiner Berufsbildung, der seiner würdig wäre. Kleine Mitteilungen Verlagsanstalt und Druckerei - Aktiengesellschaft (vorm. I. F. Richter) in Hamburg. — Auf den 15. Juni ist eine außerordentliche Generalversammlung dieser Aktiengesellschaft einberufen zur Beschlußfassung über den Verkauf ihrer Terrains und über die Liquidation. Für die Terrains liegt ein Gebot vor; eventuell soll für die Verwaltung der Terrains eine Aktien gesellschaft gebildet und die Aktionären der Richtergesellschaft soll das Bezugsrecht aus die Aktien der neu zu bildenden Terrain gesellschaft reserviert werden. (Nat.-Ztg.) Bestechungsgelder im geschäftlichen Verkehr. — Der -Zeitungs-Verlag- gibt folgende Mitteilungen der »Berliner Korrespondenz- wieder: Seit einiger Zeit sind Bestrebungen stimmungen gegen die Bestechung der Angestellten kaufmännischer und industrieller Betriebe durch Lieferanten zum Ziele haben. Es wird behauptet, daß die Gewährung von Geschenken und sonstigen Vorteilen an die Angestellten zu dem Zweck, diese zu einer Bevorzugung der Waren des Geschenkgebcrs vor den Waren Einschreiten der Gesetzgebung zurzeit eine ausreichende Veran lassung nicht vorliege, da bereits das geltende Recht Handhaben biete, einem unlautern Verhalten sowohl des Geschenkgebcrs wie des Angestellten entgegenzutreten, im übrigen aber zunächst zu versuchen sei, der Mißstände im Wege der Selbsthilfe Herr zu werden. Zugleich weist man auf die Schwierigkeiten hin, die sich bei der Mannigfaltigkeit der in Betracht kommenden Verhältnisse einer sichern Abgrenzung des strafgesetzlichen Tatbestandes so wie einer wirksamen Durchführung der Strafvorschrist ent gegenstellen würden, und gibt der Besorgnis Ausdruck, daß das Gesetz zu nutzlosem Eingreifen in dis innern gewerblichen Verhältnisse und zu häßlichen Angebereien führen werde. Die Angelegenheit ist bei der diesjährigen Etatsberatung auch im Reichstag zur Sprache gekommen. Die von einzelnen Seiten ge- llntersuchung über den Umfang dieser Mißstände und über die Rätlichkeit gesetzgeberischer Maßnahmen vorangehen müssen. Vom Staatssekretär des Innern aus sind deshalb die Bundesregie rungen ersucht worden, in dieser Richtung Ermittlungen anzu stellen. In erster Linie wird die Anhörung der Handelskammern in Betracht kommen; in Orten, wo geeignete Vertretungen von Schillerfeiern in Skandinavien. — In Dänemark fand der Gedenktag sehr geringen Nachhall. Nur die Presse der Haupt stadt widmete ihm allgemein am Hundertjahrstage einen Artikel, u. a. der bekannte, in Dresden lebende dänische Dichter Karl Gjelerup in -Politiken-, der junge Literarhistoriker Ehr. Kirchhoff- Studie -Schiller und Dänemark-, wie der dänische Dichter Baggesen bei seiner Heimkehr aus Deutschland 1790 in Kopenhagen eine kleine begeisterte Schillergemeinde schuf und dann den Prinzen von Augustenburg und den Grafen Schimmelmann zu jener hoch-