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.1k 40, 18, Februar ISlv, Nichtamtlicher Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 2151 Die einfachste Form ist der rein ornamentale Zierat, sei es als Kopfleiste mit Schlußstiick, als Umrahmung der ganzen Seite oder dergleichen. Mit rechtem Verständnis er dacht, kann er dem Buch eine durchaus persönliche Eigen art verleihen und das Satzbild künstlerisch ergänzen. Man sollte denken, cs könne nicht so schwer sein, ein Buch in dieser Art wirklich zu schmücken; und doch wird gerade mit diesen einfachsten Mitteln am bösesten ge sündigt, Das Einfachste hat sich auch hier als das Größte und Schwerste gezeigt. Wenn irgend etwas, so beweist dieses so häufige Versagen, ein wie großes Maß liebevollen Ein gehens und Gefühls erforderlich ist, um ein Buch verständnis voll zu zieren. Schon darin liegt ein Mangel des richtigen Empfindens, daß man scheinbar vielfach glaubt, ein und dieselben Schmuck stücke seien für alle möglichen verschiedenen Bücher zu ver wenden, Es gibt ja wohl Werke, die eine große Charakter ähnlichkeit tragen und denen daher eine gleiche oder ähnliche Ausstattung nicht schadet. Doch dürfte eine solche Ähnlich keit selten Vorkommen, Im allgemeinen wird man sagen können, daß ein Buch, mit welchen Mitteln es auch sei, nicht persönlich genug angetan werden kann. Auch der Zeichner des rein ornamentalen Schmuckes muß sich die Wesensart des Buches zu eigen machen und diese durch entsprechende, fein abgewogene Linienführung und Raum verteilung zum Ausdruck bringen, z, B, eine getragen feierliche oder graziös lebhafte Wirkung schaffen. Vor allem muß immer wieder betont werden: der Schmuck ist etwas Sekundäres, er soll sich selbstlos dem Zweck unterordnen, er darf sich nicht vordrängen, Er muß das Satzbild ergänzen, aber nicht erdrücken. Verhältnismäßig leicht sind Bücher zu schmücken, deren Handlung sich in einem bestimmten Zeitabschnitt abspielt, weil der Künstler sich an Kunstformen eben der Zeit bilden kann. Nur verfällt er bei diesen Aufgaben zu leicht der Gesahr des sklavischen Nachzeichnens, und dies sollte in jedem Falle vermieden werden. Es darf der Geist der betreffenden Zeit reden, aber er muß sich moderner Laute bedienen. So verstanden und ausgesührt läßt sich ein künstlerischer Buch schmuck finden, der immer seine Berechtigung behaupten wird und als schön empfunden werden muß. Eine Sondersorm dieses rein ornamentalen Schmuckes, die in jüngster Zeit viele Freunde fand, ist das mit be sonderer Liebe behandelte Titelblatt. Der Titel, als Namens träger des Buches, ist sicher aufmerksamer Beachtung wert, und es ist nur zu begrüßen, wenn er aus seiner langen Nichtbeachtung herausgerissen und neuer Erweckung teilhaftig wird. Aber merkwürdig! Ist es der englische Einfluß oder ist es die alte Erfahrung, daß ein neues Lied immer der stärksten Stimmittel sich bedient, um gehört zu werden? So scheint es mir auch ein aufdringliches Mißverhältnis zu sein, wenn der Titel geradezu überreich, oft mehrfarbig ausgeführt ist und Deckel wie Textbehandlung fast ärmlich sind. Und dies sieht man nicht zu selten. Aber Schönheit ohne Harmonie ist nicht möglich. Wenn ich nun zu dem eigentlich illustrierten Buch übergehe, so ist in diesem Punkt ganz besonders nach dem Rückgang des Jllustrationswesens zu suchen. Es heißt all gemein, die Zeit der illustrierten Bücher sei vorüber. Warum ist sie vorüber? Hat man kein Interesse mehr für reich aus- gestattele Bücher? Ist man der zeichnenden Kunst überdrüssig? Erscheinungen auf verwandten Gebieten zeigen das Gegenteil, Die Vorliebe für Luxusausgaben ist so groß wie je; die Be gierde auf Erzeugnisse der Kunst ist in stetem Wechsel be griffen, der Preis allein ist auch nicht ausschlaggebend, denn für schöne Bücher werden gern entsprechende Preise gezahlt. Nein, der Grund liegt in den Illustrationen selber. Es genügt der heutigen Zeit des wachsenden selbständigen Ge schmacks nicht mehr, eine kleinliche, pedantische Nachzeichnung der Figuren und Geschehnisse der Erzählung, oft nicht im geringsten künstlerisch ausgeführt, zu sehen. Jeder macht sich naturgemäß von den Gestalten der Dichtung sein eigenes Bild, und es bereitet ihm heilige Freude, die Helden nach seinen Idealen nach jeder Richtung liebevoll auszu schmücken, Da muß er dann bitter enttäuscht werden, so er die faden Bildchen erschaut. Wenn die Illustration wirk lich befriedigen soll, so muß sie die Phantasie des Beschauers mächtig anregen und die Gedanken auf weite Pfade führen auf denen sich Schönheiten und immer neue Schönheiten auftun. Es müßte doch geradezu eine begeisternde Aufgabe sein für einen Künstler, mit dem Dichter einen Wettkampf aufnehmen zu dürfen, dessen Geistesziele im Lichte seines Gedankenreichtums erscheinen zu lassen und in der Art seiner Technik dazustellen, zu ergänzen und vielleicht noch aus zuführen. In diesem Sinne wären zu selbst umfangreichen Dar stellungen einige wenige Illustrationen genügend, um der Jdeenfülle des Ganzen erschöpfend Ausdruck zu geben. Es könnte der Inhalt etwa eines Kapitels, eines größeren Ab schnitts, ja eines ganzen Buches bildlich ausgeführt werden. Ein solches Bild müßte dem Genüsse des Lesens neue Genüsse hinzuschaffen, da man sich wieder und wieder fragend und antwortend ins Anschauen vertiefen kann. Wie viel wert voller muß ein Buch sein, in dem nicht nur die Gestalten der Dichter, sondern auch die des Zeichners dem Besitzer freund wurden! In der beschränkten Auswahl der Künstler, die einer solchen Behandlung der Buchillustrationen gewachsen sind, liegt kein Nachteil, sondern im Gegenteil ein nicht unbe deutender Vorteil, Es liegt absolut nicht im Interesse der Buchkunst, nun möglichst viele Bücher zu illustrieren, nur diejenigen, die dessen wirklich würdig sind. Es würde sich eine wenn auch nicht scharf umgrenzte Gruppe von Büchern bilden, die durch den Bildschmuck auch inhaltlich eine gewisse Eigenart bekundeten. Sehr wichtig ist die Art der Zeichnung oder deren Wiedergabe, Zwischen Schrift und Illustrationen sollen Charakterähnlichkeiten hervortrcten, die ihre Zusammengehörig keit deutlich dartun. Jede der beiden schönen Schwestern wecken im Herzen des Beschauers eine Reihe von Tönen, und um eine Melodie zu ergeben, müssen diese zur Harmonie zusammentreten. Unter der großen Zahl der Veroielfätti- gungstechniken ist daher eine enge Auswahl zu treffen, denn diese Bedingungen können nur wenige erfüllen. Zweifellos genügt der Forderung des harmonischen Zu sammenklingens mit der Schrift am vollkommensten der Holzschnitt, Durch die Maserung des Holzes bekommt der Druck eine Weichheit, die ihm etwas Persönliches, im künst lerischen Sinne Handwerksmäßiges verleiht, und die kräftige Linienführung schmiegt sich in vollkommener Weise dem Schriftbild an. Daher auch die starke Wirkung unserer wundervollen, illustrierten Frühdrucke, von der jeder überrascht sein muß. Nicht nur ist die Schrift ein rein künstlerisches Erzeugnis, sondern besonders ist es das einheitliche, wie aus einem Guß scheinende Gesamt bild von Schrift und Schmuck, das dies Gefühl der Be friedigung hervorruft. Leider ist ja der Holzschnitt zu teuer, um ihn heute noch viel verwenden zu können, und wir müssen uns daher nach einer in der Wirkung dem Holzschnitt am nächsten stehenden Reproduktionsart Umsehen, Diese ist wohl un bestritten die Zinkographie nach Federzeichnung. Also schon der Künstler muß mit Rücksicht auf die Vervielfältigung eine bestimmte Wahl unter den Zeichenarten treffen. Für 279»