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147, 27. Juni 1912. Nichtamtlicher Lei!. Börsenblatt k. d Dtschn. Buchhandel. 7823 Es ist nämlich unter den Buchkünstlern nicht ein Ein zelner oder schon nicht mehr ein Einzelner, von dem diese Rückentwicklung betrieben wird. Als der Verein deutscher Buchgewerbekünstler seine erste Ausstellung eröffnete, wurde den Besuchern ein Katalog in die Hand gedrückt, dessen Titel nach demselben Prinzip gebaut war, und der doch in einem gewissen Sinne programmatisch genommen werden wollte. Kein Wunder, wenn damals ein Fachblatt der Buchdrucker, die ob ihrer langsamen Anpassungsfähigkeit an derlei letzte Strömungen oft genug angegriffen waren, nicht ohne Behagen dieses Dokument unter die Lupe nahm, um den unerbittlichen Kritikern von damals ins Stammbuch zu schreiben: »Was gestern von den Buchkünstlern als Evangelium verkündigt wurde: Einheitlichkeit der Schrift in geschlossener Gruppie rung, wird heute als monoton, als überwundene Pedanterie bezeichnet. Daß gerade ein Katalog einer Ausstellung von neuer deutscher Buchkunst eine solche Entgleisung des guten Ge schmackes in der Schriftbehandlung zeigt, macht die Sache nicht besser. Oder kommt darin die Reaktion gegenüber dem Blocksatz, der auch künstlerischen Ursprungs ist, zum Ausdruck?« Daß ein solches Prinzip des geschmacklichen Niederganges sich lawinenartig verbreitet, wird niemand wundernehmen. Außer den kleinen, mageren und marklosen Buchstaben, den maßlos spationierten Zeilen und Wörtern, den flauen Satz bildern, findet man an den Titelblättern von Tag zu Tag mehr alle die Untugenden geübt, die von den Kunstgewerbe theoretikern vor zehn und fünfzehn Jahren als Verfalls erscheinungen festgestellt, und, wie es eine Weile den Anschein hatte — ausgerottet worden sind. Die Verwendung verschiedener Schriftarten auf einer Seite habe ich schon ge nannt. Reliefschristen, Buchstaben, die durch einen Schatten kegel als Plastische Gebilde vorgestellt werden, erscheinen auch schon wieder. Endlich fehlen — trotz des vielen Geredes von der »ornamentalen Schrift« — auch die Buchstaben nicht, die aus einzelnen Strichen, aus Pünktchen, Blattguirlanden und wer weiß was zusammengestrichelt sind. Und das alles jedesmal unter der Flagge eines Künstler namens, das alles meist in den Werken der Verleger, die zu den Führenden mit Recht gezählt werden! Muthestus hat auf der vorjährigen Werkbundtagung diese Leute, die Ähnliches auch in der Architektur und der Raumkunst versuchen, -Spaßmacher, und -Varietskünstler- genannt. Und ist es etwas anderes als ein Varietsspeklakel, wenn man sieht, wie das Handwerk sich, langsam zwar, doch stetig zu modernen Qualitätsleistungen durchzuringen bestrebt ist, während gleichzeitig die Künstler, die es erst auf diese Wege gebracht haben, mit Sturmesschritten der alten Stil- losigkeit entgegendrängen? Paul Westheim. Kleine Mitteilungen. Geheimer Warenhandel. — Wie die Handelskammer zu Mannheim gegen die Schädigung des Handels durch Nichtgewerbe treibende vorgegangen ist <Bbl. ISI2, Nr. 87), io hat auch der Verband der Rabattsparvereine Deutschlands jetzt an die gesetzgebenden Körperschaften des Reichs eine umfangreiche Eingabe gerichtet gegen den aus dem Gebiete der Warenvermitt lung seit Jahren zunehmenden sogenannten heimlichen Waren handel. Er wird betrieben von öffentlichen Beamten sowohl als auch VON Angestellten und Arbeitern der Privatbetriebe. Unter Bezeichnung einer großen Anzahl von Beispielen aus dem Reiche fordert die Eingabe eine Änderung der Reichsgewerbsordnung, wonach künftig jede Art der Warenvermittlung anmeldepflichtig sein soll. Insbesondere sollen auch alle den legitimen Handel betreffenden Bestimmungen aus die heimliche Warenvermittlung ausgedehnt werden. Biicherdievstahl. — Aus einer Leipziger graphischen Kunstanstalt wurde am 19. Juni ein altes Buch sin Lederpappe), etwa 4x18 em groß, gestohlen. Es stammt aus der Sammlung jLanna-Prag und ist mit 12 Silhouetten aus dem Goethekreis, die zum Teil von Goethe selbst angesertigt sind, geschmückt. Elf Silhouetten sind eingehestet, während eine lose in dem Buche lag. Der Wert des Buches beziffert sich aus 2080 Es wird von der Ariminal-Abteilung des Leipziger Polizeiamts um sofortige Mitteilung zu Kr. V. L I 2523 gebeten, falls über das Buch irgend etwas bekannt werden sollte. Lagerciber>»fS«euossenschaft. — Der Ausschuß des Deutschen Handelstages hat in seiner letzten Sitzung den Antrag, daß für den Kleinhandel einschließlich der Großbetriebe im Kleinhandel eine besondere Berussgenossenschast er richtet werde, abgelehnt. (Vgl. hierzu Bbl. 1SI2, Nr. SS, 58 u. 59). Die Mehrheit für die Ablehnung war aber eine so geringe, daß man, und zwar in diesem Falle mit sehr überwiegender Mehrheit, beschloß, die Frage zur nochmaligen eingehenden Be ratung der nächsten Vollversammlung des Deutschen Handelstages zu unterbreiten. Besuchszissern der deutschen Universitäten im Sc,»mer ke me st er 1»12. - Ort: Studentinnen: Ar^nne! Berlin: 12 508 7483 797 4303 Bonn: 4704 4143 283 278 Breslau: 30L2 2548 142 322 Erlangen: 1245 1190 23 32 Freiburg: 3413 3115 186 112 Gießen: 1605 1325 26 155 Güttingen, 2821 2490 222 99 Greifswald: 1500 1319 81 100 Halle: 3016 2810 69 136 Heidelberg: 2814 2393 231 190 Jena: 2068 1864 79 116 Kiel, 2375 2255 59 61 Königsberg: 1713 1515 93 105 Leipzig: 5826 4126 112 887 Marburg: 2347 2175 127 45 München: 7668 6614 241 713 Münster: 2252 1992 157 103 Rostock: 1067 969 6 92 Straßburg: 2173 2036 38 99 Tübingen: 2202 2008 40 164 Würzburg: 1612 1432 15 65 Das Deutschtum im Auslande — Über die Lage des Deutschtums im Auslande gibt der Jahresbericht sür 1911 des Vereins sür das Deutschtum im Auslande einen lesenswerten Überblick. Es ergibt sich aus ihm im ganzen die ersreuliche Tat- sache, daß die Zeiten, in denen das Deutschtum nur den Kulturdünger sür andere Nationen abgab, heute in der i Hauptsache vorüber sind, wenn es auch natürlich nicht an Verlusten und Bedrängnissen fehlt und die rege Unterstützung der Deutschen in der Heimat, die der Verein für das Deutschtum im Auslande anregt, vermittelt und lenkt, notwendig ist, um Sinkendes zu stützen und neue ver- heißungsvolle Anfänge zu entwickeln. Am ausführlichsten spricht sich der Bericht über Österreich und seine Kronländer aus. Für Rußland verweist er aus die deutschfeindlichen Bestrebungen, die den deutschen Ansiedlern in Russich- Polen und Wolhynien den Landkaus verbieten wollen. Im südrussischen Deutschtum zeigt sich das Gefühl der Zusammen gehörigkeit kräftig in dem Aufkommen einer gut deutschen Presse. Das Deutschtum in den Ostseeprovinzen zeigt sich einig und energisch in dem Schutze seiner nationalen Kultur. In der Schweiz mehren sich langsam die Zeichen wachsenden Verständnisses für die Verpflichtungen gegenüber der Mutter, spräche und dem eigenen Volkstum. In den Berggemeinden des Berner Jura sind zahlreiche kleine deutsche Schule» von der Verwelschung bedroht. In Belgien hatten die Deutsch- Belgier in dem Kampf um die Anerkennung des Hochdeutschen als gleichberechtigte Landessprache neben dem Französischen und Vlämischen beachtenswerte Erfolge. Auch die vlämische Bewegung macht gute Fortschritte. Das alles bedeutet eine Abwehr des Vordringens sranzösischer Sprache und welschen 1020»