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148, 28. Juni 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 6563 Verschiedenheiten zwischen Auftraggeber und Künstler waren der. Grund, weshalb der Genelli-Saal unvollendet blieb, während die Ausschmückung des Koch zugemiesenen Raums deshalb unterblieb, weil der in Rom lebende Künstler wegen hohen Alters und der damaligen Beschwerlichkeit der Reise nur die Entwürfe liefern und die Ausführung seiner Landschaften auf die Wand einem andern überlasten wollte. Da also von den drei im Erdgeschoß liegenden Sälen, -die im Grunde die erste Absicht bei dem Bau plan waren-, in dem äußerlich wohl imposanten Bau nur der Preller-Saal vollendet wurde, so trat als Folge eine Verärgerung des Besitzers ein, und bereits im Herbst 1837, am 21. September, teilte er Preller brieflich mit: -Mein Haus ist nun wirklich ver kauft. In der ersten Hälfte des Oktober verlasse ich cs.- Zwar beabsichtigte der neue Besitzer, der Kaufmann und Stadtrat Paul Leplay, die von Härtel geplante künstlerische Ausschmückung des Gebäudes zu vollenden; leider aber kamen auch seine Absichten nicht zur Verwirklichung. Von der weitern Geschichte des Hauses sei hier noch an der Hand von Julius Vogels Werk »Das Römische Haus- (Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf L Härtel, 1903) folgendes ein gefügt : »Im Jahre 1848 ging das Römische Haus, nachdem der Kaufkontrakt schon im Oktober 1846 vollzogen worden war, in den Besitz des Buchhändlers Julius Alexander Baumgärtner über, der seit dem Jahr 1825 Besitzer der bekannten Baum- gärtnerschen Buchhandlung war, aber schon im Jahre 1855 ver starb. Nach seinem Tode erbte die Besitzung seine Witwe, Frau Bertha Baumgärtner geborene Lehmann, die im Jahre 1860 den spätern Domherrn Or. Georg Friederici heiratete. Mit diesem begann eine neue Ära für die innere Ausschmückung, die von dem taktvollen Grundsatz, das Gegebene wesentlich in seinem Zustand zu erhalten, geleitet wurde. Der Saal neben dem Genelli-Saale, der einst für die Kochschen Landschaften bestimmt gewesen war, hatte, vermutlich schon durch Baumgärtner, da durch eine Veränderung erfahren, daß er durch eine eingezogene Wand in zwei Zimmer zerlegt wurde, eine Maßnahme, die sich, ebenso wie das Einziehen eines Zwischenstocks in den an den Schmalseiten des Hauses liegenden Räumen, die den Besuchern nicht zugänglich waren, aus häuslichen Gründen als notwendig erwiesen hatte. Krankte doch, wie wir gesehen haben, das Ge bäude in seiner ursprünglichen Anlage daran, daß im Hinblick auf die bürgerlichen Verhältnisse, denen es zu entsprechen hatte, zu viel Gewicht auf Prunk- und Repräsentationsräume, zu wenig auf die Bedürfniste des häuslichen Lebens gelegt worden war. Die an den Genelli-Saal anstoßende Hälfte des Koch-Saales, der nunmehr nur noch durch ein Fenster seine Beleuchtung erhielt, ließ vr. Friederici durch den Architektur- und Landschafts maler Johann Andreas Herrenburg (geboren 1824 in Berlin), der auf großen Reisen den Süden und den Orient, Afrika, ja beinahe alle Länder Europas studiert und im Auftrag des Königs Otto von Griechenland zur Aufsuchung antiker Bau denkmäler den Peloponnes bereist hatte und später (1855) nach Dresden überstedelte, mit sieben Architekturlandschaften aus dem klassischen Süden und aus Ägypten schmücken. Diese Land schaftsbilder stellen dar: die Akropolis von Athen, den Tempel der Isis auf Philä, das Theater von Taormina, das Forum romanum, den Tempel der Vesta in Rom, Tivoli, von der Neptuns-Grotte aus gesehen, und den Posilipp bei Neapel. Sie sind sämtlich auf Leinwand gemalt, lassen sich also von der Wand entfernen. Die Wände über diesen Landschaften schmückt ein Abguß des Modells von dem über zehn Meter langen Bacchuszug von Ernst Julius Hähnel, der einst an der West front des abgebrannten Dresdner Hoftheaters angebracht war. Von sonstigen Räumen des Erdgeschosses erhielt das an den Preller-Saal anstoßende, nach der Straße zu gelegene Billard zimmer eine schwere geschnitzte Holzdecke, in deren Gewölbe vier halbkreisförmige Bilder mit Putten von Lorenz Clasen in Leipzig eingesetzt wurden, außerdem einen reichgegltederten Holz- lambris; in dem Vestibül wurden über den drei Türen drei Reliefs angebracht: über der mittleren -Hebe mit dem Adler des Jupiter- von August Sommer in Rom, über den beiden an der Seite zwei Szenen aus der altrömischen Geschichte von Martin Otto.» — Weiter haben dann noch das geräumige Treppenhaus und der z Uber dem Genelli-Saal gelegene Ballsaal künstlerische Ausschmückung erfahren. Im Treppenhaus- veranschaulichte Hermann Wislicenus die beiden bekannten Erzählungen, wie Brutus seine beiden Söhne wegen Ungehorsams zum Tode verurteilt, und jene bekannte Episode aus dem Leben der beiden Gracchen, deren Mutter Sempronia, als einst eine mit ihrem Schmucke prunkende Römerin ihre Kleinodien zu sehen begehrte, ihre beiden Knaben als das Edelste, was sie besaß, vorstellte. Im Ballsaal malte Julius Naue eine Kopie vom Aschenbrödel-Zyklus Moritz von Schwinds. Wer, wie der Referent, Gelegenheit hatte, die Jnnenräume des Römischen Hauses zu sehen, wird (wie viele andre, die im Früh jahr 1903, als der Besitzer das Haus bereits verlosten hatte, eine Besichtigung der Räume Vornahmen) zu der Überzeugung gelangt sein, daß allein der Prellersche Odysseezyklus einer dauernden Er haltung wert war, und kaum einer, der damals diese Räume durch schritt, wird sie ohne schwere Enttäuschung verlosten haben, vollends wer sich vergegenwärtigte, mit welcher Begeisterung einst die ersten Teilnehmer den ganzen Plan ausgenommen hatten. Dies mag vielleicht pietätlos klingen; aber eine ehrliche Beurteilung läßt beim besten Willen kein andres Gutachten zu. Diese Er wägungen sind aller Wahrscheinlichkeit nach wohl auch der Grund gewesen, weshalb der Rat der Stadt Leipzig davon Abstand nahm, das zweifellos gut gemeinte, seinerzeit an ihn gerichtete Gesuch einer Anzahl Leipziger Kunstfreunde wegen Erhaltung des Gebäudes zu erfüllen. So mußte denn das Haus fallen. Mit dem hierauf folgenden Anerbieten des Verlagsbuchhänd lers Domherrn vr. Alphons Baumgärtner, der die Prellerschen Gemälde dem Staat als Geschenk überwies, und dessen Annahme durch König Georg, der auch bereits Befehl gegeben hatte, einen geeigneten Ort zur Unterbringung der Bilder in Dresden vorzu schlagen, trat die Angelegenheit in eine neue, für Leipzig keines wegs erfreuliche Phase. Jedoch gelang es den im Dezember 1904 dem Minister von Metzsch gegenüber geäußerten Vorstellungen einer Abordnung des Leipziger VerkehrsoereinS, das Vorrecht Leipzigs insoweit geltend zu machen, als die Angelegenheit dem König nochmals zur Entschließung unterbreitet werden sollte, sobald ein zur Aufnahme der Gemälde geeigneter Raum in einem der Leipziger staatlichen Gebäude bezeichnet werden könnte. Fördernd hierfür war auch das Gutachten Sachverständiger, daß den Gemälden durch den Eisenbahntransport Gefahr drohe. Die Herren Geheimer Kirchenrat v. Rietschel, der damalige Rektor der Universität, und Professor vr. Studniczka haben dann die weitern, von Erfolg gekrönten Schritte in dieser Angelegenheit unter nommen. Während all dieser Verhandlungen waren die Gemälde von der kundigen Hand des Dresdner Professors Carlo Donadini, der bei seinem schwierigen Unternehmen von seinem Sohn bestens unterstützt worden ist, nebst einem Teil der Wandfläche, auf der sie aufgetragen sind, entfernt und, in starke Holzrahmen ein gespannt, so lange in einem Raum des Leipziger Kunstgewerbe museums aufbewahrt worden, bis sie vor einiger Zeit in die Universitätsbibliothek gebracht wurden, um nun für alle Zeiten im Wandelgang des Treppenhauses einen Platz zu finden, wie er würdiger und schöner nicht gedacht werden kann. Erst hier — will mir scheinen — haben diese herrlichen Schöpfungen, mit ihrem großen monumentalen und heroischen Charakter, umrahmt von den klassischen Architekturformen des den Leipzigern un vergeßlichen Arwed Roßbach, eine ihrem geistigen Inhalt völlig entsprechende Umgebung gefunden, und eindringlicher denn je sprechen sie hier in ihren schlichten lapidaren Zügen zu uns und schildern die Fahrten und Heimkehr des Odysseus in den Motiven: Abzug aus der Höhle des Polyphem, Odysseus, von der Jagd heimkehrend, Odysseus empfängt das Moly, Odysseus und Kalypso, Odysseus und Nausikaa, Odysseus' Ankunft auf Jthaka, Odysseus bei Eumaios. Nicht bloß die Raum-, auch die Ltchtverhältniste tragen in ihren Stimmungsmomenten mit dazu bei, den Eindruck der von Ewigkeitswerten erfüllten Werke wesentlich zu erhöhen. Und darum dürfen sich alle Freunde der Kunst freuen über den Entwicklungsgang der Geschichte dieser Bilder. Ernst Kiesling. Bidliothekar'Bersautmlung. — Die diesjährige Versamm lung Deutscher Bibliothekare hat am 23. und 24. Mai in Bam berg stattgesunden. Sie war von 66 Teilnehmern besucht. Eine 856*