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7824 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 147, 27. Juni 1912. Geisteslebens gegen die nordwestdeutsche Sprachgrenze. In Schweden hat man das Deutsche an Stelle des Französischen als Pflichtlehrgegenstand in den höheren Schulen eingeführt. In den Vereinigten Staaten macht der Zusammenschluß des Deutsch tums in dem großen deutschamerikanischen Nationalbund weitere Fortschritte. Der Einfluß der deutschen Literatur und der deutschen Wissenschaft auf die amerikanischen Universitäten und höheren Lehr anstalten wird immer größer. Man wird sich aber darüber klar werden müssen, daß damit auch die innere Annäherung des Deutsch tums an das Anglo-Amerikanertum gefördert wird, zumal der Zustrom deutschen Blutes fast völlig versiegt und andererseits slawische, romanische und orientalische Einwanderung die ger manischen Elemente enger zusammenführt In Kanada macht die Ansiedlung deutscher Elemente gute Fortschritte. Die Zahl deutscher Schulen, Kirchgemeinden und Zeitungen im kanadischen Westen ist im ständigen Wachsen. In Südamerika, besonders in Argentinien, bieten sich dem Deutschtum noch weite Arbeits- selber. In den südbrasilianischen Siedlungsgebieten hat zwar der deutsche Zuzug nachgelassen, trotzdem zeigen die dortigen deutschen Siedelungen, z. B. die Kolonie Neuwürttemberg, gerade in der letzten Zeit einen erfreulichen Aufschwung. Für die Levante wird besonders die Bedeutung der deutschen Schulen hervorgehoben, ebenso ist trotz der Wirren das deutsche Schulwesen in China in aufsteigender Entwicklung. In Britisch- Südafrika haben die unabhängigen deutschen Schulen noch immer schwer zu kämpfen. Bei dem Deutschtum in Australien, wo es vielleicht am meisten der Gefahr einer schnellen Anglisierung aus gesetzt ist, haben sich doch auch erfreuliche Beweise treuen Fest haltens an deutscher Sprache und Sitte feststellen lassen. Künstlerbund - «»sstellung znm Kasseler Jubiläum. — Der Deutsche Künstlerbund hat beschlossen, aus Anlaß der Hundert jahrfeier der Stadt Kassel dort im kommenden Jahre im Orangerie schloß eine allgemeine deutsche Kunstausstellung zu veranstalten. Die Stadtverordneten haben für diesen Zweck bereits eine Summe von 10 000 bewilligt, die preußische Regierung und der Bezirks verband die gleichen Summen zur Verfügung gestellt. Alldeutscher BerbandStag. — Die diesjährige Tagung des Alldeutschen Verbandes findet in den Tagen vom 6. bis 9. Sep tember in Erfurt statt. Vorträge sind u. a. übernommen vom Reichstagsabgeordneten v. Liebert über die Mischehen in den deutschen Kolonien und vom Landtagsabgeordneten vr. Perko über die Bedeutung des Deutschtums in Böhmen für das Deutsch tum in Mitteleuropa. Personalnachrichten. Alma Tadema — In Wiesbaden, wo er Heilung suchte, ist der englische Maler Sir Lawrence Alma Tadema im Alter von 76 Jahren gestorben. Er war im Jahre 1836 zu Dronrijp in Niederländisch.Friesland geboren, widmete sich seit 1852, nach kurzem Aufenthalt in Amsterdam und im Haag, der Malerei auf der Antwerpener Akademie. Er begann seine selbständige Tätigkeit 1861 mit einem historischen Genrebild »Die Erziehung der Söhne Klothildens«, und der Erfolg, der diesem Werke zuteil wurde, veranlaßte ihn später noch häufig, Motive aus der fränkischen Geschichtezu wählen. Seine umfassende Kenntnis der archäologischen Details bildete einen Hauptvorzug seiner Genrebilder aus dem ägyp tischen, griechischen und römischen Altertum. 1870 übersiedelte er von Brüssel, wo er bis dahin gewohnt hatte, nach London und ließ sich daselbst naturalisieren. Von jetzt ab malte er fast aus- schließlich Bilder aus dem römischen Altertum. Er ist geradezu der Verherrliche! des alten Rom geworden und hat sich mit seinen glatten, eleganten Bildern aus dieser Zeit, Schöpfungen von hoher formaler Schönheit und raffinierten Posen, geradezu Weltruhm er- worben. Wer kennt sie nicht aus unzähligen farbigen Re- Produktionen: die weißen Sklavinnen am Rande des mar mornen Brunnenbeckens, die Gladiatorenspiele, den Einzug des Imperators, den lorbeergeschmückten ausgestreckten Dichter, dem schöne Mädchen ergriffen lauschen, die badenden Prin zessinnen, die lange Reihe der tanzenden, spielenden, blumen- pflückenden, träumenden Frauengestalten in weißen Gewändern, diese mit bewundernswerter Noblesse auf blanken Marmor, auf bunte Teppiche gesetzten Gestalten! Tadema hat mit Dar stellungen solcher Art Jahrzehnte lang großen Erfolg gehabt. Die Zeit schritt aber über ihn hinweg. Man besann sich darauf, daß die archäologische Treue, die formale Schönheit, die gewählte Pose allein noch nicht Kunst sind, und begann sich von dem Maler abzuwenden, der feine Lieblingsthemen immer wieder variierte und dabei sogar das Format, das des schmalen antiken Frieses, beibehielt. Tadema genoß auch großen Ruhm als Por trätist und Aquarellmaler. 1899 wurde er zum Baronet erhoben. Die Gattin des Verstorbenen, Laura, und seine Tochter Anna sind gleichfalls Malerinnen; seine zweite Tochter, Laurence, ist als Schriftstellerin tätig. Sprechsaal. Inventur! Dieses Wort ruft belanntlich bei vielen der Herren Kollegen, namentlich denen vom Sortiment, ein gelindes Gruseln hervor. Ist auch nicht zu leugnen, daß die Lager-Inventur eine zeit- raubende und mühselige ist, so kommt man doch nicht an ihr vorbei, will man eine genaue Ausstellung seines Geschäftsver mögens haben, denn ohne Inventur — kein Vermögens- und kein Gewinn-Nachweisl Und doch läßt sich die Lager-Inventur schneller erledigen, als bisher, wenn die Herren Sortimenter mit ihren alten Gewohn heiten der »Büch er-Auszeichn ung« brechen wollten. Ein jeder Verleger kann bei Erhalt der Remittenden die Er fahrung machen, daß die Exemplare durchgängig nur in der Weise ausgezeichnet sind wie z. B.: 3— / 2«/Xl. kl. Damit weiß wohl der Sortimenter <und dessen Angestellte) den Ladenpreis und das Bezugsdatum des Buches, nicht aber, »wie« es von seiten des Verlegers geliefert wurde. Hier schlage ich folgende Reform vor. Man zeichne die Bücher außer den vorstehenden Zahlen mit dem weiteren Kennzeichen aus: für Kommifsionssendungen — X für Fest- bzw. Barbezug -- k bzw. b und füge diesen in entsprechendem Absatz den Rabatt, ebenfalls in Buchstaben ausgedrückt, bei z. B.: mit 2KN — a „ 30sx - b „ - ° »SA -- ck „ «OL -- o 4S« - t „ s'ox — 8 ufw. Ein solches Buch würde dann fo ausfehern b^/gs/xi. II. °der 3 — ^z/xi. II. "der 3 — / zs/Xi. n, und hieße mit anderen Worten: im ersten Falle: bar mit 40A, im zweiten: in Kommission mit 25A und im letzten Faller fest mit 30A. (Eine Zwischen stufe, z. B. 28^, würde dann mit dem vorhergehenden Rabatt satz -s- Aufzahl bezeichnet, also »'.) Mit der empfohlenen Reform sind zwei Vorteile für den Sortimenter verbunden. Er weiß z. B. bei der Remission sofort, ob er Kommissionsware (bez. Disponenden) oder Fest bezogenes vor sich hat, und braucht deshalb nicht jedes Werk mit der Verlegerfaktur zu vergleichen, bei der Inventur jedoch hat er den ähnlichen Vorteil, indem das Kommissionsgut auf der Aufstellung sofort gesondert geführt wird, während das feste Lager (und die Ladenhüter) durch ihre Auszeichnung kenntlich gemacht ist. (Hiermit komme ich unmittelbar zur »Lagerbewertung«, doch würde dies zu weit führen und den Rahmen dieses Vor schlags überschreiten.) Natürlich kann die von mir angeregte Neuerung beliebig, nach persönlichen Ansichten, geändert werden; mir galt es nur hierzu den Anlaß zu geben. Vielleicht äußert sich hierüber noch einer der Herren Kollegen. Leipzig. Hermann Schmidt, Buchhändler und Bücher-Revisor.