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^ 40. 18. Februar 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 2153 Regierungssystem Louis Philipps an, gossen sie die Schale ihres Hohns über Thron, Bourgeoisie, Beamtentum und vor nehmlich über die Vertreter der Gerichtsbarkeit aus. Der be deutendste Künstler dieser Gruppe, der im Hinblick auf Wahrheit und Natürlichkeit und besonders durch hinreißende Leidenschaft und großzügiges Erfassen noch weit über Gavarni hinausragte, war Honorä Daumier. Beiden schlossen sich dann weiter Grand- ville, Decamps, Bourdet, Deveria, Numa, Poitevin, Monnier, Boilly, Maurin und Philippon an. Wenn wir heute die Blätter der Karikaturisten betrachten, da bemerken wir, daß sie außer dem sittenschildernden, politischen und satirischen Inhalt doch auch von großer kunstgeschichtlicher Bedeutung waren. Denn die Karikatur war es, die zuerst auf die moderne Tracht, auf das moderne Leben, auf den modernen Menschen hinlenkte. Indem man sich mit alledem, wenn auch anfangs nur in satirischer Absicht, be schäftigte, lernte man darin auch ernste künstlerische Werte, eine neue eigenartige Schönheit kennen. Daumiers Darstellungen, dessen Gestalten mitunter hell aus tiefem Dunkel heraus, wie bei Rembrandt, sich loslösen, oder dunkel auf Hellem Grunde stehen, heben sich immer als Silhouetten von gewaltiger Wucht vom Hintergründe ab. Seine Zeichnung ist oft sehr wild, barock und mit starker Betonung der wesentlichen Linien; dadurch aber wird der Eindruck des Karikaturistischen erweckt. Romantik und Klassizismus sind alteingebürgerte, allgemein verständliche Bezeichnungen für die Gedankenkunst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Gedankenkunst begnügte sich nicht damit, zu bilden, sondern sie wollte erziehen, lehren, dichten, philosophieren und fabulieren. Uber alledem vernachlässigte sie ihre eigentliche Aufgabe, die Natur nachzubilden. Unter den französischen Romantikern tritt namentlich Eugäne Delacroix als scharfumrissene Persönlichkeit hervor. Er war es, der das künstlerische Vermächtnis seines früh verstorbenen Freundes Gericault aufnahm und zum Ziele führte. Delacroix ist nicht bloß Maler und Zeichner, sondern auch Dramatiker. Er versenkte sich gern in die Welt der Dichter und wurde besonders von solchen Stellen, Episoden und Gedankengängen bewegt und zum künstlerischen Schaffen angeregt, die seinem an sich düsteren Gemüt Nahrung boten. Vor allem schildert er Bewegung und Leidenschaft in jeglicher Gestalt, gleichviel, ob er sie in der Bibel, bci Dichtern oder im Leben, — gleichviel, ob er sie bei liebenden oder kämpfenden Menschen, bei wilden Tieren oder bei den Ele menten fand. Seine starke Melancholie und Mißachtung der Welt mag auch darin ihren Grund haben, daß er in Wahrheit zeitlebens ein verkanntes Genie blieb, das erst nach seinem Tode allgemeine Anerkennung finden sollte. Von ihm zeigt die Ausstellung einen Zyklus Illustrationen zu Goethes Faust, die jedoch nicht von ihm selbst, sondern von Geyer und Hermet auf den Stein gezeichnet sind, — leider aber nicht mit so besonderem technischen Geschick wie andere derartige Blätter, die hier zu sehen sind. Dagegen erscheint der vielseitige Gavarni in dieser Abteilung in seinen frischen köstlichen »Bildern aus dem häuslichen Leben« von einer ungemein liebenswürdigen Seite und zugleich wieder in höchster technischer Vollendung. Bei den Technikern vertreten eine besondere Richtung die Soldatenschilderer Charlet und Raffet. Charlet versenkte sich in die Seele des gemeinen Soldaten, des Troupiers. Aus ihr heraus suchte er die großen Ereignisse der kriegerischen Zeit an schaulich zu machen. Jeder von diesen wetterharten, gebräunten, sehnigen, abenteuerlichen und doch so ritterlichen »Bärenkerlen«, die Charlets Feder mit unfehlbarer Sicherheit auf den Stein zeichnete, trägt das stolze Gefühl in seiner Brust, für feine Perfon ein wichtiges Glied der gewaltigen Kette zu bilden, mit der fein Kaiser die Welt gefesselt hält. Wie Charlet den einzelnen Soldaten, so schildert sein bedeutender Schüler Raffet die Masse, die mächtige Heeressäule, und zugleich das feste Zusammengewachsensein der Truppenkörper, das einen Schritt, einen Willen, ein Ziel bedeutet. Sein bekanntestes und bedeutsamstes Bild »Die Revue des Todes« ist eine glückliche Verbindung von angeschauter Wirklichkeit und kühner Einbildungskraft. Den Trommelschläger aus diesem Bilde hat Fremiet, der Schöpfer von Raffets Denkmal in einem der kleinen Louvre-Gärten, als Hauptfigur verwendet. Als der größte, freilich nicht selbstschöpferische Techniker auf dem Gebiete der Lithographie ist A. Mouilleron anzusehen. Die Kraft, Klarheit und Schönheit des Tons hat kein Zweiter wie er erreicht. Da es ihm an Vor- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. stellungskraft gebrach, um eigene Darstellungen zu veranschau lichen, so begnügte er sich damit, die Bilder anderer durch die Steinzeichnung wiederzugeben. So zeigt er uns denn farbige Bilder von Delacroix, Diaz, Decamps, Couture, Jsabey und Meissonier in einfarbiger graphischer Übersetzung, aber in einer so reizvollen Durchbildung, daß er uns fast die Farbe vergessen macht. Neben ihm sind dann noch Eugen le Roux, Laurens, Anastasi, Calame — die letzteren beiden mit wundervollen Land schaftsschilderungen — sowie Jossot, Debacq und Sirony zu nennen. Ernst Kiesling. Kleine Mitteilungen. Born dänischen Buchhändlerverein. Änderungen in seinen Latzungen und Berkehrübedingungen. — Der Dänische 4. Februar eine außerordentliche Sitzung ab zur Entscheidung über die von dem dazu eingesetzten Ausschuß gemachten Vor schläge zu Änderungen in den Satzungen und Verkehrsbedingungen des Vereins. Von seinen gegenwärtig 45 Mitgliedern (mit einer einzigen Ausnahme alle in Kopenhagen; vgl. hierüber Börsenblatt 1906, Nr. 13) waren weit über die Hälfte anwesend. Leiter der Sitzung war Rechtsanwalt A. H. Siesbye. Die Vorschläge des Ausschusses wurden mit kleinen Abänderungen sämtlich ange nommen und sind in der Hauptsache folgende: I. in den Satzungen: In ß 2, neuer Zusatz: »Der Vorsteher des dänischen Provinz buchhändlervereins und der Vorsteher des Sortimentsbuchhändler vereins in Kopenhagen haben Mitgliedsrechte.« In § 6. »Der Vorsteher hat in der Regel vor der Sitzung jedem Mitglied eine Tagesordnung zuzusenden.« Nach § 7 kann fortan der Vorsteher den in § 2 genannten Vereinsvorstehern das Recht geben, sich im Verhinderungsfälle durch ein anderes Vorstandsmitglied des betreffenden Vereins in den Sitzungen vertreten zu lassen. Nach § 12 und 8 14 sollen fortan in der letzten (ordentlichen) Sitzung des Jahres die Wahl von 5 Mitgliedern nebst 5 Stell vertretern zum »gemeinsamen Ausschuß der dänischen Buch händler« sowie die Wahlen zum »Verlegerrat«, der aus 5 Mit gliedern des Vereins besteht, erfolgen. In 8 17, neuer Zusatz: »Auch ist es den Mitgliedern und den rabattberechtigten Buchhändlern in Dänemark verboten, ohne Einwilligung des Vereins die Hauptkommission für solche Schriften zu übernehmen, die außerhalb des Buchhandels mit Rabatt oder zu anderen Preisen, als zu den festgesetzten Ladenpreisen, ver kauft werden.« In 8 20, neuer Zusatz: »Jedes Mitglied und jeder rabatt berechtigte Buchhändler in Dänemark ist verpflichtet, Abonnent auf ,^oräi8lc Lo^bancUerticksnäs' zu sein. Jedoch ist eine Firma nur verpflichtet, ein Exemplar zu halten, selbst wenn sie mehrere Mitglieder hat.« In 8 22 werden die Etablierungsbedingungen für dänische Buchhandlungsgehilfen (vgl. hierüber Börsenblatt 1904, Seite 6645) gemildert, indem der verlangte Zeitraum der Tätigkeit im Buchhandel von 12 auf 10 Jahre herabgesetzt und der neue Zusatz gemacht wird: »Gehilfen, die mindestens 20 Jahre lang bei rabattberechtigten Buchhändlern beschäftigt gewesen sind, können mit Dreiviertel der abgegebenen Stimmen, ohne Kaution zu stellen, zur Rabattberechtigung, jedoch nur bei Barzahlung, angenommen werden.« In 8 25 über den Buchhändlerrabatt wird der zu ge währende Mindestrabatt von 20 Prozent in 25 Prozent geändert. In 8 27 über den Kundenrabatt (Wortlaut siehe Börsen blatt 1906, Nr. 52) wird Abschnitt d) wie folgt geändert: »Private Käufer und solche Bibliotheken, deren Ausleihen gratis statt finden, dürfen auf Verlangen und bei prompter Bezahlung auf Beträge von mindestens 500 Kr. (bisher .mindestens 200 Kr?) bis zu sechs Prozent Rabatt erhalten und auf Beträge von min destens 2000 Kr. (bisher .mindestens 1000 Kr?) zehn Prozent.« — Nach Abschnitt e) hat fortan auch »vialrouiZssgtikteissn« in Kopen- Hagen-Frederiksberg Nabattberechtigung auf Bücher religiösen Inhalts. — Abschnitt 6 oder s) erhält folgenden geänderten Wortlaut: »Es ist gestattet, anderen Händlern als rabattberech tigten Buchhändlern Rabatt einzuräumen auf Bibeln und Sonder ausgaben der biblischen Bücher, Gesangbücher, sowie andere in 2L0