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^ 185, 10. August ISI2. Üiichtamtlicher Teil. vvrlendlatt f. d. Lljchru vuchhanbel. 9221 Vereins, Hamburg 36, Kaiser Wilhelm-Straße 40, in Verbin dung setzen. Post. — Postpakete nach den Vereinigten Staaten von Amerika waren bisher nur zugelassen, wenn der Wert des Inhalts 80 Dollar (336 ^») nicht überstieg. Vom I. September ab fällt diese Beschränkung weg. Künftig können Postpakete nach den Vereinigten Staaten ohne Rücksicht auf den Wert des In halts versandt werden, jedoch müssen den Paketen im Werte von mehr als 100 Dollar (420 -O) Rechnungen beigefügt werden, die ein Konsul der Vereinigten Staaten beglaubigt hat. Fehlt eine solche Rechnung bei einer Sendung im Werte von mehr als 100 Dollar, so muß der Empfänger bei Ankunft des Pakets in Amerika zunächst eine Kaution stellen, wodurch die Aushändigung der Sendung verzögert wird. Der Wert des Inhalts eines Postpakets darf vom Absender nach wie vor nur in den Zollinhaltserklärungen ersichtlich gemacht werden; Postpakete mit eigentlicher Wertangabe sind auch in Zu kunft nicht zugelassen. Maurice Maeterlinck gründet, einer Meldung der »Comedia« zufolge, ein eigenes Theater in Form einer Wanderbühne. Dieses Theater ist nur für die Aufführung Maeterlinckscher Stücke be stimmt und wird seine Wirksamkeit im nächsten Februar in Nizza zur Zeit des Karnevals beginnen. Dann kommt Paris an die Reihe, und darauf soll eine große Rundreise durch Europa und Amerika folgen, deren Programm noch nicht festgestellt ist. Zur Einweihung wird »Maria Magdalena« gespielt werden, die noch niemals in Europa aufgeführt worden ist. Die künstlerische Lei tung des Theaters wird die Gattin des Dichters, Frau Georgette Leblanc, führen. AuS dem Antiquariat. — Die Buchhandlung Louis Lamm, Berlin, hat die Bibliotheken der Privatgelehrten vr. Silbermann in Lyck und Rabinowitz - Königsberg i. Pr. er worben. Speziell die Rabinowitzsche Bibliothek besteht aus vielen wertvollen Werken der talmudischen und rabbinischen Literatur. Da die Firma Lamm auch einen großen Teil der Bibliothek Lewis, die vor einiger Zeit bei Hodgson in London versteigert wurde, erstanden hat, sind umfangreiche und inter essante Kataloge über Judaica und Hebraica von dieser Firma zu erwarten. In Österreich verbotene Druckschriften: Müller, vr. Werner, Die Gefahren bei Verhütung der Mutter schaft. Wien VI. «L Bom Reichsgericht. Zur Uberwachungspflicht des Mitgesellschafters über den geschäftsführenden Ge sellschafter. (Nachdruck verboten.) — Zur Führung der Ge schäfte einer Gesellschaft sind an sich alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Im Gesellschastsvertrage kann aber die Ge- schäftsführung einem Gesellschafter oder mehreren Gesell schaftern allein übertragen werden. Dann sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Die Führung der Handelsbücher liegt dann den geschäfts führenden Gesellschaftern ob. Vom Reichsgerichte ist aber jetzt eine Verantwortlichkeit des Mitgesellschafters dahin aner kannt worden, daß er verpflichtet ist, den geschäftsführenden Gesellschafter ständig zu überwachen, ob dieser seinen gesetzlichen Pflichten, insbes. der Pflicht zur Führung von Handels büchern auch nachkommt. Geschieht dies nicht, dann macht sich der Mitgesellschafter mitstrafbar, falls es zum Konkurse kommt und die Handelsbücher nicht in Ordnung sind. Von einer Berliner Gesellschaft, der zwei Gesellschafter ange hörten, waren seit dem 1. April 1608 keine ordnungsmäßigen Handelsbücher mehr geführt und keine Bilanzen gezogen. Der angeklagte Mitgesellschafter hatte das auch gewußt. Er hatte zwar, wie feststand, einiges getan, um seinen Mitgesell schafter C., dem er die Führung der Handelsbücher übertragen hatte, zur Erfüllung seiner Verpflichtung anzuhalten. Die von ihm deshalb unternommenen Schritte hatten aber zu keinem Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. Ergebnisse geführt. Und so hatte er diese Pflichtwidrigkeiten schließlich bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens, die am 9. Januar 1911 erfolgte, hingehen lassen. Das Landgericht Berlin hatte den Mitgesellschafter für die unordentliche Buchführung und die unterlassene Bilanzziehung strafrechtlich mit verantwort, lich gemacht, und das Reichsgericht bestätigte dieses Urteil. Das Verschulden des Angeklagten, so hat es ausgeführt, liegt darin, daß er sich bei der hartnäckigen Weigerung des geschäftsführenden Gesellschafters, seiner Pflicht zu genügen, beruhigt und nicht vielmehr alles daran gesetzt hat, dessen unberechtigten Wider stand, sofern nötig mit Hilfe des Gerichts, zu brechen. Mittel und Wege hierzu hätten sich ihm genug dargeboten. Äußersten- falls hätte er, worauf schon die Strafkammer hingewiesen hat, nach §§ 133, 140 des Handelsgesetzbuchs die Auflösung der Gesell schaft oder die Ausschließung des C. aus dem Gesellschafts- verbände betreiben können. Übrigens stand dem Angeklagten noch ein anderer Weg offen. Er konnte, wenn C. bei seiner Weigerung verharrte, entweder die Ordnung der Bücher selbst in die Hand nehmen oder, falls er dazu außerstande war, sie auf seine Kosten einer geeigneten anderen Hilfskraft über tragen. Blieb auch dies ohne Erfolg, weil C. seine Mitwirkung dazu versagte, so hatte er immer noch die Möglichkeit, von dem Rechte des § 117 HGB. Gebrauch zu machen. Danach kann einem Gesellschafter auf Antrag der übrigen Gesellschafter die Befugnis zur Geschäftsführung durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. Als einen wichtigen Grund bezeichnet das Gesetz namentlich grobe Pflicht verletzung und Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäfts führung. Der Fall einer groben Pflichtverletzung lag nach den Feststellungen der Strafkammer aber unzweifelhaft vor. Der Angeklagte hätte somit durch Anrufung des Gerichts dem schädigenden Treiben seines Mitgesellschafters ein Ende machen und sich selbst damit die Bahn zur Herbeiführung einer dem Gesetz entsprechenden Buchführung frei machen können. Sein Einwand, die Beschreitung des Klageweges sei mit Weitläufigkeiten ver bunden gewesen, trifft nicht zu. Dabei wird übersehen, daß, wenn die Verhältnisse so lagen, wie der Beschwerdeführer sie schildert, die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis sich auch durch eine einstweilige Verfügung nach §§ 935. 940 ZPO. würde haben er- reichen lassen. (Aktenzeichen: II. 1053/11) sk. Einhaltung der Bnreanzeit. Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 15. Juni 1912. (Nachdruck verboten.) — Wenn ein Angestellter trotz wiederholter Ermahnung bei Beginn der Bureauzeit nicht erscheint, so wird in den meisten Fällen mit dieser Unpünktlichkeit für den Geschäftsherrn ein wichtiger Grund zur sofortigen Entlassung gegeben fein. Es sind jedoch auch, durch eine besonders freie Stellung des Angestellten bedingt, Verhältnisse denkbar, unter denen eine solche Unpünktlichkeit keinen Entlassungsgrund bilden soll, wie dies in nachstehendem Rechtsstreite vom Oberlandesgericht Hamburg ausgesprochen wor den ist: vr W. war in dem chemischen Institut vr. L. angestellt. Es entstanden Differenzen, und vr. L. benutzte das wiederholte Zuspätkommen des vr. W. beim Beginn der Bureauzeit, diesem fristlos zu kündigen, vr. W. erhob Klage gegen vr. L. Er wurde jedoch mit seinen Ansprüchen vom Landgericht Hamburg abge wiesen. Auf seine Berufung erklärte nunmehr der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamburg: Wenn dem Kläger beim Vertragsschluß die Einhaltung der Bureauzeit ab 9 Uhr morgens zur Pflicht gemacht worden war, so hatte er sich dem zu fügen. Die Tatsache, daß der Be klagte in den ersten Jahren auf diesen Punkt nicht sonder lich geachtet hat, gibt dem Kläger nicht das Recht, sich von der ausdrücklich vereinbarten Verpflichtung als ent bunden zu erachten. Beklagter ist später, als sich die Beziehungen der Parteien verschlechtert hatten, auf die Einhaltung der Bureau- zeit zurückgekommen. Er hat sie fortgesetzt vom Kläger ver langt und demselben wiederholt wegen seiner Unpünktlichkeit Vorwürfe gemacht. War daher dieses Verlangen vertraglich gerechtfertigt, so stand dem Beklagten ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Entlassung des Klägers zur Seite. Daß etwa der Beklagte die Einhaltung der Bureauzeit nur zu dem Zwecke gefordert hat, um dem Kläger zu schaden — § 226 BGB. —, kann natürlich nicht geltend gemacht werden. Anders ist die Sachlage zu 1203