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11772 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. «V 260, 7. November 1407. 1400 Taler zu übersenden. Er sagt, das Geld sei nicht für seinen eigenen Gebrauch, sondern für einen andern. Aus einem Briefe an seine Freundin Jeannette Wohl wissen wir aber, daß Börne doch das Geld für sich selbst haben wollte, und zwar um sich einen Reisewagen anzuschaffen. Es ist uns nur nicht erklärlich, weshalb er dies Campe nicht offen mitteilte. Vielleicht geschah es aus dem Grunde, weil er befürchtete, Campe würde dies als einen Luxus ansehen, und er schätzte ihn eben nicht im Besitze großer Barmittel, denn er sagt in demselben Schreiben an seine Freundin: -Daß ich das Geld bekomme, daran ist nicht zu denken; ein deutscher Buchhändler hat eine so ungeheure Summe nie wirklich bei sammen«. Börne erhielt übrigens damals das gewünschte Geld. Campe hatte nicht viel Freude an den Pariser Briefen. Das Werk erregte zwar gewaltiges Aufsehen, und der größte Teil der 2000 Exemplare betragenden Auflage wurde sofort an die Subskribenten abgesetzt, aber am 5. November 1831 wurde Campe und den übrigen neun Hamburger Sorti mentern bei Strafe von 100 Talern für jede Zuwiderhand lung verboten, Börnes Briefe aus Paris zu verkaufen, »weil das Buch die gröbsten Schmähungen gegen den Bundestag und die Fürsten und Regierungen des deutschen Bundes enthält und zum Aufruhr reizt«. Beschlagnahmt wurden nur einige Exemplare. Bei seinen Vernehmungen erklärte Campe, er habe das Manuskript nicht gelesen, da Börne es direkt nach Nürnberg in die Druckerei geschickt habe. Er sei kontraktlich verpflichtet gewesen, das Werk herauszugeben; dessen Inhalt habe nur der Verfasser zu vertreten. Trotzdem wurde die Klage gegen Campe eingeleitet; doch wurde er nach langen Verhandlungen freigesprochen; die Prozeßkosten sollten kompensiert werden. Da Ankläger und Verteidiger Berufung einlegten, so kam es zu einer nochmaligen Verhandlung, die für Campe noch etwas ungünstiger endete, denn es blieb bei seiner Verurteilung in die Prozeßkosten, und außerdem wurde er wegen seiner Fahrlässigkeit bei Ausgabe des Werks allen Ernstes verwiesen. Campe konnte nunmehr die Fortsetzung der Pariser Briefe nicht drucken; aber diese wurden von andern Verlegern bereitwillig aus genommen; sie fanden eine ungewöhnliche Verbreitung und übten starken Einfluß auf die damalige Literatur aus. Aus den erhaltenen Prozeßakten teilt Geiger unter anderm folgende Einzelheiten aus Campes Leben mit: Johann Julius Wilhelm Campe war in Braunschweig 1792 geboren, damals also 39 Jahre alt. Er gehörte der evan gelisch-lutherischen Kirche an, hatte die Schule in Holzminden besucht und war 1805 konfirmiert worden. In demselben Jahre trat er als Lehrling bei seinem Bruder August Campe in Hamburg ein, erlernte dort bis 1810 die Hand lung und machte dann längere Reisen. Von 1813 an diente er im Lützowschen Korps, später in andern preußi schen Regimentern und wurde mehrmals verwundet. In der Zeit seines militärischen Dienstes 1813—1816 war er vom Gemeinen zum Premierleutnant aufgerückt, und er erhielt als solcher seinen Abschied. Nun trat er als Gehilfe in das Geschäft seines Bruders, der sich mit Hoffmann etabliert hatte. Letzterer starb bald. Campe blieb Gehilfe bis 1822, übernahm dann durch Kauf die Handlung als alleiniger Inhaber und wurde 1823 Hamburger Bürger. Abgesehen von den Pariser Briefen fanden'die Werke Börnes durchaus keinen leichten Absatz. Geiger betont dies ausdrücklich in dem Aufsatz, in dem er die verschiedenen Ausgaben der Börneschen Werke, ihre mangelhafte Auf zählung in Goedekes Grundriß und die Vorbereitung einer neuen großen Ausgabe bespricht, die er mit Rudolf Fürst, Michael Holzmann, Alfred Klaar und Alfred Stern vor bereitet. Börne wurde mehr gelesen als gekauft. Seine Broschüre über die Berliner Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik erschien 1827 bei dem Verleger Winter in Heidelberg; in drei Jahren wurden nur 187 Exemplare davon verkauft, für die er 4 Taler 20 Gr. als Honorar erhielt. Da Börne aus verschiedenen Gründen mit Campe nicht mehr zufrieden war, so ließ er eine neue Auflage seiner Schriften bei dem Verleger Brodhag in Stuttgart er scheinen, der damals sehr unternehmend war, aber rasch wieder vom Büchermarkt verschwand. Campe hatte eine neue Auflage (anscheinend nur Titelauflage) herausgegeben, wozu ihm nach dem Kontrakt bis 1837 das Recht zustand, da Börne erst 1832 den achten Band abgeliefert hatte. Außerdem beanspruchte Campe das Recht, die noch vor handenen Exemplare auch nach Ablauf der fünf Jahre zu verkaufen, während Börne dieses Recht bestritt, ohne jedoch irgendwelche Schritte in der Sache zu unternehmen. Nach dem Tode Börnes versuchte Campe durch eine Biographie des Schriftstellers aus der Feder Karl Gutzkows den Vertrieb dieser Bände zu erleichtern. Die nachgelassenen Schriften Börnes erschienen 1844—1850 in sechs Bänden zu Mann heim. Erst 1862 erschien eine »neue vollständige Ausgabe« in zwölf Bänden bei Hoffmann L Campe in Hamburg und Rütten L Loening (Literarische Anstalt) in Frankfurt a. M. Es ist dies die schönste und stattlichste der Börne-Ausgaben. In einem längern Kapitel erörtert Geiger das Ver hältnis Börnes zu Cotta. Börne hatte sich bereit er klärt, von Paris aus Beiträge für die Cottaschen Journale zu liefern, und es waren ihm dafür jährlich 6000 Frcs. (3000 Fl.) zugebilligt worden. Aber damals wie auch später brachte er es nie zu einer regelmäßigen Mitarbeit; dagegen ließ er sich immer wieder Vorschüsse von Cotta aus zahlen. Mancherlei literarische Pläne, die bald von der einen, bald von der andern Seite ausgingen, zerschlugen sich. Cotta wäre bereit gewesen, die gesammelten Werke Börnes zu verlegen; aber diesem sagten das ihm angebotene Honorar und die vorgeschlagene Höhe der Auflage nicht zu. Beim Tode Cottas (1832) hatte Börne noch Vorschüsse in Höhe von 4730 Fl. zu tilgen. Zuletzt mußte Cottas Sohn ihn ermahnen, durch Lieferung von Aufsätzen die Schuld zu tilgen. Geiger spricht es unverhohlen aus, daß Börne dem Verleger Cotta gegenüber nicht nobel gehandelt habe und daß »der Geldfürst sich in finanziellen Dingen edler und vornehmer gezeigt hat als der Geistesfürst«. Bei den Nachforschungen in österreichischen Archiven hat Geiger keine Zensurakten gefunden, aus denen eine Kon fiskation einzelner Schriften des Jungen Deutschlands (Heine, Gutzkow, Wienbarg, Laube und Mundt) in Österreich oder gar Prozesse gegen einen dieser Schriftsteller festzustellen wäre. Er hat jedoch manches Material für die Entstehung des Bundestagsbeschlusses gegen das Junge Deutschland aufge funden und in seinem Werke mitgeteilt. Der von dem k. k. Rat vr. Jarcke 1836 ausgearbeitete Plan betreffend Über wachung der gesamten deutschen Literatur wurde nicht weiter verfolgt. — Die weiteren, hier nicht berücksichtigten Kapitel des Geigerschen Werks enthalten noch mancherlei bemerkens werte Einzelheiten über das Leben und Treiben der Schrift steller des Jungen Deutschlands und den Kampf der Re gierungen gegen sie. Diese Sammlung von 13 Abhand lungen, die zumeist schon zuvor in Zeitschriften und Zeitungen erschienen sind, enthält wichtige Bausteine zur Geschichte des Jungen Deutschlands. Sie bietet aber nicht, wie man dem Titel nach annehmen könnte, eine zusammen hängende Geschichte dieser literarischen Gruppe. Deshalb wäre es, um Mißverständnisse zu vermeiden, richtiger ge wesen, den Band zu betiteln: Studien und Mitteilungen über das Junge Deutschland. Im übrigen ist aus dem Vorwort zur Genüge zu ersehen, was in dem Bande zu er-