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6S, 22 Marz 1S10. Nichtamtlicher Teil. Nichtamtlicher Teil. Dis liturgische Bibliothek des Herzogs von Parma in Schwarza». Von Moriz Grolig, Bibliothekar des k. k. Patent-Amtes in Wien. Nur ein relativ kleiner Kreis der Gelehrtenwelt kennt die in ihrer Art einzig dastehende üidliotbögus anoionns litui-Zigus cks 8on ^Its886 gestellten Druckes, der seinerzeit nur an Freunde des Besitzers und einige öffentliche Bibliotheken verschenkt worden war, werden samt dem 1884 erschiene,len Supplement um 48 ^ (Haupt, 1905), 77 A (L. Roseuthal, 1888), 90 (Hiersemann, 1907), 60 Frcs. (Cornuau, 1908) ausgcboten. Nicht ohne Spannung wurde nun dem Erscheinen eines neuen Kataloges dieser Bibliothek entgegengesehen, als in einem kleinen Kreise der Gelehrtenwelt bekannt wurde, daß der durch das deutsche Anony men- und Pseudonymenlexikon sowie das Adreßbuch der Bibliotheken Österreich-Ungarns bekannte Skriptor der Wiener Universitätsbiblio thek Di: H a n n s Bohatta von S. K. H. Herzog Robert beauftragt worden war, diese Sammlung in einer den Anforderungen der Gegen wart entsprechenden Weise zu beschreiben. Eine Reihe von kleineren Monographien über diese Bibliothek**) und Spezialstudien über die in ihr besonders vertretenen Literaturge- öietc***) gaben Zeugnis von dem raschen Fortgang der Arbeit, als durch das unerwartet plötzliche Hinscheiden des Auftraggebers im November 1907 die Fertigstellung und Drucklegung des erwarteten Kataloges in Frage gestellt schien. Mit um so größerer Freude und Befriedigung wurde daher die Nachricht ausgenommen, daß die Erben, den Inten tionen des einstigen Besitzers folgend, die Vollendung dieser Arbeit ermöglichten. Die Kostbarkeit dieser eigenartigen Sammlung, die nun einen ihrem ganz außerordentlichen ideellen und materiellen Wert entsprechenden Katalog erhalten hat, wird es zureichend rechtfertigen, wenn auf ihre Geschichte und ihren Inhalt an dieser Stelle näher eingegangen wird. Die von Herzog Charles Louis von Bourbon um das Jahr 1849 aus Schloß Wisdropp in Sachsen angelegte Büchersammlung kam einige Jahre später nach Paris und wurde 1870 nach Nizza gebracht. Nach dem Tode des Begründers im Jahre 1883 zerfiel seine große Büchersammlung durch Erbteilung; lediglich der liturgische Teil blieb im großen ganzen beisammen, er ging in den Besitz des Herzogs Robert von Parma über und kam im Jahre 1889 in das Schloß Schwarzau am Steinfeld. Der Enkel des Begründers beschränkte sich nun nicht nur darauf, die über lieferten Bücherschätze mit peinlichster Sorgfalt instand zu halten, sondern war auch eifrig bestrebt, die Sammlung durch weitere Erwer bungen zu vervollständigen. Zu den früher besonders gesammelten lüvreg ci'bsureg kam nun eine umfangreiche Reihe von Wiegendrucken der Missale, Breviere und anderer liturgischer Bücher. Herzog Robert, der mit großer Sachkenntnis sich persönlich der Auswahl der zu erwer benden Stücke widmete, brachte die Sammlung fast auf den doppelten Umfang der ererbten Kollektion, was in Anbetracht der Seltenheit dieser Drucke als eine nicht zu unterschätzende Leistung zu betrachten ist. Als feinsinniger Bücherkenner widmete er sich der Beschreibung und Ver zeichnung der erworbenen Schätze, die er, wie aus den vorhandenen Aufzeichnungen zu ersehen ist, eifrig verglich und studierte. Die äußere Form der Bücher zu verändern vermied er nach Tunlichkeit, so daß bei der Mehrzahl von ihnen ihr origineller Einband gewahrt geblieben ist; aber auch sonst wurde in ihnen kein Lx libris, keine Notiz verdeckt oder 8°. (VI. 558 8.) — Supplement: ebd. 1884 8° (Vli^ 42 8..^2 VII.)! **) Mittlgn. d. öst. Ver. f. Bibliothwes. VII. 1903. S. 13—15. — Der Katalog d. liturg. Biblioth. d. Herz. v. Parma in Schwarzau. Wien 1903. 8°. (14S.). ***) Versuch e. Bibliographie d. livreg ck'dsurss. Wien 1907. 8«. (48 S). Neue Ausgabe: Wien 1909. 8°. (VIII, 77 S.) — Vgl. Börsenblatt 1909, Nr. 301. entfernt; lediglich beschädigte Exemplare wurden ausgebessert und um gebunden; diese erhielten aber dann ebenso prachtvolle wie kostbare Ein bände aus den Werkstätten hervorragender Buchbinder von Paris. ^ Diese ausgezeichnete Sammlung, die das Ergebnis der Lebensarbeit zweier hervorragender Bücherkenner und Bibliophilen darstellt, ist jedoch nicht nur äußerlich prunkvoll und kostbar; ungleich höher noch ist der innere Wert dieser einzigartigen Sammlung anzusetzen. Wenn man ihren Wert als Sammlung von Seltenheiten dadurch zu bestimmen sucht, daß man sie mit den reichen Beständen der Literatur ähnlichen Inhaltes im British Museum vergleicht, so zeigt es sich, daß unter 91 von Ales verzeichneten Brevieren das British Museum nur 21 besitzt, 28 dagegen nicht besitzt, 42 nur in anderen Ausgaben. Unter 84 Horae sind im British Museum 22 vorhanden, 24 gar nicht, 38 nur in anderen Aus gaben. Von 99 Missalen finden sich 37 auch in London vor, 12 dagegen sind dort gar nicht, 50 nur in anderen Ausgaben zu finden. Ein ähnliches Verhältnis stellt sich auch bei den übrigen Werken heraus; von den 33 Werken des Katalog-Supplementes sind nur 10 im British Museum Cata- logue verzeichnet, 10 fehlen ganz, bei 13 die in Schwarzau vorhandenen Ausgaben. Durch^die intensive Sammeltätigkeit des Herzogs Robert seit dem Jahre 1878 haben sich diese Zahlen noch mehr zugunsten der liturgischen Bibliothek verschoben; eine nicht geringe Zahl der hier vor findlichen Bücher sind als Unika zu bezeichnen, von einer nicht minder großen Zahl sind nur wenige vereinzelte Exemplare in anderen Biblio theken vorhanden. ^.^Der ganz außerordentliche materielle Wert der Sammlung erscheint charakterisiert durch die Auktionspreise, die für andere Exemplare der hier vereinigten Bücher erzielt wurden und von Bohatta bei den einzelnen Drucken vermerkt werden. Rechtfertigt schon allein der hohe Wert dieser Bibliothek die Ver öffentlichung eines gedruckten Kataloges, so beweist die Notwendigkeit eines solchen die Tatsache, daß eine Bibliographie der liturgischen Werke nur und ausschließlich auf Grundlage solcher umfangreichen Spezial sammlunge<geschaffen werden kann. Und diesem Bedürfnisse entspricht der vorliegende Katalog, dessen eingehende Beschreibung nicht unwill kommen erscheinen wird, da er nicht im Buchhandel erschienen ist, son dern nur in 200 Exemplaren vervielfältigt wurde, von denen eine kleine Anzahl an die großen öffentlichen Bibliotheken Europas und Amerikas als Geschenk der Erben nach weiland des Herzogs Robert von Parma gelangt ist. , Von dem auf zwei Bände berechneten Katalog enthält der erste zunächst die allgemeinen Werke, dann die liturgischen Bücher für die Diözesen von Agde bis Rom (Missale). Der zweite, im Druck befindliche Band wird die übrigen Diözesen und die für die Orden bestimmten Werke sowie einige Jndices und Übersichtstafeln enthalten. Weist schon beim ersten Blick der Druck und das Papier (Bütten) des mächtigen Quartbandes auf eine dem Werte der zu beschreibenden Sammlung entsprechende äußere Ausstattung des Katalogs hin, so ist seine innere Bearbeitung dem fürstlichen Gewände entsprechend und als das vorbildliche Muster eines OataloAus rkU8onn6 zu bezeichnen. Da sich, wie schon oben hervorgehoben wurde, zahlreiche Unica und den Bibliographen bisher unbekannte Werke in dieser Bibliothek vor finden, ist es vor allem willkommen zu heißen, daß der Verfasser das Hauptgewicht auf eine möglichst genaue und ausführliche Beschreibung gelegt hat. Nach der genauen Wiedergabe der Anfänge der Texte, denen Bohatta auch die drei kirchlichen Hauptfeste beifügte, und des Schlusses wird eine sorgfältige Charakteristik der betreffenden Ausgabe im allge meinen, dann eine solche des vorliegenden Exemplares gegeben. Besou ders wertvoll ist die Angabe der einschlägigen Literatur bei den einzelnen Drucken, die nicht nur als Quellen für diejenigen in Betracht kommen, die sich mit der einschlägigen Fachliteratur erst bekannt machen wollen, sondern auch demjenigen willkommen sind, der sich über den einen oder- anderen Druck eingehender unterrichten und weiterforschen will. Nicht minder wertvoll, speziell für die Leser des Börsenblatts interessant ist die Nachweisung der antiquarischen und Auktionspreise bei jedem ein- heit der Bücher geboten. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis, das dem Kataloge vorangeht, zeugt schon äußerlich von der Gründlichkeit, mit der Bohatta die einschlägige Fachliteratur für seine Literaturnach weise herangezogen hat; die bei den einzelnen Titeln verzeichneten Monographien über jeden einzelnen Druck zeigen die Berücksichtigung noch weiterer Literatur. Bei dem reichen Vorräte an Wiegendrucken Börsenblatt für ben Deutschen BuchKanöel. 77 Iabraanq 456